Nannen-Preise:Ein Abend im Scheinwerferlicht

Medienauszeichnung Nannen-Preis

Ladies in Red: Amrai Coen und Tanja Stelzer wurden für ihr Zeit-Dossier "Brüssel, 22. März 2016" mit dem Henri-Nannen-Preis für die beste Reportage geehrt.

(Foto: Georg Wendt/dpa)

Pressefreiheit und Teamarbeit: In Hamburg verleiht der Verlag Gruner + Jahr seine Journalistenpreise.

Von Claudia Tieschky

Journalisten sind berufsbedingt nicht gerade Experten für schöne Momente, so drückte es an diesem Abend die Moderatorin Caren Miosga aus. Außer bei Festen wie der Verleihung des nach dem Stern-Gründer benannten Nannen-Preises, wenn die besten Autoren und Stücke glänzen. Aber dieses Jahr war düster.

Man erlebte am Donnerstag im Hamburger Curio-Haus eine politisch aufgeladene Preisverleihung des Hauses Gruner + Jahr. Es ging nicht nur um Fake News, Donald Trump und den Vitalitätsschub, mit dem Amerikas Presse darauf reagiert. In der Türkei sitzen an die 150 Journalisten im Gefängnis, darunter der Welt-Korrespondent Deniz Yücel. Nicht nur für ihn müsse man sich einsetzen, sondern für alle, verlangte Stern-Chefredakteur Christian Krug. Die Istanbuler TV-Journalistin Banu Güven, geehrt mit einem Sonderpreis für ihren Einsatz für Pressefreiheit in der Türkei, zeigte ein Foto vor. Darauf winken Kollegen für die Gefangenen in die Kamera, einige Zeitungen druckten das. "Wir wünschen euch Freiheit zum neuen Jahr" stand da, am nächsten Tag kam die nächste Verhaftung. Banu Güven will weiterarbeiten. Der Satz aus der Rede von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, Pressefreiheit sei "kein Accessoire, kein Luxus, den man sich leisten kann, wenn die Zeiten gut sind", hat für sie natürlich konkretere Bedeutung als für die meisten im Saal.

Die SZ wurde für die Recherchen zu den Panama Papers geehrt

Schön war es aber dann doch, als vor der Preisvergabe alle Nominierten im Publikum Scheinwerferlicht bekamen. Auffällig viele junge Journalisten, auffällig viele Teams. Damit ist schon die Besonderheit der Nannen-Preise 2017 benannt.

Das größte Team fand sich zur Auswertung der Panama Papers zusammen: 400 Journalisten aus 80 Ländern und 2,6 Terabyte Daten, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt worden waren. Die Recherchen, für die kürzlich das Journalistenkonsortium ICIJ einen Pulitzerpreis erhielt, führten weltweit zu Rücktritten und Ermittlungen. In Hamburg bekamen nun Bastian Obermayer, Frederik Obermaier, Vanessa Wormer, Katrin Langhans, Mauritius Much und Hannes Munzinger von der SZ den Preis in der Kategorie Investigative Recherche. Den Egon-Erwin-Kisch-Preis, die Auszeichnung für die beste Reportage, erhielten Amrai Coen und Tanja Stelzer von der Zeit für "Brüssel, 22. März 2016" - beeindruckende Porträts von Terroropfern. Für die beste Dokumentation wurde Nicola Meier, ebenfalls Zeit, geehrt. Die Fotografin Bieke Depoorter fragte Menschen in Ägypten "Dürfen wir bei Ihnen schlafen?" (Geo, Beste Reportage-Fotografie), Jean-François Bouchard porträtierte transsexuelle Soldaten ("Jody war eine Frau"/Stern, Inszenierte Fotografie).

Das beste Webprojekt stammt von 16 jungen Journalisten der Axel-Springer-Akademie. "Sachor jetzt!" erklärt Jugendlichen den Holocaust - über Snapchat. Auf der Plattform verschwinden Geschichten nach 24 Stunden. Journalismus eben, Arbeit vom Tage, aber in einer frappierend neuen Form.

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