"Schlachthof" im BR:Stehpult statt Stammtisch

Christian Springer Michael Altinger Schlachthof BR

Michael Altinger und Christian Springer geben sich im neuen "Schlachthof" modern und vor allem bissig politisch.

(Foto: BR/Martina Bogdahn)

Im neuen "Schlachthof" wollten Michael Altinger und Christian Springer politischer und aktueller werden. Das ist ihnen in der ersten Sendung auch geglückt. Dem Publikum gefällt das lockere Format - und einer ist besonders stolz.

Von Carolin Gasteiger

"Ottfried ist auch da und rettet uns, wenn was ist", hat Michael Altinger noch beim Warm-up im Münchner Wirtshaus zum Schlachthof versichert. Aber das ist dann gar nicht nötig. Denn den beiden gelingt die Premiere ihrer neuen BR-Sendung auch ohne Hilfestellung des Vorgängers. Zusammen mit Christian Springer tritt Altinger am Donnerstagabend mit Schlachthof die Nachfolge von Ottfried Fischer an. Oder wie Vince Ebert es später in der Sendung ausdrücken wird: "Zwei für einen, physikalisch ist die Gesamtmasse erhalten."

Fischer sitzt im Publikum und ist da nicht das einzige bekannte Gesicht. Auch Michaela May ist da, mit der Fischer in seinen Anfangszeiten in Irgendwie und sowieso und Zur Freiheit gespielt hat. Und Kabarett-Urgestein Fredl Fesl. Es ist eben wieder Kabarettzeit im Schlachthof und die Zuschauer sind gespannt.

Politischer und aktueller sollte es werden, hatten Altinger und Springer im Vorfeld ihrer neuen Sendung angekündigt. Und politisch steigen sie auch gleich ein, witzeln über einen scheinbar gewandelten Seehofer ("Homo-Ehe ja, aber einer muss eine Frau sein", so Springer) und die bayerische SPD, deren Wahlkampfmotto Altinger wie folgt sieht: "Jetzt lasst's uns halt auch einmal."

Aktuell, wenn auch weniger politisch sind die Gäste: Martina Schwarzmann zieht in einem "herrlich gewaltverherrlichenden Lied" über Radfahrer her, die gern nebeneinander fahrend die Straßen blockieren. Vince Ebert analysiert anlässlich des neuen Papstes mit physikalischen Formeln, dass es im Himmel heißer sein muss als in der Hölle. Und Philipp Weber echauffiert sich über den Pferdefleischskandal und darüber, was überhaupt in unserem Essen ist. Bei all den Zusatzstoffen in der Fertiglasagne wäre das Gesündeste ja das Pferdefleisch.

Das Konzept, demzufolge Kabarett-Kollegen, aber vor allem auch Nachwuchskünstler im Schlachthof eine Bühne finden, behalten Altinger und Springer bei, geben sich aber agiler als ihr Vorgänger. Ottfried Fischer stieg in Ottis Schlachthof nur selten selbst auf die Bühne. Anders Altinger und Springer. Plaudert der eine noch mit den Gästen am Stehpult, das den früheren wuchtigen Stammtisch ersetzt, springt der andere schon auf die Bühne. Oder mitten ins Publikum, wo das Duo die Zypernkrise mit einer Stammtischrunde vergleicht. Auch wenn man den plumpen Humor nicht teilt, wird klar: Dem Publikum gefällt's, es klatscht und jubelt.

Wie politisch es künftig im Schlachthof zugehen soll, beweist Springer mit seinem energischen Solopart am Ende der Livesendung. Vollmundig und ohne Rücksicht schießt der Kabarettist gegen CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. "Überflüssig wie ein Kropf" sei dieser und würde mit seinen jüngsten Äußerungen gegen Homosexuelle nur hetzen. Dabei habe er jedoch vergessen, dass Schwule auch nur Menschen seien, so Springer. Am Ende gehe es Dobrindt aber nur um die Wählerstimmen. "Aber wissen Sie was, in Bayern gibt es mehr Schwule als CSU-Mitglieder", wettert Springer gegen den CSU-Poltiker, bis sein Kopf hochrot glüht. So bissig hat man Kabarett schon lange nicht mehr erlebt.

"So, jetzt geht's mir besser." Mit diesem Satz scheint bei Springer auch die Anspannung der vergangenen 45 Minuten abzufallen. In einigen Momenten merkte man dem Moderatoren-Duo die Nervosität an, nicht erst als Martina Schwarzmann Michi Altinger am Rednerpult fragt, ob er krank sei - "weil du so schwitzst".

Am Ende der Sendung verabschieden sich Altinger und Springer nicht beim Publikum, ohne sich noch einmal den Fischer-Segen zu holen. "Wir sind zufrieden, ich hoffe, Sie auch. Otti, was sagst du?" Daumen nach oben aus dem Publikum.

Fredl Fesl habe gemeint, bei ihm sei es gemütlicher zugegangen, erzählt Fischer später. Aber: "Es hat mir sehr gut gefallen. Besonders die politischen Nummern vom Springer." Die kamen auch beim Publikum an. "Das war mein Highlight", sagt eine Zuschauerin. Und: "Es war gut, dass sie es anders machen." Wehmütig wirkt Fischer übrigens nicht, eher stolz. Und erleichtert fügt er hinzu: "Das Kabarett hat wieder eine Heimat." Ein größeres Lob kann es kaum geben.

In der BR-Mediathek können Sie die Sendung noch mal ansehen.

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