ZDF-Serie mit Bastian Pastewka:Weit entfernt von "Breaking Bad"

ZDF-Serie mit Bastian Pastewka: Da mag er noch so düster schauen: Als Zuschauer wartet man immer darauf, dass Bastian Pastewka über einen Stuhl stolpert oder sich den Kopf anhaut.

Da mag er noch so düster schauen: Als Zuschauer wartet man immer darauf, dass Bastian Pastewka über einen Stuhl stolpert oder sich den Kopf anhaut.

(Foto: ZDF/Network Movie Film- und Fernsehproduktion/Menke)

Bastian Pastewka als Walter White? Mit dem Vergleich zu "Breaking Bad" hat das ZDF seiner neuen Serie und ihrem Hauptdarsteller keinen Gefallen getan.

TV-Kritik von Michael Bitala

Manchmal wäre ein Radiergummi fürs Gehirn praktisch. Dann könnte man sich diese Serie ansehen, sich wundern, ärgern, amüsieren oder langweilen und aufschreiben, was man von Morgen hör ich auf hält.

Leider geht das nicht. Zum einen lässt sich Norbert Himmlers irrlichternder Vergleich mit Breaking Bad nicht wegradieren. Zum anderen hängt einem genauso hartnäckig die Sat-1-Sitcom Pastewka im Hinterkopf.

Zunächst zu Himmler. Der Mann ist Programmdirektor des ZDF. Als er im Frühjahr 2014 gefragt wurde, was sein reicher Sender eigentlich im derzeitigen goldenen Zeitalter des Fernsehens zusammenbekomme, wo das deutsche House of Cards, das deutsche True Detective, das deutsche Breaking Bad sei, sagte er tatsächlich, dass Morgen hör ich auf mit Bastian Pastewka in der Hauptrolle mit Breaking Bad zu vergleichen sei. Was nur zwei Schlüsse zuließ: Entweder hat Himmler Breaking Bad nicht gesehen - wofür sehr viel spricht - oder er hat die Standards, die gerade international gesetzt werden, nicht verstanden - wofür leider auch sehr viel spricht.

Pastewka war über diesen Vergleich jedenfalls so sauer, dass er hinschmeißen wollte, wie er vor Kurzem im Gespräch mit dem Spiegel sagte. Der Spott der Branche war nämlich grenzenlos. Seine Serie hat mit Breaking Bad, mit dem Aufstieg des krebskranken Chemielehrers Walter White zum brillanten Crystal-Meth-Koch und Drogenboss nur so viel zu tun, dass das Setting ein bisschen abgekupfert wurde. Pastewka spielt den Druckereibesitzer Jochen Lehmann, der so pleite ist, dass er seine Tochter anpumpen muss, um an der Tankstelle bezahlen zu können. Eines Nachts beschließt er dann, falsche Fünfziger zu drucken - und die sind so gut, dass der Betrug zunächst zwar keinem Ladenbesitzer auffällt, aber der Mafia. Schon geht's dahin mit dem Frieden der Familie Lehmann.

Das ist, wenn auch ein bisschen abgeschaut, eine hübsche Idee. Und sie könnte durchaus die 300 Minuten dieses Fünfteilers tragen, zumal es ja nicht nur um Lehmann geht. Es gibt auch noch seine Frau, eine ehemalige Provinzschönheit und notorische Lügnerin, seine pubertierende Tochter, seinen nerdigen Sohn und das Nesthäkchen, das die Mitschülerinnen terrorisiert. Dennoch ist man schon nach den ersten Szenen irritiert. Denn Pastewka ist Pastewka, so wie man ihn eben kennt. Da mag er noch so düster schauen, noch so verwahrlosen im Laufe der Geschichte, noch so verzweifelt spielen, als Zuschauer wartet man immer darauf, dass er über einen Stuhl stolpert, sich den Kopf anhaut, in eine Grube fällt. Denn das ist der Pastewka aus der Sitcom, und man kriegt ihn nicht aus dem Kopf, selbst wenn er gerade einen Erpresser erschlagen hat.

Ist das Leben nicht herrlich, wenn man sich das Geld einfach drucken kann?

Hinzu kommt, dass die Nebenfiguren grausam überzeichnet sind. Der Erpresser ist eine asoziale Schießbudenfigur, der Geliebte der Ehefrau eine schmierige Elvis-Kopie, der Freund von der Bank ein windiger Lump und der Ermittler vom Landeskriminalamt ein eitler Clown. Und als wäre das nicht genug, ist der Plot so voll mit dummen Zufällen, dass man sich fragt, mit welch dickem Hammer Martin Eigler, Sönke Lars Neuwöhner und Sven S. Poser ihr Drehbuch zusammengenagelt haben. Da fällt der Freund von der Bank aus heiterem Himmel ins Koma. Da entpuppt sich der Nachbar als Drogenhändler und Voyeur, der die Lehmanns Tag und Nacht beobachtet. Und da wird dann Lehmanns Haus vom SEK gestürmt, oooops, pardon, sie wollten ja eigentlich ins Nachbarhaus.

Sehenswert ist die Serie immer dann, wenn die Geschichte ernst genommen wird, wenn sich die Erzähler auf ihre Figuren verlassen. Auf Lehmanns Frau zum Beispiel, gespielt von Susanne Wolff. Sie zeigt, was möglich ist. Wenn normale Menschen mit unnormalen Situationen zurechtkommen müssen, entstehen Komödien und Tragödien, im besten Fall beides. Susanne Wolff spielt das auf den Punkt. Zuerst die Empörung über die Blüten, dann, bei näherer Betrachtung, die Kapitulation. Ist das Leben nicht herrlich, wenn man sich das Geld einfach drucken kann?

Was für ein simpler, faszinierender Gedanke. Daraus hätte gutes Fernsehen entstehen können.

Morgen hör ich auf, ZDF, samstags um 21.45 Uhr.

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