Serien:Das sind die besten Serien des Jahres

Weihnachten ist Serien-Nachhol-Zeit. Für diese Auswahl lohnt es sich, auf "Der kleine Lord" zu verzichten.

Von SZ-Autoren

1 / 8

Hindafing (BR)

Hindafing

Quelle: Günther Reisp/Neue Super

Bitte nicht gleich "Breaking Bad" rufen. Und auch nicht "Fargo". Das ist beides im Maßstab noch zu groß. "Hindafing" kann diesen Vergleichen aus vielen Gründen nicht standhalten, dafür fehlt es in Deutschland immer noch an Geld und an Drehzeit (also auch wieder an Geld). Die Serie von Boris Kunz kann aus den Koordinaten "Crystal Meth" und "Provinz" (Grund für die Vergleiche) aber etwas sehr eigenes, sehr Großartiges machen: Alfons Zischl (Maximilian Brückner) ist Bürgermeister des titelgebenden Ortes und er leidet - neben krachendem Stümpertum, privat wie professionell - sehr heftig an der Piefigkeit der bayerischen Provinz. Zischl will nach Berlin. Oder wenigstens Brüssel. Und weil er dafür auf bauernschlaue Art zu blöd ist, flüchtet er sich in steten Betrug und eine recht ambitionierte Drogensucht. Dazu gibt es alles, was eine gute Serie sonst gerade braucht: Liebe, Sex, Inzucht, Mord, religiösen Eifer, Vaterkomplexe, Flüchtlinge und ein Einkaufszentrum. Und weil es ja nichts Internationaleres gibt als die Provinz, funktioniert das unbedingt auch im Norden Deutschlands. In Österreich eh. Da kommt es, eine gewisse Nähe zu "Braunschlag" ist nicht zu leugnen, schließlich her.

Jakob Biazza

2 / 8

The Crown, 2. Staffel (Netflix)

Netflix-Serie ´The Crown"

Quelle: dpa

Keine andere historische Serie schafft es so feinfühlig, private Familien- und öffentliche Weltgeschichte miteinander zu verweben wie "The Crown" - und die aktuelle zweite Staffel übertrifft die erste darin nochmal um mehrere Schleppen-Längen. Sie erzählt, was in Großbritannien und im Leben seiner Royals von Mitte der Fünfziger bis Mitte der Sechzigerjahre passiert, von der Suezkrise bis zum Profumo-Skandal. In einer Szene schließt Prinz Philip seiner Frau, der Königin von England, noch zärtlich den letzten offenen Haken an ihrem Ballkleid, dann öffnet sich die Flügeltür zum Saal, in dem die versammelten Botschafter warten. Und als Elizabeth hört, dass Jackie Kennedy nach einem Staatsbesuch im Palast über sie gelästert hat, spornt sie die Missachtung der glamourösen First Lady zu einem gewagten politischen Manöver in Afrika an. Peter Morgans teure, üppige, perfekt geschriebene Meisterwerk-Serie zeigt die britische Königsfamilie als echte Menschen, die aber zusätzlich zu allem, was das Menschsein an Schwierigkeiten so mit sich bringt (untreue Gatten, sterbende Eltern, empfindliche Kinder), auch noch die Reaktionen der Weltöffentlichkeit auf ihr Tun und Lassen mitbedenken müssen. "The Crown" ist eine Drehbuch-Serie, eine Ausstattungsserie, aber auch unbedingt eine wunderbare Schauspieler-Serie: Matt Smith und Claire Foy spielen das Ehepaar Windsor so unfassbar genau und subtil, dass es ein königliches Fest ist, ihnen dabei zuzusehen.

Kathleen Hildebrand

3 / 8

Das Verschwinden (ARD)

Das Verschwinden (AT)

Quelle: Filmfest München 2017

Was für eine Tristesse! Alles in dem kleinen Ort an der tschechischen Grenze liegt in trübem Licht, die Einwohner misstrauen einander, jeder kämpft hier für sich allein. In diesem Setting verschwindet eines Tages die 19-jährige Janine. Und niemanden, außer ihrer Mutter Michelle Grabowski, scheint das zu interessieren. Trotz dieser Trostlosigkeit will man unbedingt wissen, wie es in der achtteiligen ARD-Miniserie weitergeht. Zum einen liegt das daran, dass Janines Verschwinden nicht aus der Sicht eines Kommissars geschildert wird, sondern aus der Perspektive derer, die dieser Verlust am meisten trifft: Janines Mutter und die Freundinnen des Mädchens. Es ist spannend, wie unterschiedlich sie mit der Situation umgehen, wie sie versuchen, sich zu stützen, aber stattdessen verletzen. "Das Leben macht oft keinen Spaß, das kannst du mir glauben", sagt Michelle zu Janines Freundin Manu. Die antwortet: "Warum wollt ihr dann, dass wir so werden wie ihr?" Zum anderen ist die Besetzung hervorragend, allen voran die zwei brillanten Frauenfiguren: Julia Jentsch lässt einen nicht los als alleinerziehende Mutter, die auf der Suche nach ihrer Tochter einen fast schon beängstigenden Ehrgeiz entwickelt. Und Johanna Ingelfinger zeigt als Manu Essmann von versöhnlich säuselnd bis aggressiv kreischend alle Facetten eines unberechenbaren Teenagers. In "Das Verschwinden" wird viel vertuscht und noch mehr gelogen. Aber all das auf so packende Art und Weise, dass Weggucken bald keine Option mehr ist.

Carolin Gasteiger

4 / 8

The Handmaid's Tale (EntertainTV)

handmaid's Tale

Quelle: 2017 Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc.

In einer unbestimmten, nahen Zukunft können die meisten Frauen keine Kinder mehr bekommen. Die wenigen, die noch fruchtbar sind, leben als fremdbestimmte Gebärmaschinen in den Haushalten der Elite, Uniform und aufwendige Beischlafzeremonien an den fruchtbaren Tagen inklusive. Frauen haben in dieser Gesellschaft kein eigenes Konto und auch sonst keine Rechte, schon gar nicht auf ihre eigenen Kinder. Was in Margaret Atwoods Romanvorlage "Der Report der Magd" aus dem Jahr 1985 noch wie eine reichlich abwegige Dystopie klang, bekam im Jahr eins nach der Amtsübernahme von Grab-them-by-the-Pussy-Trump plötzlich politischen Rückenwind - und Bruce Millers Serienfassung alle möglichen Fernsehpreise, etwa acht Emmys, unter anderem für die Hauptdarstellerin Elisabeth Moss (Mad Men). Dabei hätte die Serie Trumps Hilfe gar nicht nötig gehabt: "The Handmaid's Tale" ist spannend und bedrückend gleichermaßen, und definitiv eine der besten Serien des Jahres.

Karoline Meta Beisel

5 / 8

Stranger Things, 2. Staffel (Netflix)

Gaten Matarazzo, Finn Wolfhard, Caleb McLaughlin, Noah Schnapp, 2

Quelle: AP

Eigentlich dürfte diese Serie nicht funktionieren. Hätte nie funktionieren dürfen, nicht in der ersten Staffel, und schon gar nicht jetzt, in der zweiten. Was steckt denn wirklich drin in "Stranger Things", diesem Popkultur-Verschnitt aus Highschool-Filmen, Stephen-King-Grusel und Steven-Spielberg-Blockbustern? Eine Ansammlung von Klischees und Standardsituationen, von Zitaten und Verweisen, zusammengehalten von einer großen Portion Nostalgie. Und doch funktioniert die Geschichte von Mike, Will, Dustin, Lucas und Eleven, vier nerdigen Jungs und einem telekinetisch begabten Mädchen. Weil sie fesselt. Weil das Serienschöpfer-Brüderpaar Matt und Ross Duffer seine Charaktere ernst nimmt. Hier gibt es keine ironische Brechung, kein dekonstruktivistisches Augenzwinkern, keine Zitate der Zitate wegen. Die Duffer-Brüder erzählen eine große Geschichte, eine Geschichte über das Ende der Kindheit, über das Hinausgestoßenwerden in eine sinnlose und absurde Welt. Die Angst schwelt in den Seelen der Bewohner von Hawkins, Indiana. Und den Duffer-Brüdern gelingt, was so selten gelingt, im Kino wie in der Serie: eine Fortsetzung, die das Original noch übertrifft.

