Serdar Somuncu im Interview:"Was soll ich auf ZDF Neo? Mich mit Jan Böhmermann rumschlagen?"

Neu auf Radioeins vom rbb: 'Die Blaue Stunde' mit Serdar Somuncu

Der Kabarettist und Satiriker Serdar Somuncu hat einen neuen Podcast, "Schröder und Somuncu". Die erste Folge sorgte gleich für eine Kontroverse.

(Foto: Oliver Ziebe/rbb)

Serdar Somuncu mischt Satire und Fake News und fliegt dafür beim Sender n-TV aus dem Programm. Nun ist er zurück - und versöhnlich gestimmt.

Interview von Sebastian Fischer

SZ: Herr Somuncu, vor drei Wochen wurde Ihr n-tv-Talk So! Muncu! aus dem Programm genommen. Vom Sender hieß es, er genüge nicht den Qualitätsansprüchen. Grund waren als "Breaking News" gekennzeichnete Satire-Einspieler. Sie sagten daraufhin, sie würden keine "Kreide fressen", um weiterzumachen. Am Dienstag wurde eine weitere Folge ausgestrahlt. Haben Sie es sich anders überlegt?

Serdar Somuncu: Nein. Das ist sehr dramatisch aufgefasst worden, ich habe das gar nicht als Problem wahrgenommen. Es ist ein normaler Vorgang, dass man in einem Sender auf Befindlichkeiten stößt. Die Erklärung war plausibel: Wir haben im Gewand des Senders Nachrichten verbreitet, die missverstanden werden konnten. Ein Argument war: Wenn Leute am Flughafen auf den Bildschirmen lesen "Muslimen wird für 60 Tage der Strom abgeschaltet", dann kann n-tv als Nachrichtensender nicht mehr dafür garantieren, noch als seriös wahrgenommen zu werden. Das musste ich lernen. Das heißt aber nicht, dass ich eingeknickt bin. Ich bleibe weiter mutig. Es kann durchaus sein, dass so etwas noch mal passiert, solche Irritationen.

Klingt diplomatisch. Nach der Entscheidung haben Sie den Sender hart kritisiert.

Ich bin immer noch hart. Ich war irritiert, weil es eine Kommunikationslücke gab, die dann relativ schnell aufgeklärt wurde. Aber wenn das plausibel erklärt wird, dann ist das okay, dann kann ich das als Künstler verstehen. Und dann bin ich der Letzte, der schreit, dass ich zensiert werde.

Sie spielen auf Ihren Konflikt mit dem WDR an: Bei einer Podiumsdiskussion haben Sie genau das einer Sendermitarbeiterin vorgeworfen, die Sie daraufhin wegen Beleidigung verklagt hat.

Wenn ein Redakteur sagt: "Diesen Satz darfst du nicht sagen", dann ist das Zensur, das geht nicht. Beim WDR war es eine Masche. Dieser Fall bei n-tv ist ein super Beispiel dafür: Somuncu kann sich auch einigen.

In Ihrer jüngsten Sendung über die deutsch-türkischen Beziehungen haben Sie den CSU-Politiker Stephan Mayer gefragt, ob Sie ihn einen Nazi nennen dürfen. War Ihnen das provokant genug? Oder haben Sie sich eher zurückgehalten?

Nein, es ist ja auch der Wunsch von n-tv, mich im Programm zu haben. Sie wollen nicht, dass ich mich verstelle. Die wollen mich so haben, wie ich bin. Und ich habe nicht den Anspruch, immer übers Ziel hinauszuschießen.

Was ist denn dann Ihr Anspruch?

Die Sendung soll keinen Stammtisch-Charakter haben, aber ich will dieses Steife weghaben, das mich in Talkshows oft stört. Es ist eine Sendung, in der sich ein Politiker einem Comedian gegenübersetzt. Und der Comedian sich traut, über Dinge zu sprechen, die er vielleicht gar nicht kann. Wieso soll ich zum tausendsten Mal Anne Will gucken, wo Bosbach sitzt und Röttgen immer das gleiche sagt? Ich will ernste und lustige Momente so nah beieinander haben, dass es der Angesprochene nicht merkt und Momente entstehen, in denen die Kontrolle weg ist. Hier sagt ein CSU-Politiker wie Stephan Mayer, dass seine Partei die falsche Integrationspolitik gemacht hat - und wird es schon morgen bereuen. Ich fand übrigens toll, wie er sich geschlagen hat. Es ist ja blöd, wenn die CSU immer die Arschkarte hat.

Das hört sich trotzdem brav an, für Ihre Verhältnisse.

Das deutsche Fernsehen ist zu brav, und es ist sehr schwer, eine Nische zu finden, in der ich mich austoben kann. Das erfordert Kompromisse. Und trotzdem kann ich nicht mit der Tür ins Haus fallen. Die Kompromisse muss ich eingehen, wenn ich überhaupt was bewegen will. Es ist ja nicht das einzige, was ich habe. Auf der Bühne bin ich frei.

Noch drei Folgen So! Muncu! sind geplant. Wie geht es dann weiter?

Ich sage ganz offen und ohne Angst: Natürlich gibt es genug Sender, die sich für so ein Format interessieren. Ich habe keinen lebenslangen Vertrag mit n-tv. Ich werde nicht die nächsten zehn Jahre mit irgendeiner Quote diese Sendung machen, ich werde mich auch messen lassen. Aber das heißt nicht, dass ich dem Sender drohen will. Was soll ich auf ZDF Neo? Mich mit Jan Böhmermann rumschlagen? Meine Talkshow ist auf n-tv das exotischste Format im Sender, ich suche diese Reibung zu meinem Umfeld.

Also?

Im Sommer machen wir erst mal eine Pause. Dann kommt meine Kanzlerkandidatur. Dann werde ich Kanzler.

Sie kandidieren für die Satire-Partei "Die Partei". Martin Schulz hat längst mit dem Wahlkampf begonnen. Sind Sie nicht unruhig?

Nein, ich habe trotzdem einen Vorsprung. Ich bin da sehr gelassen.

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