Neue Show "Sketch History" im ZDF:Brutus, du dumme Sau

Sketch History

Auf irrer Fahrt: Holger Stockhaus (hier als Admiralsstabsoffizier Rüdiger Hansen) ist ein Mitglied des großen Ensembles von Sketch History.

(Foto: Kai Schulz/ZDF)

Die ZDF-Comedy "Sketch History" springt von der Steinzeit zum Mauerfall bis zum Kennedy-Attentat - und ist viel zu schnell vorbei.

Von David Denk

Wenn mehr deutsche Fernsehmacher auch Fernsehfans wären, was gar nicht so selbstverständlich ist, wie es klingen mag, würde hierzulande mehr gutes Fernsehen entstehen - Fernsehen wie Sketch History, Untertitel "Neues von gestern", das neue zehnteilige ZDF-Comedyformat, das der Mainzer Sender in einem schwer gewöhnungsbedürftigen Rhythmus ausstrahlt, in diesem Jahr nach der Premiere am Freitagabend noch zwei Mal, am 30. Oktober und 4. Dezember - immerhin im Anschluss an die heute-show, also in einem Comedy-affinen Umfeld.

Wer die heute-show nicht guckt und womöglich gar kein ZDF, macht sich besser einen Knoten ins Taschentuch, um auch bloß keinen Sendetermin zu verpassen.

Verantwortlich für die Sketchshow sind die beiden Chefautoren Chris Geletneky, der unter anderem für und mit Bastian Pastewka und Anke Engelke das Volksmusik-Albtraumpaar "Wolfgang & Anneliese" erfand, und Roland Slawik, ebenfalls ein Veteran des deutschen TV-Humors. Sie hatten ganz offensichtlich sehr viel Spaß bei der Arbeit.

Sketch History ist sicher nicht die Neuerfindung der Comedy, sondern inspiriert von Vorbildern wie Monty Python und Little Britain - Klamauk, aber der Güteklasse A. Die Qualität der Bücher setzt sich fort in der Inszenierung von Tobi Baumann und Erik Haffner sowie im so großen wie großartigen Ensemble, dem unter anderem Max Giermann (Switch Reloaded), Matthias Matschke (Pastewka), Valerie Niehaus (Der Rücktritt) und Alexander Schubert (heute-show) angehören.

Sketch History nimmt den Zuschauer mit auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Menschheit. Verbunden durch markante Animationen und hübsch selbstironische Off-Kommentare von Bastian Pastewka springt das Format durch die Jahrtausende, Renaissance, Steinzeit, Mauerfall, Kennedy-Attentat, es geht hin und her, her und hin, in einem für deutsche Comedy beachtlichen Tempo. Jede Folge ist "nur" knapp 25 Minuten lang - aber die sitzen. Als Pastewka sich mit einem knappen "Guten Abend" verabschiedet, denkt man sich: Wie, tatsächlich schon vorbei? Schade.

Sein Kennedy hat das Zeug, ein Klassiker zu werden

Besonderen Eindruck hinterlassen zwei Auftritte: Matthias Matschke, der neue Magdeburger Polizeiruf 110-Ermittler, der US-Präsident John F. Kennedy als dauergeilen Schwerenöter anlegt, der durch seinen Flirt mit einer russischen Dolmetscherin einen Dritten Weltkrieg provoziert.

Matschke sieht in der Maske zwar weder aus wie er selbst, geschweige denn wie Kennedy, aber das macht nichts, weil sein Spiel die Selbstgewissheit eines nicht übermäßig intellektuellen Machtmenschen ausstrahlt, der weiß, dass der ihm eigene Charme sein treuester Verbündeter ist. Sein Kennedy hat jedenfalls das Zeug, einer der Klassiker des Formats zu werden.

Sowohl im Wort- wie im übertragenen Sinn irre ist auch die Performance von Max Giermann als Julius Cäsar, der "der Vorfahre eines berühmten deutschen Schauspielers gewesen sein" soll, wie Pastewka in seiner Einleitung sagt: "Nein, ich spreche in diesem Fall nicht von mir."

Das Fahrig-Manische von Klaus Kinski integriert Giermann so mühelos und virtuos in die Figur Cäsars, dass man es fast ein bisschen mit der Angst zu tun bekommt. "Du müsstest dich mal selbst hören, du dumme Sau, du", herrscht er seinen Ziehsohn Brutus an, der ihm doch eigentlich nur den Loorbeerkranz für die Unterwerfung Galliens aufsetzen möchte. Cäsar, nun zuckersüß: "Oh Mensch, dann sag das doch." Um sogleich - "Pass doch auf, du Arschloch" - wieder auszuticken, weil der Lorbeerkranz so piekt. Nur mit viel gutem Zureden kann Brutus' Begleiter verhindern, dass dieser Cäsar an Ort und Stelle ermordet.

Sketch History macht sich einen ganz eigenen Reim auf Personen und Ereignisse der Weltgeschichte und ist damit deutlich unterhaltsamer als die Wahrheit.

Sketch History, ZDF, 23 Uhr.

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