Neue ZDF-Quizshow mit Micky Beisenherz:Comedy-Autor erklimmt Pyramide

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Zuerst bissiger Schreiber fürs Dschungelcamp, dann bei RTL2, nun im öffentlich-rechtlichen Fernsehen: Ab Ende August wird Micky Beisenherz für 20 Folgen als Moderator der kreuzbraven Quizshow "Die Pyramide" im ZDF zu sehen sein. Danach? Karrieremöglichkeiten hat er viele, entscheiden muss er sich bald.

Hans Hoff

Wenn man Micky Beisenherz nicht sehen mag, dann sollte man in den nächsten Wochen und Monaten tunlichst nicht zur Fernbedienung greifen. Man sollte vermeiden, ZDF Neo einzuschalten, besser auch das ZDF am Nachmittag umgehen, und dass man beim Auftauchen des RTL 2-Logos schnell weiterzappt, muss man dem kritischen Konsumenten ja ohnehin nicht erklären.

In einer Woche beginnt so etwas wie die große Micky-Beisenherz-TV-Offensive. Geplant war das nicht. Es hat sich vielmehr so ergeben, dass der Mann, der in den vergangenen drei Staffeln der Dschungelshow als Autor der Kommentare von Sonja Zietlow und Dirk Bach mitverantwortlich zeichnet, für die Heute Show schreibt und bei Monika Grubers Leute Leute gar als Hauptautor agiert, nun auf einmal zum Fernsehgesicht des Sommers wird.

Micky Beisenherz hat viel gearbeitet in diesem Frühjahr. Im April hat er für RTL 2 acht Folgen der Rateshow St adt, Land . . . aufgezeichnet, von Februar bis Juni wurden im Auftrag von ZDF Neo sechs Folgen der Reihe German Angst gedreht, und bis Mitte Juli stand der 35-Jährige als Moderator für 20 Folgen der einstigen Dieter-Thomas-Heck-Quiz-Show Die Pyramide vor der Kamera, die von 6. August an bei ZDF Neo und von Ende August an dann im Nachmittagsprogramm des Zweiten laufen.

Um das Maß der persönlichen Auslastung voll zu machen, heiratet er kurz vor der Pyramide-Premiere auch noch. "Das ist keine Zwangsehe auf Wunsch des ZDF", sagt er, um nur ja nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, er beuge sich irgendwelchen Konventionen. Wer die Dschungelkommentare und die Heute Show kennt, weiß, dass aus der Beisenherzschen Feder kaum liebliche Einzeiler fließen. Eher sind es Boshaftigkeiten der perfiden Art.

Kann man sich so einen bei einer von der Art her kreuzbraven Angelegenheit wie Die Pyramide vorstellen? Wie hart fällt sein Humor dort aus? "Nie so hart, wie man denkt", sagt er, und man muss sich auf seine Worte verlassen, denn zu sehen gab es vorab noch nichts. Genauso, wenn er behauptet, es sei "eine sehr unterhaltsame knackige Sendung geworden". Das einfache Spielprinzip mache es interessant. Vielleicht auch einfach die Tatsache, dass ausnahmsweise mal nicht Jörg Pilawa oder Kai Pflaume so etwas wegmoderieren. "Da müssen die Zuschauer sich dran gewöhnen", sagt Beisenherz mit dem Selbstbewusstsein eines Mannes, der nicht erst seit gestern im medialen Geschäft mitmischt.

Er hat einiges unternommen in den vergangenen zwölf Jahren. Er hat beim Lokalsender-Mantelprogramm Radio NRW ein Volontariat absolviert, war Moderator dort und hat früh Texte geschrieben für Comedians wie Atze Schröder, Dieter Nuhr oder Gaby Köster. Danach hat sich eines zum anderen gefügt, und plötzlich war der in Recklinghausen geborene und in Castrop-Rauxel aufgewachsene BVB-Anhänger mittendrin. "Ich habe nie Visitenkarten verteilt", sagt er. "Alles, was ich mache, stand nicht auf irgendeinem Plan. Es hat immer irgendjemand gesagt: Mach doch mal was."

Fragt man ihn angesichts der anstehenden Präsenz seines Gesichts auf dem Schirm, als was er sich denn sehe, positioniert er sich klar. "Ich begreife mich als Autor", sagt er und bezieht sich auf einen, dem nach langen Jahren der Unentschiedenheit und des Allesmachens der Spagat gelungen ist. "Oliver Welke zeigt, dass es möglich ist, Autor und Moderator zu sein."

Der so angesprochene Heute Show-Chef hält viel von Beisenherz. Der könne wirklich was, sagt Welke und fürchtet, dass der Belobigte demnächst wohl als Autor für seine Show zu teuer werde, wenn das mit der Pyramide funktioniere. "Er ist der einzige telegene Comedy Autor, den ich jemals getroffen habe", fügt Welke dann noch hinzu.

In der Tat kann sich Beisenherz sehen lassen. Man kann beobachten, wie Frauen reagieren, wenn er den Raum betritt. Desinteresse sieht auf jeden Fall anders aus.

Wie Welke auch hat Beisenherz in der Vergangenheit oft die Stunde genutzt und wegmoderiert, was sich ihm in den Weg stellte. "Ich habe nicht alles gemacht, was man mir angeboten hat", sagt er zwar, aber angesichts von Shows wie Die nervigsten Deutschen (Pro Sieben) kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, dass da einer so viel wie möglich ausprobieren wollte.

Dazu gehörte auch, dass er für eine Sonja-Kraus-Show mal nackt auf einem Pferd durch die Eifel reiten musste. Prompt ereilte ihn eine SMS seiner Liebsten: "Michael, du sitzt nackt auf dem Pferd. Das ist peinlich", stand da. "Ich konnte ihr nicht widersprechen", räumt der derart Gerügte ein.

Ich werde zukünftig noch genauer gucken, was geht und was nicht", sagt er. Er sagt nicht, dass irgendetwas Mist war, was er gemacht hat. Dafür ist er zu höflich, aber man darf seinen wohlgewählten Worten entnehmen, dass er schon sehr genau weiß, dass manches in die Kategorie "Ich war jung, ich brauchte das Geld" fällt.

Möglicherweise hatte es aber auch mit Selbstfindung zu tun. "Manchmal entwickelt sich das Zutrauen, das andere in einen haben, zu Selbstvertrauen", beschreibt er die Entwicklung, die es ermöglicht, ohne allzu große Existenzangst in die Zukunft zu schauen. "Jetzt ist so ein Selbstvertrauen da, dass ich sage: Irgendetwas wird schon passieren, 2013 kann ich auf jeden Fall schon mal die Leasingraten fürs Auto zahlen", sagt er.

Denn noch ist keinesfalls klar, wie das nach Ablauf des Jahres mit seiner TV-Präsenz weitergehen wird. Alle Sendungen, die Beisenherz moderiert, sind mehr oder weniger Versuche, und Versuche haben nun mal die unschöne Eigenschaft, dass sie auch fehlschlagen können. "Ich habe die letzten Jahre als Autor glücklich und zufrieden gelebt", sagt Beisenherz, der mal in Bochum und mal in Hamburg wohnt. Er weiß aber wohl, dass ein Komplettversagen nicht spurlos an ihm vorbeigehen würde. "Wenn nichts davon funktioniert, wird das auch ans Ego gehen", sagt der späte Newcomer. "Ich bin bestimmt das älteste neue Gesicht, das es im deutschen Fernsehen gibt", witzelt er.

Er betont, dass er sich ungern nur den Moderationen ausliefern wolle. Autor werde er bleiben. Und trotz der Kommentare, die er für den Dschungel schreibt, steht für ihn fest, dass er im Camp nur hinter den Kulissen für Belustigung zuständig sein wird. "Das kann ich jetzt schon in Stein meißeln. Da wird man mich nie sehen."

Hört man Beisenherz genau zu, wird deutlich, wie viel ihm an German Angst liegt. Vielleicht auch, weil das Format, das im vergangenen Jahr im Rahmen des TV Lab bei ZDF Neo lief, den ernsthaftesten Anspruch mit sich bringt. "Das ist so etwas wie eine mobile Talkshow", sagt Beisenherz, der für die Sendung herumgereist ist und Deutsche zu ihren Ängsten befragt hat. Es geht um Gewalt, Überwachung, Überfremdung und ums Deutschsein.

Das ist für mich ein echtes Geschenk", sagt Beisenherz. Er durfte reisen, lernen, fragen, und wurde dafür auch noch bezahlt. Gefragt war nicht vornehmlich sein Witz, sondern seine Art, auf Menschen zuzugehen und auch heikle Themen zu verhandeln. "Im TV Lab war es noch Humor. Jetzt, wo es in Serie geht, hat es mit Humor nicht mehr so viel zu tun", sagt der Moderator und wirkt vor allem deshalb ein bisschen stolz, weil er so etwas in seiner Karriere nicht für möglich gehalten hatte. "Ich hätte mich dafür selber nicht angefragt", sagt er.

Vielleicht führt ihn German Angst ein wenig heraus der Welt des Bunten, in der es immer nur auf den nächsten Gag ankommt. Aber letztlich ist das natürlich nur eine Option. Vieles hängt eben doch davon ab, was kommt. Am Ende wird Beisenherz dann sicherlich vor allem das machen, was geht. Ein bisschen mehr Entschlossenheit stände ihm schon gut. Er ist an einem Punkt seiner Karriere, wo er sich so etwas leisten könnte, wo er sich so etwas dringend leisten sollte.

Aber davor steht seine Sprunghaftigkeit. Beisenherz wirkt wie einer, der immer noch alles will. Journalistisch oder witzig? Moderator oder Autor? Bindung an einen Sender? "Exklusivität finde ich nur im Bereich Ehe gut", sagt er.

Wie er das sieht, wenn sein TV-Sommer vorüber ist, muss sich zeigen. Und irgendetwas wird sich schon für ihn finden. Man muss sich keine Sorgen um Micky Beisenherz machen. Wenn er ein Problem hat, dann eines, das sich aus dem Luxus speist, zu viel machen zu können. Wichtig bleibt da nur, dass er nicht endet wie der Esel aus der Sage, der verhungerte, weil er sich nicht entscheiden konnte, von welchem der zwei vor ihm liegenden Heuhaufen er zuerst essen sollte.

© SZ vom 28.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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