Presserecht:Gesicht zeigen

Prozessbeginn gegen IS-Rückkehrer

Die Bild-Zeitung zeigte den IS-Rückkehrer zum Prozessauftakt unverpixelt. Dafür flog sie aus dem Saal. Zur Recht?

(Foto: Holger Hollemann/dpa)

"Bild" wurde vom Celler IS-Prozess ausgeschlossen, weil das Blatt unverpixelte Fotos von einem der Angeklagten veröffentlicht hat. Zu Recht?

Von Karoline Meta Beisel

Die Mitglieder der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) zeigen sich gern: mit Geiseln, mit Fahnen, mit Waffen. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Celle hat am Montag der Strafprozess gegen zwei Männer begonnen, die Zeit beim IS verbracht haben. Und in diesem Verfahren gilt, was bei Strafprozessen fast immer gilt: Die Angeklagten dürfen nicht gezeigt werden, jedenfalls nicht so, dass man sie erkennen kann. Das hatte der Vorsitzende Richter in einer "sitzungspolizeilichen Anordnung" ausdrücklich festgehalten.

Die Bild -Zeitung hatte dieses Verbot ignoriert und einen der Täter unverpixelt im Gericht gezeigt - nicht zum ersten Mal, immer wieder gibt es deswegen Ärger mit dem Presserat. In Celle kam der Ärger jedoch aus einer anderen Richtung: Am Montagabend entzog das Gericht der Zeitung die Presse-Akkreditierung. Für Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt ein "Angriff auf die Pressefreiheit", wie er am Dienstag in einem Kommentar in Bild schrieb. Jetzt hat die Zeitung Beschwerde beim Gericht erhoben. Gegen den Rauswurf, aber auch gegen die Anordnung allgemein.

Reichelt stört sich vor allem daran, dass für Männer, die ihre Gesichter für Propagandazwecke freiwillig in die Kameras halten, während des Prozesses nun der Persönlichkeitsschutz gelten solle. "Journalistisch halte ich es für absurd, die Männer jetzt, vor Gericht, nicht zeigen zu dürfen."

In juristischer Hinsicht könnte aber noch ein anderer Aspekt eine Rolle spielen. Ebrahim H. B., der Mann, dessen Gesicht die Zeitung zeigte, hat sich erst vor Kurzem vom Norddeutschen Rundfunk und auch von der Süddeutschen Zeitung interviewen lassen. Die Tagesschau nutzte am Montagabend Material aus der Sendung Panorama, um einen Bericht über den Prozessauftakt zu bebildern. Genau wie Bild zeigte also auch die ARD das unverpixelte Gesicht von Ebrahim H.B. - nur eben aus einer anderen Quelle. Aber kann es darauf wirklich ankommen?

Für den Vorsitzenden Richter habe es in seiner Abwägung eine Rolle gespielt, ob die Angeklagten Einfluss auf den Rahmen der Berichterstattung nehmen könnten, erklärt eine Gerichtssprecherin: Bei einem freiwilligen Interview sei das in gewissen Grenzen möglich, beim klassischen Gerichtsbericht aber nicht.

Presserechtsanwalt Christian Schertz sieht die Entscheidung des OLG kritisch. Grundsätzlich dürfe man Angeklagte zwar nicht unverpixelt zeigen. Aber: "Wenn sich ein Angeklagter vor dem Prozess freiwillig in den Medien präsentiert hat, dann kann er im Regelfall später nicht mehr verlangen, nur anonymisiert gezeigt zu werden", so Schertz.

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