Julian Dörr

6 / 8

Big Little Lies (Sky)

Big Little Lies

Quelle: HBO

Im Februar dieses Jahres zeigte der amerikanische Kabelsender HBO die Miniserie "Big Little Lies", die nicht nur wegen ihrer Hauptdarstellerinnen Nicole Kidman und Reese Witherspoon zu einer der meistgelobten und meistausgezeichneten Produktionen der Saison wurde. "Big Little Lies" ist im Grunde eine Seifenoper, zeigt aber ziemlich überzeugend, was dieses Genre kann, wenn es mit sehr viel mehr Aufwand betrieben wird. Die in sieben Episoden erzählte Geschichte handelt von drei Müttern in Monterey, Kalifornien, einem noblen Küstenort, wo jeder Bewohner ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt. Es geht auch um Gewalt gegen Frauen und die Frage, wie viel man einer Beziehung und einer Familie zuliebe eigentlich aushalten sollte. Und spannend ist die Serie auch: Gleich zu Beginn erfährt man, dass am Ende ein Mord passieren wird - aber wer muss dran glauben? Vor wenigen Tagen kündigte der Sender an, "Big Little Lies" in einer zweiten Staffel fortzusetzen. In Deutschland hat Sky die Rechte an der Serie, kostenpflichtig lässt sie sich aber auch über Plattformen wie iTunes und Amazon abrufen.

Katharina Riehl

7 / 8

Black Mirror, 4. Staffel (Netflix)

Black Mirror

Quelle: Channel 4

Was wäre, wenn sich in naher Zukunft das Bewusstsein eines Menschen einfach kopieren und in die Cloud hochladen ließe? Oder in ein Gerät, zum Beispiel ein Spielzeug, oder sogar einen anderen Menschen? Chance oder Albtraum? Die Zukunft ist in der britischen Anthologie-Serie "Black Mirror" von Charlie Brooker immer die weitergedachte Gegenwart, in der die neuen Technologien, die uns täglich umgeben, unberechenbare Dimensionen angenommen haben: Künstliche Bienen, die sich nicht nur zum Bestäuben von Pflanzen einsetzen lassen, Likes aus sozialen Netzwerken, die wichtiger sind als Geld - oder eine ungehobelte Comicfigur, die eine atemberaubende politische Karriere hinlegt. In der neuen, vierten Staffel der Serie, die ab 29. Dezember bei Netflix zu sehen ist, geht es in vielen Episoden um künstliche Intelligenz. "Black Mirror" leuchtet aktuelle Fragen der Digitalisierung in alle Richtungen aus und denkt immer noch zwei Schritte weiter. Das ist meistens sehr klug, sehr spannend und sehr unheimlich.

Nicolas Freund

8 / 8

The Good Fight (Fox Deutschland)

Not So Grand Jury

Quelle: Patrick Harbron/CBS

Zwei Anwältinnen kämpfen für ihre Mandanten - und um ihre eigene Ehre: Diane Lockhart (Christine Baranski) und ihre gerade erst in den Beruf eingestiegene Patentochter Maia Rindell (Rose Leslie) werden nach einem Betrugsskandal um Maias Vater, Lockharts ältesten Freund, geächtet. In der kühl-kalkulierenden Welt der Chicagoer Großkanzleien finden die Leidensgenossinnen Zuflucht bei der Konkurrenz - nicht aus Empathie, sondern weil die Kollegen scharf sind auf Lockharts Adressbuch. Nach sieben Staffeln "The Good Wife" stillen die Erfinder Michelle und Robert King den Phantomschmerz der Fans mit dem Spinoff "The Good Fight", in dem geliebte Figuren sich mit neuen mischen, die schnell die vertraute Anziehungskraft entwickeln. Christine Baranski war an der Seite von Hauptdarstellerin Julianna Margulies schon der heimliche Star von "The Good Wife" und hat andere lukrative Angebote abgesagt, um wieder in Lockharts Maßanzug aus Eleganz, Härte und Leidenschaft zu schlüpfen. Dafür bin ich ihr persönlich dankbar.

David Denk

© SZ.de/khil/ghe
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: