Reform der GEZ-Gebühren:Gebühren auch ohne Fernsehgerät?

Die GEZ könnte möglicherweise alle zur Kasse bitten. Das erklärt der Professor aus Heidelberg nun in einem relevanten Gutachten.

Claudia Tieschky

An diesem Donnerstag stellt der frühere Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof in Berlin ein Gutachten vor, dem ARD und ZDF allerhöchste Bedeutung beimessen. Um zehn Uhr wird der Jurist in der Rundfunkkommission der Länder erwartet und dort über seine Erkenntnisse sprechen, die Klarheit über die geplante Reform der GEZ-Gebühren bringen sollen. Es geht um die Frage, nach welchem Modell die Deutschen von 2013 an für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zahlen werden. Man konnte in den vergangenen Wochen auch den Eindruck haben, als ob die Akteure da nicht auf eine Fachschrift, sondern auf eine Offenbarung warteten.

GEZ, Foto: dpa

Zahlen, auch wenn man gar nicht Fernsehen guckt - dieses Modell wird nun diskutiert.

(Foto: Foto: dpa)

Wie aus Verhandlungskreisen vorab zu erfahren war, hält Kirchhof, 67, in seinem Gutachten eine Haushaltsabgabe für verfassungsrechtlich und europarechtlich möglich. Das dürfte den Impuls für die Umwandlung der GEZ-Gebühr geben. Gestützt auf Kirchhofs abgabenrechtliche Abwägungen, könnten sich die Ministerpräsidenten rasch zur Reform durchringen: Die Haushaltsabgabe hat den Charme des Neuanfangs.

Die Reform der GEZ-Gebühr hatten die Länderchefs verlangt, weil das alte Modell mit der Digitalisierung an Grenzen gestoßen ist, auch an die der Akzeptanz. Derzeit wird die Monatsgebühr von 17,98 Euro bei Besitzern von Rundfunk-Empfangsgeräten erhoben - dazu zählen seit 2006 per Gesetz auch internetfähige PCs. Auch eine Weiterentwicklung dieses alten Systems ("modifiziertes Gerätemodell") ist noch im Gespräch.

Seit Monaten wird in Kommissionen und Arbeitsgruppen errechnet, was der Systemwechsel die Anstalten und die Zuschauer kosten würde. Die Länderchefs haben verlangt, dass die TV-Gebühr durch die Reform nicht steigen soll. Politisch herrschte Entscheidungsstillstand, immer wieder wurde das Thema vertagt. Offizielle Begründung war, es müsse erst gesichert sein, ob ein Haushaltsmodell rechtlich haltbar wäre.

Hier kam Kirchhof ins Spiel.

Der Professor aus Heidelberg sollte, vereinfacht ausgedrückt, prüfen, ob man alle Bürger für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur Kasse bitten kann, selbst wenn sie im Einzelfall weder ein Fernsehgerät, noch Radio oder Internet besitzen.

Jeder Bürger zieht irgendwie den Nutzen daraus

Denn genau das bedeutet in der Konsequenz das "Rundfunkbeitragsmodell". Zahlungspflichtig wären alle Erwachsenen, erhoben würde die Gebühr aber nur einmal pro Privathaushalt - auch dann, wenn sich in der Wohnung ein beruflich genutztes Arbeitszimmer befindet, heißt es. Freunde der Variante loben vor allem, dass GEZ-Fahnder dann keinen Anlass mehr zu ihren berüchtigten Schnüffeleien hätten. Für Unternehmen soll eine in der Höhe gestaffelte "Betriebsstättenabgabe" im Gespräch sein, die sich beispielsweise nach der Mitarbeiterzahl richten könnte.

Das zentrale Problem daran ist allerdings die Begründung einer Zahlungspflicht für alle. Denn natürlich und jenseits aller ideologischen Kampflinien rund um das öffentlich-rechtliche System wäre die Haushaltsabgabe am Ende: eine Zwangsgebühr.

Die Argumentation würde wohl sinngemäß darauf hinauslaufen, dass jeder Bürger irgendwie Nutzen aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ziehe, selbst wenn er ihn gar nicht konsumiert.

Das ist angreifbar, und es wird Gegner auf den Plan rufen, die durch die Gerichtsinstanzen ziehen, wenn die Chance auf Erfolg besteht. Rechtsunsicherheit nach der Gebührenreform wäre allerdings fatal für die Sender. Die meisten Menschen würden dann mit der Zahlung vermutlich erst mal abwarten. Das risse den Anstalten kurzfristig riesige Finanzlöcher in den Haushalt. Daher geht es bei Kirchhofs Gutachten vor allem um Planungssicherheit. Ob sich seine Expertise bestätigt, wird sich letztlich erst vor den Gerichten zeigen.

Auf den Ministerpräsidenten lastet jedenfalls Zeitdruck: Bei ihrer Konferenz am 9. Juni muss ein Reform-Modell beschlossen werden, damit es rechtzeitig zur nächsten Gebührenperiode angewendet werden kann. Dann wird man auch erfahren, wie teuer die Reform wirklich wird.

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