Serie "Cape Town":Mordopfer, die Pappmasken tragen

Cape Town Staffe1 EP 02

Captain Mat Joubert (Trond Espen Seim, rechts) soll eine Mordserie aufklären - steht aber auch selbst unter Verdacht.

(Foto: dookphoto/13th street)

Weil kein Sender ihre Krimiserie finanzieren wollte, setzte die deutsche Produzentin Annette Reeker "Cape Town" alleine um: in Südafrika. Ein außergewöhnliches Projekt.

Von David Denk

An den Händen von Captain Mat Joubert klebt Blut. Das ist in einem Flashback am Ende der ersten Episode von Cape Town ganz deutlich zu erkennen. Die Frage ist nur: Gilt das allein im wörtlichen oder auch im übertragenen Sinne? Was hat der Polizist Joubert (Trond Espen Seim) mit dem Tod seiner Frau Lara zu tun? Gefunden wurde ihre Leiche im Bett eines anderen Mannes. Joubert wurde kurz darauf sturzbetrunken aufgelesen, hat kaum Erinnerungen. Hat er Lara am Ende selbst auf dem Gewissen? Er selbst hält das für möglich: "Ich weiß nicht, was ich in jener Nacht getan habe, aber ich weiß, dass jeder Mensch zum Mörder werden kann."

Die Suche nach Laras Mörder ist nur einer von mehreren Handlungssträngen der Krimiserie nach dem Roman Der traurige Polizist des südafrikanischen Starautors Deon Meyer. Vorrangig beschäftigt Joubert und seinen neuen Partner Sanctus Snook (Boris Kodjoe) eine brutale Mordserie an Männern, die allesamt Pappmasken tragen - Elvis Presley, Humphrey Bogart, Arnold Schwarzenegger. Parallel dazu tauchen die Leichen junger Osteuropäerinnen auf, die der Traum von einer Modelkarriere das Leben kostete.

Tatort-Kommissar Axel Milberg spielt in der Serie einen skrupellosen Bösewicht

Cape Town, diesen Montag und Dienstag als Deutschlandpremiere beim Bezahlsender 13th Street zu sehen, ist nicht die Neuerfindung des Genres: konventionell, aber intelligent erzählt und von Regisseur Peter Ladkani überaus spannend und stimmungsvoll in Szene gesetzt - kein True Detective, aber ein Krimi, den der Serienfan wegschlürft wie ein kühles Bier an heißen Sommerabenden.

Besonders sind aber die Entstehungsbedingungen. Wer die kennt, macht einen Knicks vor Produzentin Annette Reeker, die sonst das ZDF mit Taunus-Krimis nach Nele Neuhaus versorgt - eine völlig andere Baustelle.

Reekers Serienprojekt Cape Town nämlich ist eine einzige Anmaßung: Ohne Sendergeld und die damit verbundenen Diskussionen hat sie es angeschoben. Aus Trotz, weil es niemand finanzieren wollte - und weil sie zeigen wollte, "dass wir als deutsches Produktionsunternehmen international mitspielen können". Es ist ihr gelungen. Als wäre das nicht schon verwegen genug, fungierte sie auch noch als Chefautorin, weil sie mit der Arbeit der Schreiber, die sie ausprobiert hatte, nicht zufrieden war. Unterstützt wird sie von dem Briten Mark Needham, der bereits an Staffel zwei schreibt. Der Regisseur? Auch ein eher Unbekannter. Der Cast? International - in den Hauptrollen spielen ein Norweger und ein Deutschamerikaner zwei Südafrikaner. Der einzige bekannte deutsche Darsteller, Axel Milberg, taugt als skrupelloser Bösewicht Norbert Wernicke nur äußerst begrenzt zur Identifikationsfigur.

Zum Wagnis machte Cape Town nicht zuletzt das Pensum: Die sechs 45-minütigen Folgen mit einem Budget von etwa je einer Million Euro entstanden in insgesamt lediglich 58 Drehtagen. Das ist - ins Verhältnis gesetzt - deutlich mehr Geld, aber auch erheblich weniger Zeit, als für einen Tatort zur Verfügung steht. 90 Minuten kosten dort um die 1,2 Millionen Euro - bei 22, vielleicht 23 Drehtagen. Möglich machte dies laut Regisseur Ladkani eine exzellente Vorbereitung, die auf den Punkt spielende Besetzung und der versierte, international erfahrene südafrikanische Prouktionspartner vor Ort, der dort zuvor schon die Serie Homeland und den Kinoerfolg Mad Max: Fury Road betreut hatte.

Ausnahmsweise keine Danksagungsarie zum Fremdschämen

Nach der Weltpremiere auf dem Münchner Filmfest am vergangenen Mittwoch, bei der die ersten beiden Folgen gezeigt wurden, bekam Cape Town sehr viel Applaus. Als die Beteiligten im Anschluss auf der Bühne standen, ergriffen viele von ihnen das Mikrofon, um sich beieinander zu bedanken. Danksagungsarien tendieren normalerweise zu den Fremdschämmomenten solcher Abende - aber hier war etwas grundlegend anders: Es war kein pflichtschuldiger, geschäftstüchtiger Dank (wie in Anwesenheit von Senderredakteuren häufig zu beobachten), sondern den Beteiligten erkennbar ein Bedürfnis.

Offenbar eint die Macher das Bewusstsein, Teil eines sicher nicht makellosen, aber definitiv außergewöhnlichen Projekts zu sein - das ein Weckruf sein könnte für eine Branche, in der Mut zwar gebetsmühlenartig eingefordert, aber (zu) selten gezeigt wird.

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