"Tatort" aus Köln:Wenn es doch nur um "Bausünden" gehen würde

Tatort: Bausünden; Tatort WDR Köln Ballauf Schenk

Drei Männer suchen eine Frau. Aber nicht miteinander. Das kann gar nicht gutgehen.

(Foto: WDR/Martin Valentin Menke)

Der Kölner "Tatort" greift ein spannendes Thema auf - die Fifa-Baustellen in Katar. Leider nimmt der Plot eine andere Wendung.

Von Carolin Gasteiger

Die Erkenntnis:

Von den "Bausünden" aus dem Titel handelt der Kölner Tatort nur im übertragenen Sinn. Leider. Hätten die ausbeuterischen Tätigkeiten eines deutschen Architekturbüros in Katar doch einiges an brisantem Stoff hergegeben. Aber die korrupten Methoden des Firmenchefs und vor allem die sexuellen Vorlieben einer Mitarbeiterin scheinen als Krimiplot dann doch attraktiver gewesen zu sein. Mehr Sünden als Bau also. Ein Fall aus der Kategorie "Wenn der Tatort groß in ein Thema einsteigt und es dann runterköcheln lässt". Enttäuschend ist das.

Darum geht's:

Eine blonde Frau mit Lederhalsband bricht nach wildem Sex in der Dusche zusammen, im Abfluss mischt sich Blut mit Wasser. Ein Männerbein steigt über die Frau hinweg. Cut. Auf dem Asphalt vor einem Mietshaus wird die Hotelangestellte Marion Faust tot aufgefunden. Offenbar ist sie vom Balkon gestoßen worden. Parallel zu diesem möglichen Mordfall sucht Bauleiter Lars Baumann seine Frau Susanne. Beide arbeiten für die Architekturfirma Könecke, die zur Fußball-WM 2020 Bauprojekte in Katar realisiert. Baumann soll eigentlich vor Ort die Baustelle beaufsichtigen. Aber er macht sich Sorgen und will die Erklärung seines Vorgesetzten, seine Frau habe Urlaub eingereicht und liege irgendwo am Strand, nicht glauben. Ebenso wenig will Baumann aber mit den Kommissaren Ballauf und Schenk kooperieren. Und startet seine ganz eigene Vermisstensuche.

Bezeichnender Dialog:

Peter Walterscheid, Geschäftspartner von Könecke & Partner, will aus seinem Büro in den Tod springen. Kommissar Schenk kommt dazu - und hört eine ziemlich persönliche Beichte über Walterscheids Verhältnis zur verschwundenen Susanne Baumann.

Walterscheid: Sie hat mir den Verstand geraubt. War ihr verfallen.

Schenk: Was bedeutet das?

Walterscheid: Der Sex mit ihr. Es gab keine Grenzen.

Flop:

Man sollte nicht bei jedem Thema gleich die "Me Too"-Karte ziehen. Aber vor der aktuellen Debatte ist der Tatort-Plot schon ziemlich problematisch. Alle, und das sind in "Bausünden" vorwiegend Männer, tun so, als hätte Susanne Baumann in der Firma nichts anderes geleistet als mit Geschäftskunden zu schlafen. Sie ist das Betthäschen, die Kollegen sorgen dafür, daraus Profit zu schlagen. Auch die Rollenverteilung - drei weibliche Figuren , davon eine Doppelrolle, gegen sieben männliche, Kommissare inklusive - wirkt nicht gerade gleichberechtigt.

Und dann diese behäbigen Kommissare. Mal verläuft ein Verhör sehr stockend ("Schon mal gesehen?" "Warum?"), dann spaziert der verdächtige Chef des Architekturbüros ungeniert an den Kommissaren vorbei. Viel zu oft schauen Max Ballauf und Freddy Schenk in diesem Tatort verdutzt und mit großen Augen durch die Gegend ob all der Ermittlungspannen und überraschenden Wendungen. Die beiden wirken langsam und überfordert. Ihre Bräsigkeit gipfelt darin, dass Lars Baumann auf dem Weg ins Präsidium aus dem fahrenden Auto springt und entkommt. Ballauf tut nichts anderes, als dem Flüchtigen ein beherztes "Fuuuuck!" hinterherzurufen.

Top:

In der ersten Szene die verschwundene Susanne Baumann zu zeigen, dann aber den Tod einer ganz anderen Frau zu verhandeln. Das ist ein billiger, aber effektiver Trick: Man bleibt bis zum Ende dran.

Bester Auftritt:

Hanno Koffler verkörpert als unberechenbarer Lars Baumann einen zutiefst gebrochenen Mann, der in Afghanistan im Einsatz war. Vor zehn Jahren bereits spielte Koffler in dem Spielfilm "Nacht vor Augen" einen Heimkehrer mit posttraumatischem Belastungssyndrom. Und auch in "Auslandseinsatz" (2012) mimt er einen Soldaten. In "Bausünden" hält er den Kopf meist gesenkt und bewegt die Augen nervös hin und her. Als Zuschauer rechnet man stets mit den schlimmsten Ausrastern. Aber leider - und das liegt wiederum am faden Drehbuch und nicht an Koffler - bleiben die aus.

Schlusspointe:

Susanne Baumann lebt und planscht entspannt im Swimmingpool ihres Chefs. Man hatte es ja geahnt, dass die Vermisste entgegen aller Vermutungen nicht tot ist. Aber diese Aufklärung ist dann schon ziemlich platt. Zumal Jana Pallaske, die bis zum Schluss eigentlich als Lars Baumanns Schwägerin auftritt, auf einmal auch Susanne Baumann spielt. Und dazu eine dämlich blonde Perücke trägt. Sinn dieser Doppelrolle? Unklar. Aus den Gefühlen für ihren Ehemann macht die Totgeglaubte schließlich keinen Hehl: "Hättest du nicht einfach bei deinen Kameltreibern bleiben können?"

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