"Promi-Frauentausch" bei RTL II:Silikonparade auf der Schafwiese

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"Scharf gegen Schaf": Micaela Schäfer und Schäfer Heinrich frauentauschen bei RTL II.

(Foto: obs)

Jetzt wird's unappetitlich: Zum zehnjährigen Jubiläum spendiert RTL II seinem "Frauentausch" eine Promi-Variante. Unter anderem tauscht die dauer-halbnackte Micaela Schäfer mit Ex-"Bauer-sucht-Frau"-Kandidat Schäfer Heinrich. Fremdschämen ist programmiert. Lachen dürfen Sie trotzdem.

Eine TV-Kritik von Matthias Kohlmaier

In der US-Sitcom "How I met your mother" spielt Neil Patrick Harris den dauergeilen Barney Stinson und sagt dabei folgenden Satz: "Wo bei anderen Menschen die Schamdrüse sitzt, da habe ich eine 'Ich-find's-geil-Drüse'". Nun passt das mit der Scham und dem Fremdschämen ja sehr gut zum Fernsehprogramm deutscher Privatsender im Allgemeinen und dem von RTL II im Besonderen. Doch jedes Mal, wenn man denkt, jede Teeniemutter und jeden Messiehaushalt Deutschlands üppig ausgeleuchtet gesehen zu haben, lassen sich die findigen RTL-II-Herrschaften etwas Neues einfallen.

So geschehen am Sonntagabend, quasi als nettes Kontrastprogramm zum Tatort im Ersten: Zum zehnjährigen Jubiläum des debilen Reality-Formats "Frauentausch" hat der Münchner Sender eine Promi-Variante spendiert. In Ausgabe eins dabei - und von RTL II allesamt als "Stars" angekündigt: Berufs-Nackedei Micaela Schäfer, Ex-"Bauer-sucht-Frau"-Kandidat Schäfer Heinrich sowie der ehemalige Boxer René Weller und Pseudo-Philosoph/Schauspieler Mathieu Carrière. In immerhin 50 Prozent der Fälle lässt sich also von Dschungelcamp-Recycling sprechen.

Wer es in den vergangenen zehn Jahren vermieden hat, an einem Donnerstagabend RTL II einzuschalten (da dürfen normale Menschen frauentauschen), dem sei hier das Prinzip der Sendung in aller Kürze erklärt: Gewöhnlich tauscht in der Sendung eine kettenrauchende Gelegenheitsprostituierte mit fragwürdiger Hygiene zehn Tage lang Haushalt und Familie mit einer christlichen Fundamentalistin mit Putzfimmel. In der Folge prallen dann Welten aufeinander, es gibt Tränen und Wutausbrüche und um 23.15 Uhr ist Schluss.

Nun also das ganze Spielchen mit der F-Prominenz: Micaela Schäfer tauscht mit Schäfer Heinrich. "Scharf gegen Schaf", wie es in der Ankündigung heißt. Herzlichen Glückwunsch an den RTL-II-Redakteur, der diese Idee hatte. Schäfer und Schäfer. Wahnsinn! Womöglich hatte man zuvor Kiez-Größe Neger-Kalle und Schlagersänger Roberto Blanco als Tauschpaar angefragt - wären da tolle Wortspiele drin gewesen. Vielleicht beim nächsten Mal.

Auch in Dessous immer passend angezogen

Zurück zu den Schäfers. Über Erotik-Model - das ist übrigens das Gleiche wie Nackt-Model, soll nur weniger schmuddelig klingen - Micaela wissen wir jetzt, dass sie sich selbst für wahnsinnig emanzipiert hält und ergo allen Frauen rät, doch auch jederzeit halbnackt rumzulaufen. "Ich fühle mich in Dessous gar nicht unpassend angezogen", lautet das Credo der Schäfer.

Das wiederum findet der Schäfer Heinrich ganz toll. Denn obschon er bei RTLs Bauern-Brautschau keine Herzensdame gefunden hat, hält er sich für den größten Casanova aller Zeiten. So will es in jedem Fall das Drehbuch. Er selbst sagt: "Das hab ich so in mir drin. Wenn ich eine schöne Frau sehe, bin ich sofort am Grapschen und am Greifen." Bei Micaelas Freundinnen stellt er das dann auch gleich unter Beweis.

Im weiteren Verlauf einer langen Sendung müssen dann die vertauschten Schäfer den Job des jeweils anderen übernehmen. Schäfer Heinrich lernt, an der Stange zu tanzen und darf/muss zum "sexy" Fotoshooting. Micaela hilft im Stall beim Ausmisten und stellt ihre fortgeschrittene Emanzipiertheit durch Aussagen wie "Es gibt Frauen- und Männerarbeit. Ich als Frau kann auf dem Bauernhof ja eh nicht so viel tun" unter Beweis. Und hält kurze Zeit später im volltransparenten Ganzkörperdress eine kleine Silikonparade auf der Schafwiese ab.

Es ließe sich nun noch mehr von diesem ersten "Promi-Frauentausch" erzählen. Vieles davon ist unappetitlich, einiges noch ein bisschen unappetitlicher. Aber am Ende läuft es doch auf ein paar einfache Fragen hinaus: Darf man als Zuschauer über so etwas noch lachen? Wissen die Protagonisten überhaupt, dass sie im Sinne der Quote der Lächerlichkeit preisgegeben werden?

Zur ersten Frage: Man darf lachen - solange man danach möglichst schnell wegschaltet und einem solchen Format nie wieder hohe Einschaltquoten beschert. Und zur zweiten Frage: Im Falle von Schäfer Heinrich - der Kunstfigur, die einst RTL formte - ist zu hoffen, dass ihm bewusst ist, dass er sich von RTL II als trottelig-rolligen Dorfdeppen hat darstellen lassen. Und Micaela Schäfer muss wie Barney Stinson eine 'Ich-find's-geil-Drüse' anstelle Schamgefühlen haben.

Die Macher der Sendung finden das offenbar so geil (Frauentausch-Jargon), dass im Anschluss an die Schäfers gleich noch eine Folge der Promi-Variante lief. René Weller tauschte mit Mathieu-Carrière. Ex-Boxer Weller sagte nach ein paar Minuten: "Es stärkt mein Selbstvertrauen, dem anderen was auf's Maul zu hauen." Guter Zeitpunkt, um den Fernseher abzuschalten - wenigstens bis Mittwoch. Da laufen auf RTL II wieder die Teeniemütter.

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