Summer of Girls bei Arte:Wo bleibt der Punk?

Im Zentrum von "Summer of Girls" sollten erfolgreiche Frauen der Musikgeschichte stehen. Aber die Auswahl ist zweifelhaft - und eine entscheidende Ära taucht erst gar nicht auf. Da kann auch Moderatoren-Neuling Judith Holofernes nichts mehr retten.

René Martens

"Für uns war es fast schon ein politisches Statement, mit möglichst vielen Männern zu schlafen", sagt Jenny Fabian in Adrian Stangls Dokumentation Groupies - Backstage zu den Stars. Ein Film, der zeigen will, dass jene Frauen, die in den 60er Jahren Rockmusiker becircten, "die sexuelle Revolution mit eingeläutet haben". So formuliert es jedenfalls Christoph Hauser, der Arte-Programmchef.

Girls, Girls, Girls: Arte startet ´Summer of..."

"Wir sind Helden"-Frontfrau Judith Holofernes führt bei Arte durch den Themenschwerpunkt "Summer of Girls".

(Foto: dpa)

Groupies ist Teil des zehnwöchigen Schwerpunkts "Summer of Girls", den Judith Holofernes moderiert, die Sängerin der Band Wir sind Helden. Es ist bereits das fünfte pophistorische Sonderprogramm des deutsch-französischen Senders. Stand bisher stets ein Jahrzehnt im Fokus ("Summer of the 60s", "Summer of the 80s"), zollt man nun jenen "Frauen Tribut, die im Lauf der letzten 50 Jahre Musikgeschichte geschrieben haben" (Hauser). Jeweils dienstags laufen Themenabende mit Dokumentationen und Konzertmitschnitten, zudem zeigt Arte von 18. Juli an Porträts von zehn "Queens of Pop", die die Zuschauer ausgewählt haben.

Zur Einführung läuft die Dokumentation Girls, Girls, Girls: Wie Frauenbands die Musikszene eroberten. Leider erschließt sich das Konzept der Autorinnen Nicola Graef und Susanne Brand kaum. Sie beginnen mit der wegweisenden Motown-Gruppe The Supremes, fixieren sich dann aber auf Bands wie No Angels und Atomic Kitten, die erfolgreich waren, aber musikalisch irrelevant. Oft erwähnen die Filmemacherinnen mit kritischem Unterton, dass bei diesen Gruppen Männer die Fäden gezogen hätten. Erst in der Gegenwart entdecken sie von Männern unabhängige Musikerinnen.

Die hätten die Autorinnen aber auch in früheren Epochen finden können. Ihr gravierendstes Versäumnis: Punk und Post-Punk bleiben außen vor - und damit jene für die Geschichte der weiblichen Popmusik (und nicht nur die) entscheidenden Umbruchjahre zwischen 1976 und 1981. Bandnamen wie The Slits oder The Raincoats stehen für eine bis dato nicht gekannte Selbstverwirklichung von Musikerinnen. Auch die vom Punk beeinflusste Riot-Grrrl-Bewegung der 90er Jahre kommt nicht vor.

Dass man für eine 52-minütige Dokumentation eine rigorose Themenauswahl treffen muss und nur schlaglichtartig erzählen kann, versteht sich. Aber Auslassungen können auch verfälschend sein. Somit wirkt der gesamte Schwerpunkt unausgegoren.

Summer of Girls, von 5. Juli an bei Arte.

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