Premiere League:Britisches Modell

In der englischen Liga wird märchenhaft viel Geld mit TV-Rechten gemacht. Doch die Zuschauer bekommen dafür recht wenig.

Von Raphael Honigstein

Wer in England das Runde auf dem eckigen Bildschirm sehen will, zahlt viel und bekommt recht wenig. Das ist erst mal kein Werturteil, sondern der aus deutscher Sicht wohl erstaunlichste Aspekt des TV-Markts auf der Insel: Für die märchenhaften 2,17 Milliarden Euro im Jahr, die Premier-League-Chef Richard Scudamore in der kommenden Saison allein aus den nationalen Rechten generiert, dürfen die Medienpartner nicht mal die Hälfte der 380 Spiele live zeigen.

126 Partien werden von August an beim Pay-Sender Sky laufen, 42 Matches bei BT Sport, einem Ableger des ehemaligen Staatsunternehmens British Telecom. Die restlichen 212 Erstliga-Spiele werden im Mutterland des Fußballs gar nicht direkt übertragen. Sie sind für Kunden von Sky nur in längeren Zusammenfassungen am Samstagabend verfügbar. Nicht-Abonnenten müssen auf Match of the Day warten, die Highlight-Sendung der BBC um 22.30 Uhr, um bewegte Bilder zu sehen. Wenn sie Pech haben, werden von dem Match ihres Teams nur ein paar Minuten gezeigt, kurz vor Mitternacht.

Das günstigste Sky-Sport-Abo kostet 60 Euro im Monat, Empfang über Satellitenschüssel und Receiver. Die Sportkanäle des Murdoch-Senders sind darüberhinaus gegen Aufpreis (um die 34 Euro monatlich) für Kabelkunden von Virgin oder BT Sport ohne zusätzliche Hardware verfügbar. Umgekehrt können Sky-Abonnenten für die gleiche Summe auch das BT-Sport-Paket bequem zu ihrem Programmbouquet hinzufügen.

BT Sport ging vor drei Jahren auf Sendung. Neukunden zahlen 30 Euro monatlich, Internetanschluss inklusive. Ursprünglich lieferte BT seinen Kabelkunden die Sportkanäle frei Haus. Man wollte damit Skys Angriff auf den sogenannten Triple-Play-Markt (Fernsehen, Internet, Telefon) abwehren. Seit das im Osten Londons ansässige Unternehmen im Vorjahr für umgerechnet 380 Millionen Euro auch die Rechte an der UEFA Champions League gekauft hat, ist das Angebot zahlungspflichtig geworden (6,30 Euro/Monat).

Live-Spiele gibt es 2015/16 am Freitagabend, Samstagmittag (12.45 Uhr) und Samstagabend (17.30 Uhr) sowie an bis zu drei Anstoßzeiten am Sonntag und Montag. Die Zerstückelung ist auch Folge einer protektionistischen Maßnahme aus uralter Zeit. In den Sechzigerjahren setzten Verband und Liga auf der Insel ein Verbot von Fernseh-Live-Spielen am Samstagnachmittag zwischen 14.45 Uhr und 17.15 Uhr durch. Der traditionelle Kick-Off um 15 Uhr bleibt so dem TV-Markt bislang komplett entzogen. Hardcore-Anhängern bleibt für diese Spiele nur der teure Weg ins Stadion - oder die Suche nach einem illegalen Stream aus den Tiefen des Internets.

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