Persönlichkeitsrechte:Lernwillige Kalifornier

Persönlichkeitsrechte: Von 1993 bis 2009 Präsident des Automobilweltverbandes: der 1940 in London geborene Max Mosley.

Von 1993 bis 2009 Präsident des Automobilweltverbandes: der 1940 in London geborene Max Mosley.

(Foto: Bethany Clarke/Getty Images)

Max Mosley und Google legen Streit um Sadomaso-Bilder bei. Details bleiben geheim, doch das Einlenken des Suchmaschinenkonzerns offenbart dessen guten Willen, das Persönlichkeitsrecht ernster zu nehmen.

Von Johannes Boie

In gleich drei Ländern stritt sich der ehemalige Motorsportpräsident Max Mosley mit Google, nämlich in seiner Heimat Großbritannien, in Frankreich und auch in Deutschland, hier vor dem Oberlandesgericht Hamburg. Stein des Anstoßes waren Bilder, die Mosley bei einer Sadomaso-Orgie zeigen. Sie waren vor sieben Jahren illegal aufgenommen und von dem mittlerweile eingestellten britischen Boulevardblatt News of the World veröffentlicht worden. Und sie sind seither bei Google über die Funktion Bildersuche zu finden, was Mosley vermutlich mehr Schmerzen bescherte, als er sich ursprünglich gewünscht hatte. Jedenfalls nahm der schwerreiche Brite den Kampf gegen Google vor mehreren Gerichten auf, als er begriff, dass das Verklagen von Internetseiten, auf denen die Bilder gezeigt wurden, zwar juristisch erfolgreich ist, aber im Grunde nichts bringt, solange jeder die Bilder weiterhin mit Hilfe von Google finden kann.

Mittlerweile aber geht es um noch mehr als um jene paar Bilder, die mittlerweile ohnehin jeder, der sich denn für sie interessiert, gesehen haben dürfte. Mosley sieht sich mittlerweile als Vorkämpfer des Persönlichkeitsrechts. Google hingegen verteidigt traditionell eher amerikanische Werte der Meinungsfreiheit. Doch bevor die Gerichte entscheiden können, haben sich die beiden Parteien unerwartet nach jahrelangem Streit geeinigt, wie am Freitag bekannt wurde. Worauf genau, das bleibt geheim. Wie das in diesen Fällen so ist, betonen beide Seiten lediglich einhellig, mit dem Ergebnis der Einigung sehr zufrieden zu sein. Am Sonntagmittag waren die umstrittenen Bilder weiterhin über die Google-Bildersuche im Netz zu finden.

So oder so markiert der Streit eine weitere Lektion für Google auf europäischem Boden. Mehrere Richter hatten in der Auseinandersetzung zumindest bereits angedeutet, in Mosleys Sinn entscheiden zu wollen. Die Debatte zwischen Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit wird hierzulande immer strenger und entschieden anders als in den USA geführt.

Davon ist nicht nur die Bildersuche betroffen, sondern zum Beispiel auch die Autocomplete-Funktion, gegen die sich Bettina Wulff, die Ehefrau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, juristisch zur Wehr setzte, weil die Suchmaschine bei Eingabe ihres Namens gleich noch - Autocomplete - ein paar Stichworte auswarf, die Wulff an dieser Stelle partout nicht lesen wollte.

Das Recht auf Vergessen, das der US-Konzern nicht mag, hat Google dennoch vorbildlich implementiert

Und dann ist da noch die Debatte um das "Recht auf Vergessen", das ein europäisches Gericht Google eingebrockt hat, und das sich auf die Internetsuche, das bekannteste Produkt des Konzerns, bezieht. Eigentlich müsste es "Das Recht, einen Link verschwinden zu lassen" heißen. Denn es ermöglicht Privatpersonen, Links, die bei der Suche nach ihrem Namen von Google gegen den Willen der gesuchten Person angezeigt werden, mit einer guten Begründung aus den Suchergebnissen entfernen zu lassen.

Google, derzeit ohnehin unter Druck wegen eines gewaltigen Wettbewerbsverfahrens der EU-Kommission, lernt dabei eifrig dazu, auch, um den Europäern zu signalisieren, dass man durchaus redebereit sei. Das Recht auf Vergessen, das die Kalifornier grundsätzlich nicht mögen, hat der Konzern vorbildlich implementiert. Google-Chef Eric Schmidt ist durch Europa gereist und hat sich die Probleme der Verbraucherschützer angehört. Ein leise beigelegter Streit anstelle von gleich drei Gerichtsurteilen in drei europäischen Staaten kann in dieser Strategie nur von Vorteil sein. Man darf gespannt sein, wie lange die Bilder von Max Mosleys Sadomaso-Orgie noch online sind.

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