Presse und Promis:Nachricht von Lady Di

Prinzessin Diana

Auch 20 Jahre nach ihrem Ableben löst Lady Di in Großbritannien einen Hype aus.

(Foto: John Giles/dpa)

Wirbt Diana aus dem Jenseits für den Brexit? Kurz vor ihrem 20. Todestag ist der britischen Boulevardpresse keine Geschichte zu abstrus.

Von Christian Zaschke, London

Prinzessin Diana findet, dass Kate, die Ehefrau ihres Sohnes William, schlicht perfekt sei. Ja, eine Weile sei sie besorgt darüber gewesen, dass Kate zu viel Gewicht verliere, aber dieser Sorge sei sie ledig. Was ihren zweiten Sohn Harry angehe: Sie glaube nicht, dass dessen Freundin Meghan Markle wirklich die Richtige für ihn sei. Das Verwunderliche an diesen Aussagen ist, dass Diana am 31. August 1997 bei einem Autounfall in Paris ums Leben kam. Sie hat also weder Herzogin Kate noch Meghan Markle je kennengelernt.

Die Daily Mail hat das nicht davon abgehalten, die vermeintlichen Aussagen Dianas in dieser Woche "exklusiv" zu veröffentlichen. Quelle ist eine Frau namens Simone Simmons, die mit Diana befreundet war und nach eigenen Angaben weiterhin in Kontakt mit ihr stehe. Sie höre Dianas Stimme aus dem Grab.

Ein Diana-Hype, der jeden Rahmen sprengt

Dass diese Geschichte gar nicht mal so glaubwürdig ist, ficht die Daily Mail nicht an. Da sich Ende August der Todestag der Prinzessin zum 20. Mal jährt, ist in britischen Medien ein Diana-Hype ausgebrochen, der jeden Rahmen sprengt. In den Fernsehsendern jagt eine Dokumentation die nächste, und besonders in den Boulevardzeitungen wird täglich berichtet. Da es allerdings über eine Frau, die vor 20 Jahren gestorben ist, nicht mehr allzu viel Neues gibt, schaffen es nun auch Menschen wie Simone Simmons in die Blätter.

Ungerührt berichtet die Mail darüber, dass Diana ihrer Freundin im vergangenen Jahr dazu geraten habe, für den Austritt aus der EU zu stimmen. Das liege daran, erzählt Simmons, dass Diana das Vereinigte Königreich so sehr liebe und nur das Beste für das Land wolle. Sie sei dem Rat natürlich gefolgt. Dass die Mail diesen hanebüchenen Quatsch ohne den geringsten Hinweis darauf druckt, dass Tote sich eher selten bis nie in die Tagespolitik einmischen, mag damit zusammenhängen, dass das Blatt mit Furor für den Brexit geworben hat. Da mittlerweile immer deutlicher wird, was für ein gewaltiges Unterfangen der Austritt aus der EU wird, kommt so eine prominente Unterstützerin aus dem Jenseits gerade recht. Der mindestens ebenso EU-feindliche und gleichermaßen durchgeknallte Daily Express griff die Geschichte sogleich auf, rang sich aber immerhin die Einschränkung ab, dass die Brexit-Sache eine "bizarre Behauptung" sei.

Die größte Debatte haben jedoch nicht Dianas Wortmeldungen aus dem Grab hervorgerufen, sondern eine Dokumentation, die der Sender Channel 4 an diesem Sonntag zeigt. Darin sind Aufnahmen zu sehen, die Dianas Sprechtrainer Peter Settelen zwischen September 1992 und Dezember 1993 gemacht hat. Die Prinzessin spricht sehr offen über ihre Ehe mit Thronfolger Prinz Charles: Lediglich 13 Mal habe sie ihn vor der Hochzeit getroffen, Sex gab es nur alle drei Wochen und nach der Geburt von Prinz Harry gar nicht mehr, und als sie gefragt habe, warum eigentlich diese Camilla Parker Bowles sich dauernd in der Nähe aufhalte, habe Charles versetzt, er lehne es ab, der einzige Prinz von Wales zu sein, der keine Geliebte haben dürfe. Mittlerweile ist Charles mit Camilla verheiratet.

