Privatsphäre:Geheimsache Kind

Dürfen Medien darüber berichten, dass Prominente Nachwuchs bekommen haben? Das Menschenrechtsgericht in Straßburg verhandelt über den Fall des Regenten Albert von Monaco - und seines nicht-ehelichen Sohnes Alexander.

Von WOLFGANG JANISCH

Es ist die Ewigkeitsfrage des Medienrechts, und sie kennt zahllose Varianten: Wie viel Schutz verdient die Privatsphäre Prominenter? An diesem Mittwoch hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg über einen Fall des Regenten Prinz Albert von Monaco verhandelt. Das französische Magazin Paris Match hatte im Mai 2005 über Alberts nicht-ehelichen Sohn Alexander berichtet, eine Neuigkeit, die damals frisch auf dem Markt war. Nicole Coste, Mutter des Jungen, hatte ausführlich Auskunft gegeben, das Blatt druckte zudem einige Fotos, die sie im privaten Umfeld aufgenommen hatte. Die französischen Gerichte hatten Albert 50 000 Euro Schadensersatz zugesprochen - doch das Menschenrechtsgericht beanstandete das französische Urteil.

Nun, vor der Großen Kammer des Gerichtshofs, muss die Frage auf die Beschwerde Frankreichs hin neu geprüft werden. Das Urteil, das in einigen Monaten zu erwarten ist, könnte ein Markstein werden: Rechtfertigen Prominenz und politische Rolle eines Betroffenen es, sehr private Details seines Lebens auszuleuchten?

Der erste Teil des Problems ist noch vergleichsweise einfach zu beantworten. Monaco ist eine Erbfolge-Monarchie, die Existenz eines nicht-ehelichen Sohnes des Regenten ist damit nicht nur von allgemeinem Interesse, sondern auch ein politisches Thema. Zwar sind illegitime Söhne nach der monegassischen Verfassung von der Thronfolge ausgeschlossen. Doch Verfassungen können geändert werden, argumentierte Marie-Christine de Percin, die Vertreterin von Paris Match: In Monaco sei man da ziemlich flexibel. Der niederländische Richter Johannes Silvis merkte zudem an: Hätte Albert damals seine langjährige Geliebte Nicole Coste geheiratet, wäre der Junge wieder im Rennen gewesen.

Kompliziert ist der Fall aber, weil die politische Dimension des Prinzensohns nur einen winzigen Teil des langen Textes ausmachte - acht Zeilen, sagte Géraud de Bergues, Vertreter der französischen Regierung. Ansonsten habe Coste intime Details der Beziehung ausgebreitet, garniert mit privaten Fotos. "Das ist ein ernster Eingriff in sein Privatleben." Die Frage ist also, ob weitreichende Indiskretionen erlaubt sind, wenn sie um einen politischen Kern herum garniert sind.

Eine europäische Pointe des Falles ist: Auch die Zeitschrift Bunte brachte seinerzeit eine ausführliche Story über den Sohn des Prinzen. Doch anders als die französischen Gerichte erlaubte die deutsche Justiz die Berichterstattung im Namen der Pressefreiheit. Der Straßburger Gerichtshof kann mit solchen nationalen Differenzen zwar im Prinzip umgehen, er gewährt den Staaten einen eigenen Beurteilungsspielraum. Dann aber wäre "Alexander, das geheime Kind" links des Rheins verboten und rechtsrheinisch erlaubt. Gemeinsame Standards für das internationaler werdende Mediengeschäft schafft man damit nicht.

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