Es gilt unter Journalisten als unfein, einander am Zeug zu flicken und Kollegen zu schelten. Irrtümer anderer Schreiber werden nicht kommentiert, schließlich unterlaufen jedem mal welche. Noch weniger gern berichten Medien über die Fehler im eigenen Haus. Womit sich auch das Schweigen erklärt, das sich in der Brandenburger Medienlandschaft breit macht.
Ein Gutachten kursiert da in Lokalredaktionen, das interessant ist, aber über das kaum einer schreibt. Es geht um die Frage, wie die Brandenburger Zeitungen sich nach der Wende erneuert haben - und wo politisch belastete Journalisten den Zeitenwechsel ausgesessen haben. Diese Frage wird gestellt, 21 Jahre nach der Wende, weil die politische Klasse in Brandenburg es versäumt hat, einen Elitenwechsel einzuleiten. Man guckte weg, als politisch Belastete 1990 in den Landtag zogen, in Gerichte, Polizeiwachen - und Redaktionen.
"Personell gab es weder in den ehemaligen SED-Bezirkszeitungen noch bei der früheren Blockparteipresse einen wirklichen Elitenaustausch", schreibt Ariane Mohl, selbst Journalistin, die jetzt für die FDP in Potsdam arbeitet. Mohl hat für die Enquete-Kommission des Landtags ein Gutachten erstellt, das den märkischen Blättern ein eher unschönes Zeugnis ausstellt.
Schon beim Verkauf der SED-Bezirkszeitungen durch die Treuhand interessierte es Westverlage wenig, dass DDR-Journalisten einen klaren politischen Auftrag hatten - und jede Menge Stasi in ihren Reihen. Bei der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ), die an die FAZ-Verlagsgruppe ging, wurde 1991 der CDU-Mann Peter Mugay Chefredakteur, der munter SED-Opfer diffamierte, bevor er - nach langem Leugnen - einräumen musste, dass er den Bürgerrechtler Konrad Weiß bespitzelt hatte. Zwei Sportjournalisten der MAZ wurden erst 2008 als IM geoutet, von einem Journalisten. Die Frage, warum der frühere Herausgeber Alexander Gauland nicht selbst für Aufklärung sorgte, will er bis heute nicht beantworten, schreibt die Gutachterin.
Märkische Oderzeitung (MOZ) und Lausitzer Rundschau dagegen setzten Forscher an die Stasi-Akten. Einige Redakteure flogen raus. "Das große Ganze aber", so der ehemalige MOZ-Herausgeber Claus Detjen, "blieb trotz aller Bemühungen weiter im Dunkeln." Bei den Potsdamer Neuesten Nachrichten, die zu Holtzbrinck gehören, arbeitet bis heute ein Korrespondent, der auf der Stasi-Hochschule war. Er hat das nie vertuscht, deshalb soll er bleiben, sagt sein Chef. "Der Kollege hat unser vollstes Vertrauen.