Humans:Strom des Lebens

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(Foto: Vox)

Was soll das überhaupt sein, ein Mensch. Warum soll eine Maschine, die sich menschlich verhält, kein Mensch sein?

Von Benedikt Frank

Überall arbeiten Roboter. Sie fahren Autos, gehen Einkaufen, kontrollieren Fahrkarten, sammeln Müll auf, verteilen Prospekte. Nur Familie Hawkins hat noch keinen. Das ändert sich erst, als Vater Joe (Tom Goodman-Hill) während einer Dienstreise seiner Frau Laura (Katherine Parkinson) vor dem Chaos zu Hause kapituliert. Er kauft einen Androiden. Seiner ist weiblich, hübsch, mit glattem schwarzen Haar, in der Mitte symmetrisch gescheitelt. Als Joes Frau nach Hause kommt, glänzt das Haus dank des Anita getauften Roboters (Gemma Chan). Laura ist aber gar nicht begeistert von dem neuen Gerät.

In der AMC-Serie Humans prägen Roboter den Alltag der Menschen. Die Maschinen sehen fast menschlich aus, nur glatter, mit starrer, künstlicher Mimik und ohne Pickel, Falten oder Narben. Ihr Zweck ist es, den Menschen zu dienen. Doch die "Synths" nagen an deren Selbstverständnis. Sie ersetzen menschliche Arbeit. Wie Joe glaubt, zum Vorteil der Familie. Laura ist da skeptischer und fühlt ihre Zweifel bestätigt, wenn die jüngste Tochter lieber von Anita ins Bett gebracht werden will. Beim pubertierenden Sohn weckt Anita ganz andere Begehrlichkeiten, die ältere Tochter, begabt im Programmieren, rebelliert gegen die Maschinen. Lauras Vater leidet darunter, dass die Krankenkasse den ihm ans Herz gewachsenen Pflegeroboter durch einen Hausdrachen ersetzt.

Es geht aber nicht nur um das Verhältnis der Menschen zu einer Technologie, die in der Serie durch ihr menschliches Äußeres zu Science-Fiction wird, in Grundzügen aber in Sprachassistenten oder autonomen Autos schon heute angelegt ist. Auch die Idee der Androiden als seelenlose Sklaven sagt etwas über die aus, die heute noch täglich die lästigen Arbeiten erledigen müssen. Doch keine Sklaverei ohne Sklavenaufstand: Eine Gruppe von Synths, die Bewusstsein erlangt haben, zieht ohne Herren umher, immer auf der Flucht und auf Suche nach einer Stromquelle. Anita war Teil der Gruppe, bevor sie eingefangen und ihre Software neu aufgesetzt wurde.

Humans fragt danach, was das überhaupt sein soll, ein Mensch. Warum soll eine Maschine, die sich menschlich verhält, kein Mensch sein? Und der Mensch sich gleichzeitig unmenschlich verhalten dürfen? Ähnliche Fragen werden derzeit in der HBO-Serie Westworld verhandelt, nur sind dort die Androiden wenig mehr als hochgerüstete Schießbudenfiguren in einem Freizeitpark, Humans ist viel näher am Alltag. Die Serie kann auch für sich beanspruchen, die Thematik früher entdeckt zu haben: Sie ist ein Remake der schwedischen Vorlage Real Humans aus dem Jahr 2012.

Die Neuauflage bleibt etwas hinter der Vorlage zurück. Humans will die Zuschauer sofort in die Konfliktzone ziehen und lässt den Figuren keine Zeit, sympathisch und nachvollziehbar zu agieren. Das erzeugt zwar schnell eine gewisse Spannung, doch fehlt es der Serie so anfangs - verglichen mit dem Original und genau wie ihren elektronischen Protagonisten - an Herz.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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