Netz:Das Ende der Gratiskultur

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In den USA schon seit Gründung 2008 Synonym für nicht-lineares Fernsehen: das Videoportal Hulu. (Foto: Hulu)

Einst galt Youtube als Bedrohung. Nun verlangt auch die Videoplattform Hulu Geld vom Kunden.

Von Bernd Graff

In den USA wollen die TV-Dinosaurier sich hübsch für die Zukunft machen. Sie sind immer noch groß, immer noch mächtig - aber sind sie auch fit für das Digitalzeitalter? Die Rede ist von Hulu, einem Video-On-Demand-Service, der von einem Konsortium aus Walt Disney, 21st Century Fox, Comcast und neuerdings auch Time Warner betrieben wird. Mit 583 Millionen Dollar hat sich der Medienkonzern eine zehnprozentige Beteiligung gesichert.

Hulu ging 2008 ins Netz und bot digital die TV-Serien in einem Gratis- und einem Abo-Modell an, welche seine Eigentümer bis dahin nur im analogen Fernsehen gezeigt hatten. Das werbefinanzierte Kostenlos-Angebot war in den USA nur mit dem PC zu sehen, das kostenpflichtige per App auch auf Mobilgeräten. Zudem war es umfangreicher. Hulu gibt es in dieser ursprünglichen Form seit einigen Tagen nicht mehr. Es stellt den freien Seriendienst nach acht Jahren ein und bietet künftig verschiedene Abo-Angebote, die je nach Gebühr Werbung zeigen oder nicht.

Am Anfang galt Youtube als Bedrohung. Nun will Hulu sich an Netflix orientieren

Da ist also ziemlich Bewegung ins amerikanische Bewegtbildgeschäft gekommen, die der Senior Vice President von Hulu, Ben Smith, wie folgt kommentierte: "Wir wollten über all die Jahre einen Abo-Dienst aufbauen, der unseren Nutzern die bestmögliche Erfahrung bietet. Während wir unser Angebot mit eigenen Serien, exklusiven Zukäufen und Kinofilmen immer weiter ausbauten, wurde der frei zugängliche Service immer limitierter, bis er nicht mehr zur Strategie von Hulu passte." Nun also will die mächtige Senderallianz, die mit analogen Medien so mächtig wurde, zu einer unmittelbaren Onlinekonkurrenz von Amazon Prime und Netflix werden, den Platzhirschen unter den Videostreamingdiensten, und hofft, sich damit nicht selber (und den eigenen TV-Werbekunden) in die analoge Quere zu kommen. Die rasante Bewegung im US-Fernsehmarkt ist verwirrend. Sie steht jedoch für eine wohl unumkehrbare Entwicklung.

Als Hulu startete, schien Youtube die große Bedrohung für die klassischen TV-Sender und ihre Programme zu werden, also versuchten die gefährdeten Giganten, die Gefahr der Youtube-Gewitter zu bannen, indem sie selbst ihr Wetter machten, sprich: ihre Inhalte in ansprechender Qualität und verlässlich selber als kostenlosen Online-Content anboten. Doch mit dem Aufkommen und dem wachsenden Erfolg der Streamingdienste wurde auch klar, dass neben dem Kostenlos-Riesen Youtube noch geldwerte Abo-Geschäfte möglich sind - wenn man denn in exklusive Inhalte investiert. Also baute Hulu sich bis zur Unkenntlichkeit, ja bis zum Verschwinden des ursprünglichen Modells in Richtung Kostenpflichtigkeit um. Wenn man böswillig ist, kann man die Aussagen von Ben Smith als Eingeständnis des Scheiterns von Free-TV im Netz deuten. Wenn man genauer hinschaut, dann passt das "alte Hulu" deswegen nicht mehr zur neuen Konsortiums-Strategie, weil die Sender nun darauf vertrauen, ihre guten Inhalte im Netz nicht mehr verschenken zu müssen. Kunden kaufen jetzt auch und endlich Digitalware. Hulu selbst hat diese Entwicklung vorangetrieben.

© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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