RTL: Rach als Restauranttester:Küche der Hoffnung

Christian Rach pausiert als Restauranttester und bildet stattdessen zwölf Arbeitslose aus. Ein Fall für RTL.

Stephan Seiler

Christian Rach kennt RTL gut. Für RTL spielt er, der seit 1991 einen Michelin-Stern für seine Küche im Hamburger Tafelhaus bekommt, den Restauranttester. Er weiß, wie RTL normalerweise die Menschen inszeniert, egal ob sie schon vor dem Schulabschluss das dritte Kind erwarten oder glauben, singen zu können. Vielleicht ist es Rach deshalb so wichtig, sich abzugrenzen von der grundsätzlichen Programmhaltung.

RTL: Rach als Restauranttester: v.li.: Jennifer, Can, Jasmina, Jonny, Paul, Nourddine, Angelika, Nina, Tim, Collin und Marco. (vorne Christian Rach)

v.li.: Jennifer, Can, Jasmina, Jonny, Paul, Nourddine, Angelika, Nina, Tim, Collin und Marco. (vorne Christian Rach)

(Foto: bug.bildmail)

Er steht vor der frisch gestrichenen Theke eines neuen Restaurants im Hamburger Chilehaus und rudert mit den Armen. Es riecht intensiv nach Farbe. Rach sagt: "Wir verarschen keinen, wir stellen keine Fallen auf, wir stellen niemanden bloß." In seiner neuen Sendung würde nichts inszeniert. Was er mache, sei keine Castingshow, und - Überraschung - "RTL macht trotzdem mit". Das belege, dass RTL, nachmittags mit Formaten wie Mitten im Leben, Verdachtsfälle, oder Familien im Brennpunkt auffällig, der mutigste Sender Deutschlands sei.

Christian Rach, 53, ist so etwas wie das anständige Feigenblatt der RTL-Abendunterhaltung. Während sonst die Leiden der gesellschaftlichen Unterschicht ausgeweidet werden, bleibt Christian Rach in Rach, der Restauranttester stets ein Menschenversteher. Seit vier Jahren bringt er Männer und Frauen, die in der Gastronomie ihr Geld verdienen wollen, in die Spur - beziehungsweise ihre Imbissbuden und Restaurants auf Niveau. Da fließen dann Tränen, es wird geflucht. Und doch führt Rach die bis dahin gescheiterten Wirtshausfiguren nie vor. Er ist einfühlsam, hört zu, findet eine Lösung. Für die durchschnittlich 5,84 Millionen Zuschauer gibt es selten Grund zum Fremdschämen. Das allein ist eine Leistung. Bis 2011 will Rach als Restauranttester pausieren.

Nach der Sommerpause kehrt er trotzdem auf seinen Sendeplatz am Montagabend um 21.15 Uhr zurück. Am 30. August startet Rachs Restaurantschule. In der Sendung, so etwas heißt im Produzentensprech Real-Life-Doku, eröffnet er mit zwölf Arbeitslosen ein Restaurant, es ist das Restaurant im Chilehaus, in dem er nun steht und wortreich erklärt, was das besondere am Slowman ist, so heißt das Lokal der neuen Versuchsanordnung. Es geht um die Mitarbeiter, um ihre Geschichten. Es geht im Unterhaltungsfernsehen immer um Typen und ihre Biografien, nicht nur bei RTL.

Zwei Monate lang lernte Rach die Arbeitslosen im Alter von 17 bis 44 Jahren an. Die Probanden hatten "vorher mit Kochen nix zu tun und auf dem Arbeitsmarkt keine Chance", sagt Rach. Über die Dauer von acht Folgen soll sich das ändern. Einmal sieht man, wie Rach mit den Azubis eine Kuh zum Schlachthof begleitet.

Zwölf Kandidaten mit Rindfleischcurry

Rachs Restaurantschule erinnert an die britische Show Jamies Kitchen von und vor allem mit Jamie Oliver, die seit 2002 läuft. Auch bei Rach gilt: Wer am Ende übrig bleibt, erhält eine Ausbildung im Slowman, am Freitag wird die Gaststätte geöffnet. Einer wird also gewinnen, ja, aber "es gab keine Gladiatorenkämpfe", sagt Rach.

Während er das sagt, verteilen seine zwölf Kandidaten Rindfleisch-Curry und Nudeln in Pergamentpapier. Tim, 29, aus Buxtehude ist dabei, der seine kaufmännische Ausbildung abbrach und wegen Betruges vier Jahre im Gefängnis saß. Oder Collin, 28, aus Hamburg, der laut RTL-Presseheft im Hinterzimmer eines Boxclubs wohnte, weil der Boxclub nach "der Trennung seiner Eltern und dem Rausschmiss bei seiner schwangeren Freundin zeitweise zu einer neuen Heimat wurde".

An diesem Nachmittag sind Tim, Collin und die anderen gut gelaunt. Auch Rach freut sich, weil ihm bei der Präsentation noch keiner Manipulation unterstellt hat. Die fünf Frauen und sieben Männer habe er aus Hunderten Vorschlägen ausgewählt, die er von der Arbeitsagentur erhalten habe. Nach welchen Kriterien, ist da die Frage. "Ob sie telegen sind, spielte keine Rolle", antwortet Rach. Und angeblich auch ihr Lebensweg nicht. Rach: "Es geht um die Leute, die keine Chance bekommen. Wer stellt schon jemanden ein, der im Knast geläutert wurde?"

Warum nicht die Geläuterten? Stellt er sie denn zuweilen ein in seinem eigenen Restaurant, dem Tafelhaus? Das sei eine unzulässige Frage, sagt Rach, das Tafelhaus sei ein Hightech-Unternehmen: "Da brauchen die Mitarbeiter diverse Qualifikationen". Offenbar mehr, als RTL bieten kann.

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