Schmerzlich für die Söhne?

Die Aussagen sind nicht neu, der amerikanische Sender NBC hatte bereits 2004 Auszüge aus den Aufnahmen gezeigt. Nun aber werden sie erstmals im britischen Fernsehen zu sehen sein. Dianas jüngerer Bruder Charles Spencer hat sich an Channel 4 gewandt und gebeten, von einer Ausstrahlung abzusehen. Eine enge Freundin Dianas hat sich ebenfalls schriftlich beim Sender gemeldet. Die Gespräche seien privat und therapeutisch gewesen. Sie zu zeigen sei ein Übergriff und außerdem schmerzhaft für Dianas Söhne. Die wiederum haben erst vor Kurzem in einer Dokumentation des Senders ITV mitgewirkt. In der Branche heißt es, dass Channel 4 nun eben auch ein Stück des Kuchens abhaben möchte. Eine Sprecherin des Senders formuliert das etwas anders: Die Aufnahmen des Sprechtrainers seien eine "wichtige historische Quelle". Das "einzigartige Portrait Dianas" gebe ihr eine Stimme, wenn die Nation jetzt über ihr Leben und ihren Tod nachdenke.

Selbst ruchlose Publikationen fürchten die Diana-Anhänger

Diesem Nachdenken kann sich die Nation anhand einer Flut von Filmen widmen. Um nur einige zu nennen: Diana - Her Story, Diana, Our Mother, Princess Diana, The Story Of Diana, Diana - 7 Days That Shook The World, Diana: The Way We Said Goodbye. Die BBC arbeitet an einem Film namens Diana and I. In Diana and the Paparazzi wird ein französischer Fotograf erzählen, dass er unmittelbar nach dem Unfall in einem Tunnel in Paris Bilder der sterbenden Prinzessin gemacht habe. Er habe diese aber später vernichtet, damit sie niemand zu Gesicht bekomme.

Es gibt dennoch Bilder, die kurz nach dem Unfall aufgenommen worden sind, und sie sind auch in mehreren Publikationen außerhalb Großbritanniens erschienen. Eines war 2011 in einem Dokumentarfilm über Dianas Tod auf den Filmfestspielen in Cannes zu sehen, was die britische Presse erzürnte; die hiesigen Medien haben nie eines der Fotos gedruckt und sich dessen immer gerühmt. Diese Form der Selbstzensur ist unüblich, gerade in der oft vogelwilden Boulevardpresse, aber offenbar fürchten selbst ruchlose Publikationen wie die Sun, mit einer Veröffentlichung ihre Leser gegen sich aufzubringen. Also drucken sie lieber Bilder, auf denen die Prinzessin strahlt. Die Daily Mail erfreut ihre Leserschaft derzeit jeden Tag mit einigen Sonderseiten zum Herausnehmen und Sammeln. Thema am Donnerstag: Wie kriege ich den Lady-Di-Look hin.

Wie dieser Look genau ausgesehen hat, lässt sich derzeit im Kensington Palace studieren, wo eine Auswahl von Dianas Kleidern zu bewundern ist. Für Fans, denen das immer noch nicht genug ist, besteht zudem die Möglichkeit, im Buckingham Palace einen Blick in einen Koffer mit alten Musikkassetten der Prinzessin zu werfen. Sie mochte Rod Stewart und Diana Ross, Lionel Richies "Hello" war ihr Lieblingslied. Selbstverständlich wurde auch darüber ausführlich berichtet, und dem Independent wurde in Anbetracht dieser Erkenntnisse derart blümerant zumute, dass er ein Machtwort sprach und die sofortige Abschaffung der Monarchie forderte.

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