Rechtsstreit:Rösners Sicht

Das Gladbecker Geiseldrama

Die Geiselnahme von Gladbeck: "Eine solche Verfilmung gefährdet extrem eine Resozialisierung von Hans-Jürgen Rösner", sagt dessen Anwalt Rainer Dietz über das geplante ARD-Drama.

(Foto: Hartmut Reeh/dpa)

Persönlichkeitsrechte oder Rundfunkfreiheit? Einer der beiden Geiselnehmer von Gladbeck wehrt sich vor Gericht gegen die aktuelle ARD-Verfilmung des Verbrechens aus dem Jahr 1988.

Von Viola Schenz

Die Geiselnahme von Gladbeck im August 1988 und die Berichterstattung darüber sind seit Jahren Pflichtprogramm in jedem Seminar zum Thema Medienethik. Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner überfielen eine Bank, auf der Flucht kamen zwei Geiseln und ein Polizist ums Leben - und Journalisten gaben den Tätern noch während der Entführung die Chance, ihre Sicht der Dinge der Welt live mitzuteilen.

Am Montag haben die Dreharbeiten für eine Verfilmung des Geiseldramas begonnen, die ARD plant ein zweiteiliges Dokudrama. Diesen Film versucht Rösner zu verhindern. Weil das Landgericht Aachen seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe im Juni abgelehnt hat, hat der 59-Jährige nun Beschwerde beim Oberlandesgericht Köln eingelegt. Bereits vor den Dreharbeiten hatte Rösner eine einstweilige Verfügung gegen die Produktionsfirma Ziegler Film beantragt. Diese hat laut Landgericht aber keine Erfolgsaussichten. Ziegler produziert das Drama für die ARD.

"Eine solche Verfilmung gefährdet extrem eine Resozialisierung von Hans-Jürgen Rösner", sagt dessen Anwalt Rainer Dietz auf SZ-Anfrage. "Der Film soll aus Opfersicht gedreht werden, und das hält die Erinnerungen an ein Ereignis wach, das 28 Jahre zurückliegt." Ziegler Film wird von dem Medienanwalt Christian Schertz vertreten. Dieser verweist laut Nachrichtenagentur epd darauf, dass es sich bei dem Geiseldrama um eines der spektakulärsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte handele. Die Täter seien Personen der Zeitgeschichte und müssten daher grundsätzlich eine filmische Darstellung der Tat hinnehmen. Das Landgericht Aachen folgte dieser Argumentation: Das Geschehen sei als bedeutsames zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen. Durch den Film würden Rösners Persönlichkeitsrechte berührt, doch die Rundfunkfreiheit wiege schwerer.

Die Geiselnehmer wurden 1991 zu lebenslanger Haft verurteilt, Rösner sitzt in der Justizvollzugsanstalt Aachen ein. Eine Entlassung steht laut seinem Anwalt nicht in Aussicht, doch werde eine Lockerung der Haftbedingungen kontinuierlich geprüft, etwa das Gefängnis unter Aufsicht stundenweise verlassen zu dürfen. "Das dient dem Erhalt der Lebenstüchtigkeit", erklärt Dietz. Wenn Rösner wegen eines TV-Films in der Öffentlichkeit erkannt werde, sei dies aber gefährdet.

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