"Schlag den Star" auf ProSieben:Simple Idee, spannendes Fernsehen - trotz Elton

Henning Baum gewinnt bei "Schlag den Star" mit Elton

Elton (l.) moderierte die "Schlag den Star"-Sendung, Henning Baum gewann sie.

(Foto: obs)

Als Ex-Gewichtheber Matthias Steiner und Schauspieler Henning Baum Bauklötze stapelten oder an Boxsäcken hingen, reifte die Erkenntnis: Die Show braucht Stefan Raab nicht mehr.

TV-Kritik von Hans Hoff

Stefan Raab ist nicht gekommen. Um 1.14 Uhr am frühen Sonntagmorgen ist die Hoffnung zerplatzt, dass Deutschlands bekanntester Showdeserteur doch noch kommen würde, um seinem ehemaligen Praktikanten Elton beim Moderieren beizustehen, um seiner früheren Erfolgsshow "Schlag den Star" zum Neustart besondere Bedeutung zu verschaffen, um der Sendung durch den ersten Auftritt nach seinem Abgang im Dezember möglicherweise zu einer fetten Schlagzeile zu verhelfen.

Um 1.14 Uhr hat sich stattdessen die Erkenntnis eingestellt, dass es einen wie Raab nicht wirklich braucht für eine spannende Show, dass seine ursprünglich aus dem Format "Schlag den Raab" entwickelte Spielidee immer noch trägt, auch wenn der Schöpfer selbst nicht länger im Rampenlicht steht.

Da stapelten weit nach Mitternacht gestandene Männer Bauklötzchen und trugen sie auf einer Schaufel von A nach B. Immer höher und höher, bis schließlich der Turm fiel und seinen aktuellen Träger zum Verlierer machte. Das wirkte höchst absurd und ist an sich das Gegenteil von all dem, wofür Unterhaltungsfernsehen ansonsten steht. Wo sonst das größtmögliche Getöse den Takt vorgibt, zählten tief in der Nacht plötzlich ein paar Klötzchen auf einer Schaufel. Simple Idee, simple Ausführung, trotzdem spannendes Fernsehen.

Steiner und Baum verfügen offenbar über Spuren des Raab-Gens

Es war ein Glücksfall für dieses Showcomeback, dass zum Start der ehemalige Gewichtheber Matthias Steiner und der Schauspieler Henning Baum die Kandidaten gaben, die in 15 Spielen um 100 000 Euro wetteiferten. Beide verfügen ganz offenbar über Spuren des Raab-Gens, das Gewinnen zur Hauptsache macht und hochgradigen Ehrgeiz in der Standardausstattung führt. Beide wollten sich beweisen, gaben alles, und beide hätten das Zeug gehabt zu gewinnen, auch wenn es lange Zeit so aussah, als sei Baum der sichere Sieger, denn Steiner verlor am Anfang fast jedes Spiel. Aber dann, als die zu gewinnenden Punktzahlen größer wurden, holte der Olympiasieger auf, so dass es zum Finalspiel plötzlich um alles ging, vor allem aber um die Frage, ob der Klötzchenturm stehen bleibt oder nicht.

Am Ende fiel er um, als Steiner ihn trug, aber da war eigentlich schon egal, wer gewinnt, denn der eindeutige Sieger bleibt das Format, das Spannung erzeugen und ständig steigern kann.

Selbst die eher schluffige Moderation eines Elton konnte der Magie der Grundidee nicht schaden. Es störte nicht weiter, dass Raabs einstiger Adlatus zwar immer "Wahnsinn" sagte, dabei aber meist so klang wie ein Buchhalter, dem gerade das Klemmbrett verrutscht ist. Allenfalls kleine Verbalhändel, die sich Elton mit Kandidat Steiner lieferte, konnten als Würze gewertet werden.

Frank Buschmann kommentierte gewohnt flapsig

Und dann gab es da noch jene zwölf Minuten, an die man sich noch lange erinnern wird. Mitten in der Show mussten nämlich die Kandidaten an Boxsäcken abhängen. Halbnackt klammerten sich Steiner und Baum am glatten Leder fest, pressten ihre muskulösen Körper an das Sportgerät, um nicht abzurutschen. Es galt, Körperspannung zu bewahren und nicht den Boden zu berühren. Schließlich war es Steiner, den die Kräfte verließen oder dem der eigene Schweiß zu glitschig wurde. "Der Poppes ist schon unterhalb des Sacks", kommentierte Frank Buschmann gewohnt flapsig das Abrutschen des 105 Kilo-Mannes, währenddessen Baum ungerührt an seinem Boxsack festhielt.

Auch bei diesem Spiel ging es weniger ums Gewinnen, vielmehr um die Absurdität der Aktion. Millionen Menschen schauten zwölf Minuten zu, wie Männer an Säcken hingen. Einfach so. Mehr passierte nicht. Die Herren hingen, und die Kamera hielt drauf. Selten hat eine Hängepartie so viel Freude bereitet.

Über weite Strecken überzeugende Wiedergeburt

Es mag die unbedingte Reduktion auf das Wesentliche sein, die "Schlag den Star" bei Auswahl der richtigen Kandidaten immer wieder zum Event werden lässt, das gerne auch mal länger als in der Fernsehzeitschrift ausgedruckt dauern darf. Eigentlich sollte die Show nämlich um kurz nach Mitternacht vom Sender gehen. "Geduld, das Publikum ist noch wach", sagte Steiner stattdessen um 0.18 Uhr, als gerade erst Spiel 13 in den letzten Zügen lag.

Knapp fünf Stunden hat "Schlag den Star" am Ende gedauert, und es war eine über weite Strecken überzeugende Wiedergeburt. Was man daraus lernen kann? Dass das Fernsehleben eines guten Formats weitergehen kann, wenn die Macher noch Spaß daran haben und Einfallsreichtum beweisen. Beides scheint der Fall zu sein. In dieser Form dürfte der Sendung noch ein langes Leben beschieden sein.

Und Stefan Raab dürfte auch seinen Spaß gehabt haben. Schließlich stand Raab TV als Produktionsfirma im Abspann. Ein bisschen war er also doch noch da, wenn auch nicht zu sehen.

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