Neue Late-Night-Show "Guse Berlin":Hauptstadt-Schnauze, nichts dahinter

Um jünger und aufregender zu werden, hievt der RBB mit "Guse Berlin" die Satireshow eines Radiomoderators aus dem Internet ins TV-Programm. Dumm nur, dass die Hauptstadt in der Sendung kaum eine Rolle spielt. Und Late-Night geht auch anders.

Carolin Gasteiger

Berlin zieht immer. Und wenn angekündigt wird, dass im RBB künftig ein Chris Guse von einer Kreuzberger Dachterrasse aus das Weltgeschehen kommentieren will, macht das erst mal neugierig. Wenn auf den Straßen unter ihm das Leben der Hauptstadt pulsiert und er über Gott und die Welt schwadroniert, vielleicht auch noch mit Berliner Schnauze, könnte es unterhaltsam werden. Doch vom ach so hippen und lebendigen Berlin kriegt der Zuschauer in "Guse Berlin" leider überhaupt nichts mit.

TV Neue Late-Night-Show 'GuseBerlin' im RBB

Moderator Chris Guse in seiner neuen Late-Night-Show im RBB.

(Foto: dpa)

Angefangen beim Setting: Statt auf einer Dachterrasse sitzt Chris Guse, Radiomoderator beim Lokalsender Fritz, jung, mit Käppi, an einem Schreibtisch im TV-Studio, in dem künstliche Mauersteine im Hintergrund an eine Terrasse erinnern. Wäre ja nicht schlimm - wenn die Sendung sonst halten würde, was in der Ankündigung versprochen wird. Guse Berlin nennt sich zwar so, die Hauptstadt selbst spielt aber kaum eine Rolle. Geschweige denn besagte Terrasse. Beide sind nur Guses Basis, von der aus er über die Welt erzählt, die er kennt.

Guse soll laut RBB immer da sein, "wo er nicht sein sollte". Leider ist das wohl nicht Berlin. Statt sich in der Hauptstadt umzuhören, lässt er sich in einen TV-Ausschnitt montieren, in dem Barack Obama "Sweet Home Chicago" singt, und tut so, als habe er dem US-Präsidenten den Song selbst ins Ohr geflüstert. Fiel den Machern nichts Originelleres ein? Nein. Und genau darauf basiert das Konzept dieser Internet-Satire.

"Jeder, der heutzutage etwas auf sich hält, macht eine Talkshow - so auch wir", kündigt Chris Guse selbstironisch zu Beginn der ersten Folge an, um sich gleich darauf auf Thomas Gottschalk zu berufen, der mit seinem Talkshow-Experiment im Ersten grandios scheiterte. Gefundenes Fressen für Guse. In einem Einspieler erklärt ihm Produzentin Su, dass er unbedingt Facebook und Twitter bedienen müsse - wie Gottschalk. Und als ein Studiogast an seinem Schreibtisch Platz nimmt, hat Guse so gar keine Ahnung, wen er da vor sicht hat ("Su, wer ist das?" - "Keine Ahnung"). Lustig? Na ja.

Erst Tatortreiniger, dann Kurt Krömer - und nun Guse?

Der RBB sieht in Guse Berlin aber offenbar Potenzial - deshalb hat er die Sendung aus dem Internet ins Fernsehen gehievt. Mit einer Programmreform will der Sender vor allem jüngere Zuschauer gewinnen, dabei aber das Lokalkolorit nicht verlieren. Das findet sich bei "Guse Berlin" aber neben dem Titel allenfalls in der Dialektfärbung des Moderators. Und bei allem Respekt: Diese Sendung dürfte auch ein gelegentliches "Wat?" nicht mehr retten.

Immerhin beweist der RBB Mut, ein Format aus dem sonst bei Fernsehmachern eher verpönten Internet ins Programm zu nehmen. Wie der Tatortreiniger vom NDR oder die Kurt Krömer Show des RBB könnte eine erfolgreiche Satiresendung des RBB auch irgendwann im Ersten laufen. Guse Berlin jedoch dürfte diese Zukunft wohl erspart bleiben. Dem Zuschauer auch.

So frech Guses Hauptstadt-Schnauze auch sein mag - er tut wohl besser daran, weiterhin seine Fangemeinde im Netz zu bespaßen als das TV-Publikum. Und vielleicht kommt er ja noch drauf, wo er sich qua Sendungstitel eigentlich befindet. In Berlin. Wegen des Lokalkolorits.

Wenn nicht, könnte Guse schon bald das widerfahren, was er sich selbst in der Sendung schon spaßeshalber prophezeit hat: "Vielleicht haben wir uns mit unserer Show totgelaufen."

"Guse Berlin", Donnerstag, 16.08., um 22:45 Uhr im RBB

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