Tatort-Kolumne:Nur die Currywurst fehlt

Tatort - Tanzmariechen

Weiter entfernt vom Bumm-Bumm-Tatort des NDR könnte die Kölner Clownsnasenermittlung kaum sein. Hier zu sehen: Klaus J. Behrendt als Max Ballauf, Dietmar Bär als Freddy Schenk und Milena Dreissig als Martina Pösel

(Foto: dpa)

Til Schweiger hat kürzlich mal wieder über seine "Tatort"-Kollegen gestänkert. In der aktuellen Episode aus Köln wird er fast alle seine Vorurteile bestätigt finden.

Von Katharina Riehl

In dieser Woche hat Til Schweiger, der größte Tatort -Kommissar aller Zeiten, mal wieder seine Sicht auf Deutschlands erfolgreichste Krimireihe zum Besten gegeben. Anlass dafür war ein Bericht des Hamburger Rechnungshofes, der die hohen Kosten der NDR-Episoden kritisierte, in denen Schweiger als Nick Tschiller mit schwerem Gerät gegen das ganz große Verbrechen zu Felde zieht. Schweiger, der schon einmal bei Facebook erklärt hatte, was von bestimmten Tatort-Kollegen zu halten sei ("zwei moppelige Kommissare, die 'ne Currywurst verspeisen"), sagte der an seinen Einlassungen immer interessierten Bild: "Jetzt weiß man vielleicht als Prüfer nicht, dass ein Action-Film viel teurer ist als ein Film, wo zwei Kommissare im Büro sitzen und darüber reden, wer der Täter sein könnte."

Erstaunlich viel wird im Büro herumgestanden

Man muss jedenfalls an Til Schweiger denken beim Besichtigen der aktuellen Tatort-Episode "Tanzmariechen" (Buch, mal wieder: Jürgen Werner; Regie: Thomas Jauch), die der Narrensaison entsprechend in Köln angesiedelt ist. Freddy Schenk und Max Ballauf ermitteln im Fall einer erschlagenen Tanzlehrerin, die ganze Geschichte spielt in einem Karnevalsverein, es geht um übermäßigen Ehrgeiz von Büttenrednern und Gardisten und den Konflikt zwischen Tradition und Modernisierung. Und: Erstaunlich viel wird in einem Büro herumgestanden und darüber gesprochen, wer wohl der Täter sein könnte. Weiter entfernt vom Bumm-Bumm-Tatort des NDR könnte die Kölner Clownsnasenermittlung kaum sein.

Auch der Tatort kennt dieses Dilemma, die Frage, wie viel Neues man versuchen und wie viel Gewohntes man erhalten muss. Es gibt keine Szene in dieser schon wirklich sehr konventionellen Episode, die den Zuschauer nicht mit dem Gefühl zurückließe, sie schon mindestens 369-mal genau so gesehen zu haben. Schenk und Ballauf ermitteln in einer Familie, die um ihre Teenie-Tochter trauert - die Mutter drapiert das Kleid des toten Mädchens auf seinem Bett; der Vater schreit Menschen an, die er für schuldig hält. In der Tanztruppe bekriegen sich die jungen Frauen, der Vereinspräsident (Herbert Knaup) hat eine Affäre und jemand hat Fotos davon gemacht.

Til Schweiger wird alle seine Vorurteile bestätigt finden. Currywurst allerdings essen die Kommissare keine einzige.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: