"Stromberg - Der Film" im Kino:Ein Ekel wie du und ich

Kinostarts - 'Stromberg - Der Film'

Bjarne Mädel (l.) und Christoph Maria Herbst in "Stromberg - Der Film".

(Foto: dpa)

Fernseh-Großmaul "Stromberg" wird zum Kino-Helden. Warum er so beliebt ist, dass die Fans eine Million Euro für die Filmproduktion aufbrachten? Weil der Schöpfer der Figur ein geniales Rezept und mit Christoph Maria Herbst eine geniale Zutat hat.

Von Hans Hoff

Ralf Husmann ist nicht lustig. Kein bisschen. Er hasst Clowns, sagen jene, die ihn gut kennen. Wenn man Ralf Husmann begegnet, wirkt er auf den ersten Blick so nüchtern und unauffällig wie einer, der im Büro allenfalls den Laufburschen geben darf und immer auf den Deckel kriegt. Dabei ist dieser 49-Jährige einer, der die Stimmung im deutschen Büro-Alltag nicht unwesentlich mitbestimmt. Was in Verwaltungswüsten zwischen Kopierer und Teeküche getuschelt wird, um die Stimmung aufzuhellen, stammt nicht selten aus Husmanns Feder.

Ralf Husmann ist der Schöpfer von "Stromberg". Er hat das bekannteste deutsche Fernseh-Ekel nach Alfred "Ein Herz und eine Seele" Tetzlaff erfunden und ihm jene Sprüche ins Drehbuch geschrieben, die seit nunmehr zehn Jahren millionenfach nachgeplappert werden, die als Weisheiten an vergilbten Pinnwänden oder über der Kaffeemaschine vor sich hin bleichen. "Büro ist eben nicht wie Religion. Wo du erst tot sein musst, damit du weißt, ob's den Chef überhaupt gibt", lautet einer der Sprüche, die aus den fünf Staffeln der Fernsehserie stammen. Und es gibt Nachschub, denn am 20. Februar kommt "Stromberg - Der Film" in die Kinos.

Das Publikum muss nur wollen

Husmann ist also, wenn man so will, der Vater von Abteilungsleiter Bernd Stromberg, jenem sich ständig überschätzenden Großprotz, der immer wieder an der auf Haushöhe aufgeblasenen Größe seiner Ankündigungen scheitert, aber bislang noch aus jeder Niederlage gestärkt hervorging. Lauscht man Husmanns Worten genau, kann man heraushören, dass er noch viel mit seinem Sprössling vorhat. Das Publikum muss nur wollen. In Masse, was bedeutet, dass mindestens eine Million Zuschauer in die Kinos strömen müssen, damit vor allem jene ihr Geld zurückerhalten, die per Crowdfunding einen wesentlichen Teil zu den Produktionskosten beigetragen haben.

Drei Monate hatte die Firma Brainpool, wo Husmann als stellvertretender Geschäftsführer wirkt, veranschlagt, um bei den Fans der ProSieben-Serie eine Million Euro für die Filmproduktion einzusammeln. Drei Monate schienen realistisch zu sein, und die Pessimisten um Husmann rechneten mit maximal 100 000 Euro. In einem Vierteljahr. Es dauerte eine Woche, da war die Million zusammen. Zur Verblüffung von Husmann. "Da war mir klar, es gibt dieses Interesse."

Die vielen Investoren besiegelten damit aber auch Strombergs Abschied aus seinem angestammten Biotop. Dass das Büro bei der fiktiven Capitol-Versicherung am Ende nicht mehr existieren wird, darf man verraten, ohne dem Film die Spannung zu nehmen. Dass Stromberg am Schluss in der SPD-Zentrale Frank-Walter Steinmeier die Hand schüttelt, ist auch schon durch die Schlagzeilen gegangen. Danach fährt der vorher mal wieder tief Gefallene in einem Aufzug hoch - hoch in die Politik, und natürlich ist er auch dort um einen Spruch nicht verlegen.

"Wenn das ein Erfolg werden sollte, ist die Arena, in die wir ihn geschubst haben, eine sehr dankbare", sagt Husmann. Er bedient sich einer umstrittenen Personalie, um die Zukunft seiner Figur zu sichern: "Wenn Pofalla zur Bahn geht, ist doch Platz, um Stromberg dahin zu setzen."

Alter Hase im Geschäft mit dem Lustigen

Dass der Stromberg-Darsteller Christoph Maria Herbst in einem Interview verkündet hat, nach dem Film sei aber endgültig Schluss mit dieser durch ihre Tragik erst lustigen Figur, stört Husmann nicht. "Das sagt er seit der ersten Staffel", merkt er trocken an und verweist darauf, dass er seinen Star bislang noch immer zum Weitermachen überreden konnte.

Die Sicherheit braucht er, denn Herbst und Stromberg sind als Marke quasi eins. Schließlich war es Herbst, der Husmanns Figur vor zehn Jahren die entscheidende Kontur gab. Diesen Klobrillenbart, diese Halbglatze und diesen hektischen Blick, der ständige Bedrohung signalisiert, das hat Herbst kreiert. "Christoph hat einige Vorbilder aus seiner Bankkarriere eingebracht", erzählt Husmann. "Er konnte da so eine Armseligkeit reinbringen, um den Stromberg nicht als reines Arschloch dastehen zu lassen."

Eine neue Bühne für den Bürohorror

Als alter Hase im Geschäft mit dem Lustigen wusste Ralf Husmann von Anfang an, wie es laufen sollte. Schließlich hatte er reichlich Erfahrung gesammelt als Autor für eigene Bühnenprogramme, für Harald Schmidt und Anke Engelke. Als bei Engelke die Comedyserie "Anke" floppte, blieb aus dem von Husmann verfassten Drehbuch ein ziemlich cholerischer Redaktionschef über. Den wollte Husmann als Figur gerne weiterentwickeln, aber niemand kaufte ihm das Konzept ab. Erst als die britische Serie "The Office" zeigte, wie man Fiktion und Dokumentation zur lustigen Pseudorealität vereint und damit dem alltäglichen Bürohorror eine neue Bühne gibt, war der Weg frei. Kurzerhand bediente sich Husmann beim englischen Vorbild, überführte aber das, was er gesehen hatte, in eine urdeutsche Verwaltungswelt.

Das funktionierte vor allem deshalb, weil sich 2004 eine Nische auftat. "Wir sind in die Lücke gestoßen, die Harald Schmidt damals hinterlassen hatte", sagt Husmann. Als "Stromberg" startete, weilte Schmidt noch in seiner Kreativpause, und so konnte diese Mischung aus Schulhofgags und Feuilleton-Stoff Raum greifen.

Rhythmisch erste Sahne

Fragt man bei Husmanns Mitarbeitern nach dessen Eigenschaften, bekommt man sehr viel Positives zu hören. So lobt der "Stromberg"-Regisseur Arne Feldhusen Husmanns Gelassenheit. "Man hat bei ihm nie das Gefühl, dass ihn etwas frühzeitig ins Grab bringen könnte", sagt er, und Bjarne Mädel, der bei "Stromberg" den unterschätzten Bürotrottel Ernie spielt, ist begeistert von der Art, wie Husmann Sätze baut. "Das ist rhythmisch erste Sahne", sagt Mädel und berichtet, dass im Drehbuch die Sätze schon genau so stehen, wie man sie authentisch spricht. Da können dann in einem kurzen Satz auch schon mal zwei "Aber" stehen. "Das macht Spaß zu entdecken, das macht Spaß zu lernen und zu spielen", sagt Mädel.

Konfrontiert man Ralf Husmann damit, gibt der sich bescheiden. "Manchmal ist es richtig, falsche Sätze zu bauen, weil Menschen eben so reden", sagt Husmann, er hat genügend Gegenbeispiele parat: "Ich zucke zusammen, wenn in einer ZDF-Serie jemand sagt: Da ging ich gestern in die Stadt." Husmann legt Wert darauf, dass das, was er aufschreibt, einer Sprachmelodie folgt. "Man kann meine Sätze ganz gut aufsagen." Letztlich sei er nicht viel mehr als ein sehr geschickter Tagedieb. Er beutet Mitmenschen aus, notfalls lauscht er auch mal heimlich.

Als Ralf Husmann am Drehbuch für den "Stromberg"-Film schrieb, der ja in großen Teil von einer Art Betriebsausflug handelt, wohnte er in einem fast leeren Hotel auf Mallorca. Vorsaison. Nach ein paar Tagen der Ruhe rauschte eine Bürobesatzung zu einem Fortbildungsseminar herein, und Husmann musste nur die Ohren spitzen. "Das ist toll, wenn man das von der Terrasse aus mitkriegt", schwärmt er. Weil die Realität für einen wie ihn eben einfach nur danach schreit, dargestellt zu werden. Oder, um es mit Husmanns Worten zu sagen: "Eigentlich ist es immer genau so, wie man sich das vorstellt. Nur schlimmer."

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