Prominente im People-Magazin "Gala":Gedruckt sind sie viel glücklicher

Sylvie und Rafael van der Vaart

Rafael van der Vaart 2011 in Köln mit seiner Frau Sylvie - momentan sind die beiden mal wieder in der Gala zu sehen.

(Foto: dpa)

In der aktuellen "Gala" sind die van der Vaarts schon wieder glücklich. Ob das nun stimmt, oder nicht: Das People-Magazin ist die perfekte Beruhigungspille für alle, die der Boshaftigkeit der Welt für ein paar Augenblicke entkommen wollen. Doch der Boulevard hat sich verändert, die neuen Klatschblätter setzen auf Trash. Ob der softe Kurs da reichen wird?

Von Christian Mayer

Sylvie van der Vaart hat schon viele Partner glücklich gemacht. Den Fernsehsender RTL, der sie gerne als Moderatorin bucht, auch große Konzerne, Modefirmen und Medienhäuser, die auf die geschäftstüchtige Holländerin nur ungern verzichten, und natürlich ihren Ehemann, den Fußballspieler Rafael van der Vaart. Könnte also gut sein, dass auch die Gala voll in Vaart kommt, denn die 34-Jährige bringt auf den ersten Blick alles mit, was eine Boulevardgeschichte ausmacht: eine perfekte Hülle, einen aufreizenden Hang zum Luxus, eine überstandene Krebserkrankung und eine Heile-Welt-Beziehung, die gerade auf einen Schlag zu Ende gegangen ist. Oder doch nicht?

Zwei Wochen in Folge sind die Van der Vaarts mit ihrer Ehekrise nun auf dem Titel des Magazins. Nach dem publikumswirksamen Kladderadatsch auf der Silvesterparty, bei der die Blondine blaue Flecken davongetragen haben soll, feiert Gala nun bereits Versöhnung: "Ich bin so glücklich. Wir wollen es wieder miteinander versuchen", sagt die schöne Sylvie. Was Gala-Chef Christian Krug nicht alles weiß: Das "junge Glück", das sich die Anführungszeichen redlich verdient hat, will es noch einmal miteinander versuchen, "ohne die Dinge zu überstürzen", auch wenn der HSV-Star Rafael van der Vaart neuerdings nach nächtlichen Besuchen bei seiner Frau den Kulturbeutel wieder in seine Trennungswohnung mitschleppen muss. Es bleibt also noch einiges zu tun, für die Investigativreporter in Hamburg. Zumal die angebliche Versöhnung vom holländischen Management des Paares rasch dementiert worden ist, was wiederum ein Dementi des Dementis bei der Gala provoziert hat.

Als Gelegenheitsvoyeur muss man das alles gar nicht verstehen. Für die Gala ist das Entscheidende, ob sich die Titelgeschichte verkauft. Oder ob die Auflage des Blattes weiter sinkt. Denn genau das tut sie, seit Jahren schon: Zwar hatte die Zeitschrift im dritten Quartal 2012 noch eine stattliche Auflage von knapp 340.000 Exemplaren und behauptete im Ranking der People-Magazine Platz zwei hinter dem Marktführer Bunte (offiziell 590.000 Auflage) - ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr. Betrachtet man allerdings die harten Zahlen bei den Abos und im Einzelverkauf, dann sieht es eher düster aus für die Hamburger Hochglanzjournalisten: Gala ist 2012 auf den fünften Platz zurückgefallen, hinter Klatschblätter wie inTouch, in und Closer.

Auf Schmuddelkampagnen verzichten

Nur noch 163.000 Leser wollten das Heft abonnieren oder am Kiosk kaufen und nicht nur im Flugzeug gratis reinblättern - ohne die wachsende Zahl der Bordexemplare wäre der Schrumpfungsprozess deutlich auffälliger. Gut 40 Prozent hat die Zeitschrift in den vergangenen fünf Jahren im Einzelverkauf verloren. Die Gala steht also unter besonderer Beobachtung. Im Oktober 2012 hat Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel den alten Chef Peter Lewandowski mit warmen Worten verabschiedet und als Nachfolger ihren Vertrauten, den früheren Max-Chef Christian Krug, installiert. Er soll das Auflagenproblem in den Griff bekommen, ohne die Marke im Kampf gegen die Billigkonkurrenz zu beschädigen.

Wie es aussieht, scheint Krug, der so verständnisvolle Editorials schreibt, kein Typ für radikale Lösungen zu sein. Der softe Kurs seines Vorgängers, Prominenten ihre Würde zu lassen, auf Schmuddelkampagnen zu verzichten und auf Glaubwürdigkeit zu setzen, gilt wohl nach wie vor. Das Klatschpersonal lebt symbiotisch in einer kalkulierten Komplizenschaft; im Gegensatz zu anderen Blättern müssen Kollaborateure in der Gala keine Tiefschläge befürchten. Selbst dem Dschungelcamp treibt das Heft den Trash aus, wenn es in der aktuellen Ausgabe die Hamburger Dragqueen Olivia Jones als "Intelligenzbestie" feiert, auf die Mama stolz sein darf. Oft geht es in der Gala so sauber zu, als habe Meister Propper über die Texte und die Fotos gewischt.

Die perfekte Beruhigungspille

Lange Zeit hat die Gala in einer einträglichen Konkurrenzbeziehung zur Bunten gelebt. Die Burda-Leute kümmern sich vornehmlich um die deutsche Prominenz im Allgemeinen und um die besonderen Freundinnen der seit 1997 amtierenden Chefredakteurin Patricia Riekel im Speziellen; wenn das Blatt kurz vor Andruck allzu zu nett daherkommt, soll die Chefin schon mal in letzter Minute alles durcheinander werfen oder von ihren Leuten noch ein, zwei schmutzige Geschichten von den Rändern der Society fordern. Auch Leserinnen, die altersmäßig zwischen Vicky Leandros und Liz Mohn liegen, haben ein Grundrecht darauf, in menschliche Abgründe zu schauen, dem inneren Kinski zu begegnen.

Die Gala-Leute dagegen blicken immer gerne nach Hollywood, in den Buckingham Palace, auf das glitzernde Treiben in Monaco. Im zweiten Teil des Hefts mühen sich die Mode- und Stilredakteure damit ab, es den Anzeigenkunden und den Leserinnen irgendwie Recht zu machen. Das erfordert qualvolle Kompromisse und führt zu einer extremen Dauerlobhudelei. Nur in seltenen Fällen genehmigen sich die Kolumnisten ein wenig Ironie und Doppelbödigkeit. Geradezu zwanghaft ist die Haltung, das Leben positiv zu sehen: Selbst Trennungen sind ja immer die Chance auf ein noch schöneres Leben, Bettina Wulff darf sich schon mal darauf freuen. Man fragt sich manchmal, wo denn die überall angekündigten Exklusivgeschichten versteckt sind. Überschriften bleiben brav, die Bildsprache setzt auf Ästhetik, mit dem Effekt, dass sogar die Schauspielerin Maria Furtwängler, omnipräsente Ehefrau von Hubert Burda, beim Fotoshooting für Gala glamouröser wirkt als in der Bunten.

"Sie kreischen immer lauter"

Gala ist die perfekte Beruhigungspille, wenn man dem Irrsinn und der Boshaftigkeit der Welt für ein paar Augenblicke entkommen will. Ob das reicht, um die Leserinnen zu binden und in der Gewinnzone zu bleiben? Seit einigen Jahren erlebt der Boulevard eine radikale Beschleunigung und Banalisierung. "Die neuen Klatschblätter werden alle sehr schnell produziert, sie fahren auf Trash ab und sie sind teilweise richtig böse. Sie kreischen immer lauter", sagt ein Insider der Branche, der schon bei diversen Magazinen gearbeitet hat. "Aber vielleicht ist ja auch die Gesellschaft prolliger geworden." Einen hohen Kreischfaktor und ein geringes Schamgefühl hat das junge, derzeit sehr erfolgreiche Bauer-Blatt Closer, das der Chefredakteur Tom Junkersdorf verantwortet: Im Zweifel ist hier der Bachelor von RTL wichtiger als ein gefallener Bundespräsident, im Zweifel siegt der Spott über das Verständnis.

Gefahr droht aber auch von den Zeitungen, die sich dem politischen People-Journalismus verschrieben haben. Es ist ja ganz hübsch, ein Interview mit der neuen Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Marie-Luise Dreyer zu haben, die über ihre MS-Krankheit sprechen darf: Die Malu-Story stand halt nur schon überall. Und wenn sogar die Zeit der traumatischen Vater-Sohn-Beziehung des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel eine Doppelseite widmet, dann darf man sich schon fragen: Wer braucht noch die alten Klatschblätter?

Im Grunde ist es zwingend, dass Sylvie van der Vaart in der Gala eine so bedeutende Rolle spielt: Die Zeitschrift ist wie sie, eine glänzende Partie. Super gestylt, markenbewusst, harmoniesüchtig und in Liebesdingen wahlweise naiv oder gerissen. Es liegt alles im Auge des Betrachters.

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