Polizeiruf 110 aus Rostock:Einmal Ultra, immer Ultra

Polizeiruf 110: Einer für alle, alle für Rostock; Polizeiruf Rostock Einer für alle und alle für Rostock NDR

Sie könnten sich eine reinhauen und fallen sich dann doch um den Hals: die beiden Ultra-Anführer Momke (l.) und Ahrens.

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Diesen Rostocker Polizeiruf machen markige Worte und Gewalt aus. Dabei will auch hier jeder geliebt werden. Die Nachlese.

Von Carolin Gasteiger

Die Erkenntnis:

Neunzig Minuten lang verdecken harte Worte voller Hass, Aggressionen und Gewalt, worum es wirklich in diesem Polizeiruf geht: mal wieder um die Liebe und um zwei, die verzweifelt versuchen, zusammenzukommen. Nein, es geht nicht um die Kommissare Katrin König und Alexander Bukow, sondern um die Liebe zum Fußball und die unter Ultra-Fans. Wie der Titel eben sagt: Einer für alle und alle für Rostock.

Darum geht's:

Olaf Potensen, Zahnarzt und Anhänger der Fußball-Ultragruppe Red Rostocks, wird an einer Tankstelle vor einen Lastwagen geschubst. Mit tödlichem Ausgang. König und Bukow verdächtigen bald andere Ultrafans. Aber dann tun sich Verbindungen zu einem früheren Fall auf, bei dem ein Polizist zum Pflegefall geprügelt wurde. Und bald stehen nicht nur die Ultras unter Tatverdacht.

Bezeichnender Dialog:

König muss den Vergewaltigungsversuch der vergangenen Folge zu Protokoll bringen. Ihr Vorgesetzter Röder und Bukow wollen den Tathergang zu Gunsten der Kollegin schönen. Allerdings hält König davon wenig und liest Röder ihre Version vor.

König: "Ich bin außer mir. Ich bin nicht bei mir. Ich schlage mit dem Schraubenschlüssel auf seinen Kopf. Hauptkommissar Bukow hält mich von weiteren Schlägen ab."

Röder: Das ist eine Scheißversion. Die fällt unter Paragraf 340 Strafgesetzbuch, Körperverletzung im Amt.

König: Ich weiß, ich habe mit so Sachen öfter beruflich zu tun.

Röder: Ist das jetzt endgültig, ja? Was in Ihrem Kopf passiert, ist das eine. Was gut ist für Sie, ist das andere. Mensch, schreiben Sie das andere auf!

Top:

König kann nicht ohne Bukow. Bukow kann nicht ohne König. Auch in diesem Fall wird das mehr als deutlich. Allerdings ohne dass die beiden Kommissare miteinander im Bett landen müssen.

Flop:

Bukow wird mehr und mehr zum Berserker - unbeherrscht, unberechenbar und ungehobelt. Sein Ton war schon immer rau und im Umgang mit den Ultras scheint er endlich auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Allerdings hat er es verdient, dass ihn die Macher bald aus seiner Elendsnummer ziehen. Oder ihn die Seiten wechseln lassen. Alles andere wird langsam unglaubwürdig.

Bester Auftritt:

Lana Cooper spielt die Friseurin und frühere Ultra-Anhängerin Doreen Timmermann beängstigend brutal. Und das so überzeugend, dass man sich von Timmermann auf jeden Fall nicht mehr die Haare schneiden lassen will. Ihre Emotionen hat die junge Frau nicht unter Kontrolle, ihre Gesten sind fahrig, ihre Sprache vulgär. Selbst als sie und Stefan Momke sich küssen, wirkt das mehr aggressiv als leidenschaftlich. Und dann ist Timmermann seit langem die erste Figur im ARD-Krimi, die ihren Lover verprügelt. Und das ziemlich überzeugend.

Beste Szene:

König trinkt und tanzt in einem leeren Club ihren Frust weg. Schließlich tanzt sie auch um Bukow, der peinlich berührt und regungslos in der Mitte der Tanzfläche steht und nicht so recht weiß, wie ihm geschieht. "Wir sind nicht gut füreinander", sagt König und sagt damit genau den Satz, den Timmermann in einer anderen Szene zu ihrem Lover sagt. Aber dann sagt Bukow seiner Kollegin etwas, das er bewusst "nicht als Liebesgeständnis" verstanden haben will. König sei "der Mensch auf dieser Welt, der mir am meisten bedeutet. Am meisten." Gefühlvoller wird es im rauen Bukow-Universum nicht mehr.

Schlusspointe:

Einmal Ultra, immer Ultra. Doreen Timmermann hat versucht, ein bürgerliches Leben außerhalb des Zirkels um die extremen Fußballfans zu führen. Aber die Liebe war eben stärker. Am Ende steht sie mit ihrem Sohn Thore doch wieder unter ihren schwarz gekleideten Kumpanen und skandiert Fangesänge. Wenn die Ultras die neunzig Minuten vorher nicht so gewalttätig und gefährlich gezeichnet worden wären, man könnte sich für die beiden freuen. Aber so fürchtet man zu wissen, was kommt.

Die besten Zuschauerkommentare:

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: