Polit-Serie "Gefährliche Seilschaften" auf Arte:Macht um jeden Preis

Phänomenal gutes Fernsehen: Die dänische Polit-Serie "Gefährliche Seilschaften" wird international als eine Art "next big Scandinavian thing" gehandelt. Selten wurden die Mechanismen parlamentarischer Macht so spannend und temporeich dargestellt wie hier. Der US-Sender NBC hat sich schon die Rechte für eine Neuverfilmung gesichert.

Peter Sich

Drei Tage vor der Parlamentswahl überschlagen sich die Ereignisse. Das angekündigte Bündnis der Opposition zerbricht. Der engste Vertraute des Ministerpräsidenten stirbt. Währenddessen gerät dieser unter Druck - wegen aufgetauchter Kaufbelege für Kleider seiner Frau auf Staatskosten. Aus der aufgewühlten Stimmung geht als Wahlsiegerin völlig überraschend die Politikerin Birgitte Nyborg hervor und wird als erste Frau Ministerpräsidentin Dänemarks.

Gefährliche Seilschaften: Wahlkampf

Die dritte Staffel von Borgen, so der Originaltitel der dänischen Fernsehserie, ist für Herbst dieses Jahres geplant. Unlängst sicherte sich die NBC die Rechte für ein US-Remake.

(Foto: obs)

Mittlerweile hat die Realität die Politfiktion eingeholt: Seit Oktober 2011 sitzt Helle Thorning-Schmidt als Regierungschefin im "Borgen", wie die Dänen ihren Parlaments- und Regierungssitz Schloss Christiansborg nennen. Borgen ist auch der Originaltitel der dänischen Fernsehserie (2010) um Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen) und ihren politischen Aufstieg. Die dritte Staffel ist für Herbst dieses Jahres geplant, unlängst sicherte sich die NBC die Rechte für ein US-Remake.

Thematisch will man dort damit an die eigene Politserie The West Wing anknüpfen. International wird Borgen als eine Art next big scandinavian thing gehandelt. Die Hoffnungen sind groß, dass sich der Erfolg der exzellenten Krimiserie Kommissarin Lund wiederholt. Wie diese wurde auch Borgen vom öffentlich-rechtlichen Danmarks Radio (DR) produziert. Unter dem etwas ungelenken Titel Gefährliche Seilschaften zeigt Arte die erste Staffel des Politdramas nun donnerstags in Doppelfolgen.

Politpersonal der Serie wird durch die Presse erweitert

Viel Platz räumt Borgen der Privatheit ein, erzählt aber vor allem von den Mechanismen parlamentarischer Macht. Selten wurde Politik dabei so spannend und temporeich erzählt. Die Action liegt im Dialog - bei den Koalitionsverhandlungen im rustikal-gemütlichen Interieur oder in wilden Fernsehdebatten. Stets wird die vierte Gewalt mit in die Handlung eingebunden. Dramaturgisch ist das geschickt: Nachrichtensendungen und politische Kommentare treiben auf ihre Art die Erzählung voran; das Politpersonal der Serie wird erweitert um eine Vielzahl von Journalisten.

Schon durch Details schafft Borgen den Bezug zu aktuellen Themen. Das Kopftuch einer Parteivorsitzenden bringt die gesamte Integrationsdebatte aufs Tapet. Wird es ernst, steht die moderate Ministerpräsidentin Nyborg natürlich auf Seiten des Guten - egal ob es um Entwicklungshilfe oder die Frauenquote geht. Doch im Kampf um den Machterhalt gerät ihr warmherziger Idealismus ebenso in Bedrängnis wie ihr Privatleben. Wenn die Mehrheit für den Staatshaushalt wankt, bleibt eben wenig Zeit für familiäre Weihnachtseinkäufe.

Vor allem in den Nebenhandlungen kommt Borgen ein ums andere Mal nur knapp am Klischee vorbei. Gegenspieler sind ein wenig zu durchtrieben, Schicksalsschläge ein bisschen zu dick aufgetragen. Doch glücklicherweise ist alles zu gut und zu dicht erzählt, als dass Zeit bliebe, sich in derlei Kleinigkeiten zu verlieren. Und so kann man die Serie als das genießen, was sie ist: phänomenal gutes europäisches Fernsehen.

Gefährliche Seilschaften, Arte, fünf Doppelfolgen, donnerstags, 20.15 Uhr

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: