"Tatort" aus Bremen:Qual der Wale

Tatort - Wer Wind erntet, sät Sturm; Tatort Bremen Wer Wind erntet, sät Sturm

Hauptkommissar Stedefreund (Oliver Mommsen) fährt mit dem Betreiber eines Windparks auf die Nordsee.

(Foto: Radio Bremen)

In Bremen heißt es: Profiteure gegen Umweltschützer, Schweinswalfreunde gegen Kapitalistenschweine. Doch wer ist hier gut? Und wer böse?

Von Holger Gertz

Dieser Tatort aus Bremen nimmt die Offshore-Windräder schön in den Blick, man sieht sie aus der Ferne, aus der Nähe, sie tauchen aus dem Nebel auf. Die Rotorblätter durchschneiden die Luft, aber es ist eine trügerische Anmut, denn sie killen auch Vögel. Wenn die Stängel der Windräder in den Meeresboden gerammt werden, entsteht ein Höllenlärm, der geeignet ist, Schweinswale taub zu machen.

Profiteure gegen Umweltschützer, Schweinswalfreunde gegen Kapitalistenschweine. Eine klassische Konstellation, die aber auch seltener gestellte Fragen zulässt: Warum sind Umweltschützer eigentlich gegen Windräder?

Ein Aktivist ist tot, einer verschwunden. Nach der Familiengeschichte vom letzten Mal widmen sich die Bremer in "Wer Wind erntet, sät Sturm" einem politischen Stoff: Chance und Verhängnis der neuen Energie. Stammregisseur Florian Baxmeyer hat einige aufregende Folgen gemacht, am Drehbuch haben diesmal drei Mann gearbeitet: Wilfried Huismann, Dirk Morgenstern und Boris Dennulat.

Die Umweltschützer sorgen sich um die Umwelt, der Geschäftsmann sorgt sich um die Bilanz seiner Firma und um die Umwelt, die Chefin einer Naturschutzorganisation steht irgendwie dazwischen, und der Hedgefonds-Manager sorgt sich nur um seinen Profit. Den Erzählern dieser Geschichte geht es darum, in der Schwebe zu lassen, wer der Gute ist und wer der Böse: bemerkenswert genug, weil im Tatort oft die banale Lösung gesucht wird.

Die Doppelbödigkeit des Personals wirkt aber manchmal albern. Einerseits rinnt dem heuschreckenartig gebauten Hedgefonds-Mann der Zynismus zu den Hemdsärmeln raus, und er trägt ein offenbar diabolisch gemeintes schmales Lächeln. Andererseits skypt er - als Hinweis darauf, dass im Inneren noch der erbärmlichsten Kotztüte ein Herz leise wummert - gelegentlich mit seiner Großmutter. "Wollt dir nur sagen: Du bist die tollste Oma, die es gibt."

In jedem Naturfreund steckt ein Germanist

Bei der Charakterisierung der Umweltschützer sollte der fließende Übergang zwischen dem Kampf für das Gute und dem Abkippen in haltlos-böse Raserei angedeutet werden, aber es wirkt unfreiwillig komisch, wie die dauerzornigen Aktivisten ihre Warnungen grammatikalisch perfekt in die Landschaft rammen. "Es wird die Zeit kommen, da unsere Nachkommen sich wundern werden, dass wir so offenbare Dinge nicht gewusst haben." "Warum sich für den Reichtum der Natur einsetzen, wenn das den Reichtum einiger weniger schmälert."

Ein unsentimentales, sperriges, bisweilen aber auch verworrenes Stück. Als Beifang die Erkenntnis: In jedem Naturfreund steckt ein Germanist.

ARD, Sonntag 20.15 Uhr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: