Neue TV-Serie "Magic City":Was Buntes mit Rum

Das viele Gerauche, Gesaufe und Gebaggere wird in detailgetreuen Bildern nachgemalt: Die US-Serie "Magic City" feiert die lüsternen Fünfziger und wäre dabei gerne so smart wie "Mad Men".

Marc Felix Serrao

Szene aus "Magic City" mit Jeffrey Dean Morgan

Szene aus "Magic City" mit Jeffrey Dean Morgan als Hotelier Isaac

(Foto: 2012 Starz Entertainment, LLC.)

Ganz langsam gleitet der Blick über den Körper der jungen Dame im Halbdunkel der Bar. Er wandert von ihrem runden, lasziv schaukelnden Becken den Rücken hinauf bis zu den freiliegenden Schultern, dort bleibt er kleben, zwei, drei, vier Sekunden lang, wie der Speichel eines rücksichtslosen Liebhabers. Es ist ein fast vergessener Blick, ein schamloser Blick, als Männer Frauen noch unverhohlen als Objekt anschauten. Der Mann, der so schaut, und dem die Kamera hier folgt, ist Steven "Stevie" Evans (Steven Strait), Sohn des Hoteliers Isaac "Ike" Evans (Jeffrey Dean Morgan). Ein kettenrauchender, lendengetriebener Tunichtgut - aus heutiger Sicht. In Magic City, der neuen Serie des Bezahlkanals Sky Atlantic HD, ist Stevie ein normaler Junge mit - für seine Zeit, 1958, und für seine Heimat, Miami - ganz selbstverständlich vorgetragenen Bedürfnissen.

Der Vergleich mit Mad Men, der schon so oft und immer zu recht gefeierten Serie über eine New Yorker Werbefirma der sechziger Jahre, liegt natürlich nahe; auch Sky bewirbt sein neues Format damit. Hier wie dort wird der Zeitgeist der Jahrhundertmitte in detailgetreuen Bildern nachgemalt, vor allem das viele Gerauche, Gesaufe und feminismusferne Gebaggere. Aber darüber hinaus? Mad Men, deren sechste Staffel der Kabelkanal AMC derzeit produziert, gilt auch deshalb als Meilenstein des Fernsehens, weil seine Bilderwucht von einer ebenso klugen und vielschichtigen Erzählung getragen wird. Das ist bei Magic City, zumindest in den drei vorab verschickten Folgen, nicht ganz der Fall.

Zwar wird auch hier amerikanische Geschichte miterzählt, und das oft ganz elegant: Dass Fidel Castro Ende '58 im nahen Kuba mit seinen Revolutionszotteln gen Havanna marschiert, erfährt der Zuschauer nebenbei, weil im Hotelrestaurant plötzlich die Bestellungen ignoriert werden - Kellner und Köche, allesamt Kubaner, stehen gebannt ums Radio in der Küche. Auch Kennedy kommt vor, Sinatra, die CIA. Davon abgesehen sind die Helden und Schufte der Serie, so hübsch sie anzuschauen sind, eher eindimensional gezeichnet.

Jeffrey Dean Morgan etwa hat als Hotelchef Ike zwar auch Dreck am Stecken, der Folge für Folge freigeschaufelt wird. Aber, und das wird schnell klar, er tut, was er tut, weil er im Herzen ein anständiger Familienvater ist und bleibt. Ähnlich schlicht wirken auch der dauerlüsterne Stevie, dessen amour fou, die Gangsterbraut mit dem schönen Namen Lily Diamond (Jessica Marais), oder deren rabiater Ehemann (immer eine Wonne: Danny Huston). Sie alle sind nur Typen, keine Charaktere.

Das heißt nicht, dass Magic City schlechtes Fernsehen wäre. Im Vergleich zu der Plörre, die deutsche Sender in der Regel ins Programm schütten, ist die Serie des Starz-Networks ein passabler Cocktail. Nichts mit Champagner, eher was Buntes mit Rum, das schnell wirkt. Aber das ist manchmal ja auch genug. Wie der Blick auf einen schönen Hintern, der im Halbdunkel vorbeiwackelt.

Magic City, Sky Atlantic HD, samstags, 21 Uhr.

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