Unseriöse Methoden bei "News of the World":Journalist hackt Handy eines vermissten Mädchens

Lesezeit: 1 min

Die britische Zeitung "News of the World" ist seit langem bekannt durch ihre unseriösen Methoden - und oft auch durch unhaltbare Nachrichten. Jetzt kommt es besonders dick: Ein Mitarbeiter soll das Mobiltelefon eines vermissten Mädchens genutzt - und damit den Eltern Hoffnung gemacht haben. Dabei war die 13-Jährige längst Opfer eines Gewaltverbrechens.

Mit Pressefreiheit hat das, was dem Journalisten Glenn Mulcaire vorgeworfen wird, wenig zu tun. Der Mitarbeiter der britischen Zeitung News of the World, soll sich Zugang zum Mobiltelefon eines vermissten Mädchens verschafft haben. Die Eltern von Milly Dowler glaubten aufgrund der Handyaktivität, ihre Tochter sei noch am Leben - dabei war die 13-Jährige bereits Opfer eines Verbrechens geworden.

Mit diesem Foto von Milly Dowler suchte die Polizei nach dem vermissten Mädchen. Die 13-Jährige wurde im März 2002 ermordet. (Foto: AP)

Wie der Guardian berichtet, soll Mulcaire Nachrichten von Verwandten des Mädchens auf deren Handy abgehört und einige von dem Telefon gelöscht haben. Dadurch hatten die Eltern der 13-Jährigen nach wie vor die Hoffnung, sie sei am Leben und habe die Nachrichten selbst gelöscht.

Zu der Zeit jedoch hatte der Türsteher Levi Bellfield die Teenagerin bereits umgebracht. Der Serienmörder hatte das Mädchen am 21. März 2002 auf dem Nachhauseweg von der Schule entführt und ermordet. Ihre Leiche fand man erst ein halbes Jahr später. Im vergangenen Monat wurde Bellfield des Mordes schuldig gesprochen und verurteilt.

Nun sorgen die dubiosen journalistischen Methoden in Großbritannien für Aufruhr. Premierminister David Cameron bezeichnete die jüngste Enthüllung als "schockierend" und eine "wahrhaft fürchterliche Tat".

Die Polizei verhört nach Angaben der BBC bereits die Verantwortlichen der Zeitung - dabei steht besonders Rebekah Brooks im Visier der Ermittlungen, zur Zeit des Hackings Chefredakteurin des Blattes. Hatte sie die unsauberen Recherchemethoden gebilligt?

Im Guardian heißt es weiter, dass ein weiterer Mitarbeiter für News of the World die Adressen von Familien mit dem Namen Dowler im südostenglischen Walton-on-Thames ausspioniert haben soll, dem Wohnort von Milly und ihrer Familie. Ex-Chefredakteurin Brooks steht derzeit unter verstärkter Aufsicht, wird ihren Posten jedoch nicht verlassen, versicherte der Generaldirektor von News International, zu der News of the World gehört.

Die Labour-Partei verlangte bereits, die journalistischen Methoden der Redaktion genauer zu untersuchen. Die Vorstellung, Privatpersonen, die für eine Zeitung arbeiten, könnten sich in das Telefon einer 13-Jährigen einhacken, sei jämmerlich, so die Abgeordnete Yvette Cooper: "Jeder in unserem Land wird durch diese Nachricht beunruhigt und ist entsetzt."

© sueddeutsche.de/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: