Polizeiruf "Sturm im Kopf":Alles auf Anfang, bitte!

Polizeiruf 110: Sturm im Kopf; Polizeiruf

Verlierer unter sich: Der Tatverdächtige Max Schwarz (Christian Friedel, l.) und Kommissar Alexander Bukow (Charly Hübner) in "Sturm im Kopf".

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Im Rostocker "Polizeiruf" hat ein Mann sein Gedächtnis verloren und womöglich jemanden erschossen. Doch nicht nur das Leben des Tatverdächtigen liegt in Trümmern - schlimm erwischt es auch Kommissar Bukow. Einfach anzusehen ist "Sturm im Kopf" nicht. Aber grandios gemacht.

Von Carolin Gasteiger

Da sitzen sie, zwei Männer, zwei Wracks, zumindest in emotionaler Hinsicht. Der eine ist Kommissar Alexander Bukow (Charly Hübner), der hätte seine Frau gern zurück; der andere, der Tatverdächtige Max Schwarz, hat jegliche Erinnerung an die seine verloren. Nun sitzen sie beide nebeneinander auf Schwarz' Krankenbett, vom Schicksal verarscht. Im neuen Polizeiruf liegt nicht nur das Leben des Tatverdächtigen in Trümmern.

Rostock liefert aktuell die besten Polizeiruf-Fälle und auch "Sturm im Kopf" beginnt mit ordentlich Wumms. Laute Heavy-Metal-Beats, verwirrte Kommissare. Der Chef eines Unternehmens für Windenergie wird erschossen aufgefunden, zeitgleich behauptet Max Schwarz, jemanden erschossen zu haben. An Details kann er sich allerdings nicht erinnern. An sein restliches Leben auch nicht. Christian Fiedler spielt diesen Max Schwarz hervorragend, besonders, wenn er auf der Gitarre einer Straßenmusikerin versucht, seine Erinnerung zurückzuschrammeln.

Am schlimmsten erwischt es in "Sturm im Kopf" aber Alexander Bukow. Im letzten Fall musste er es noch verkraften, dass seine Frau ihn mit dem Kollegen Thiesler (Josef Heynert) betrügt. Im aktuellen nagt das immer noch so sehr an ihm, dass er Thießler in der Wohnung des Tatverdächtigen lieber eine reinhaut, als nach Indizien zu suchen. Immerhin hat Bukow da noch Energie, wenn auch nur von zerstörerischer Art. Im weiteren Verlauf der Sendung wünscht er sich nur noch, alles vergessen zu können. Als "beneidenswerten Zustand", betrachtet der Kommissar den Gedächtnisverlust von Schwarz. Am Ende hilft er dem Vergessen mit Wodka nach. Zurück auf Los. Alles auf Anfang.

Auch Anton Pöschel ( Andreas Guenther), Bukows Kollege und Aufreißer, sowie Profilerin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) spielt das Schicksal übel mit. Und so geht es in "Sturm im Kopf" zwischen Mord, Offshore-Windkraft, gekränktem Stolz, Gier und Verzweiflung hin und her. Das verursacht nicht nur bei Max Schwarz "Sturm im Kopf. Eines ist klar: Einfach anzusehen ist dieser Polizeiruf nicht. Aber grandios gemacht.

Rostock hat Potenzial

Denn viel mehr als die geheimen Geschäfte des Windunternehmens ziehen den Zuschauer die persönlichen Geschichten der Ermittler in ihren Bann. Muss Bukow weiterhin im Auto schlafen? Und was kommt künftig von Katrin Königs Vergangenheit beim LKA ans Licht? Ähnlich wie im Dortmunder Tatort werden auch im Polizeiruf aus Rostock die Figuren über mehrere Episoden hin aufgebaut und entwickelt, um die Spannung zu erhalten. Serielles Erzählen nach amerikanischem und britischem Vorbild eben.

Und Rostock hat Potenzial: Die vielschichtigen Charaktere des Teams bergen genügend Stoff für mehr als zwei Fälle im Jahr. Könnte man diese dann auch noch am Stück ansehen, neudeutsch "binge-watchen", es würde funktionieren. Warum nicht eine eigene Serie aus dem Polizeiruf auskoppeln und ein Spin-Off kreieren, Arbeitstitel "Better call Bukow"? Verdient hätte er es.

Polizeiruf 110, ARD, Sonntag, 20.15 Uhr

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