Nachruf:Die Genie-Mutter

Nachruf: Jutta Stössinger leitete lange das Ressort "Moderne Zeiten" der FR und machte dort viele junge Autoren bekannt. Später schrieb sie literarische Reiseführer.

Jutta Stössinger leitete lange das Ressort "Moderne Zeiten" der FR und machte dort viele junge Autoren bekannt. Später schrieb sie literarische Reiseführer.

(Foto: Georg Kumpfmüller)

Die Journalistin Jutta Stössinger machte viele junge Autoren bekannt. Sie ist im Alter von 73 Jahren verstorben.

Von Willi Winkler

Wann genau das literarische Feuilleton verschwunden ist, lässt sich nicht mehr feststellen: Ein Datum könnte der Herbst 2002 gewesen sein, als Jutta Stössinger, den neuen Zeiten und also dem Spardiktat gehorchend, die Frankfurter Rundschau verließ und in die Toskana umzog. Mehr als zwanzig Jahre lang hatte sie die Seite "Moderne Zeiten" geleitet, die zuletzt "Transit" hieß und auf der Journalismus wie Literatur auftrumpfen durfte. Das linke Frankfurt sortierte sich seinerzeit entweder bei den Schreihälsen um Joschka Fischer oder bei Eckhard Henscheid in Titanic-Nähe. Jutta Stössinger hatte bei der Zeitschrift Pardon gelernt und tendierte schon deshalb zur Kunst. Dass sie selber den Theodor-Wolff-Preis für eine Sozialreportage erhalten hatte, hinderte sie nicht, in der FR Woche für Woche Platz für versponnene Autoren zu schaffen, die später eifrig bepreist wurden. Jamal Tuschick schrieb da und Gerhard Henschel und Susanne Fischer. Ohne sie und Frau Stössinger hätte man nie etwas übers Hamburger Nachtleben inkl. Diedrich Diederichsen (schon damals unverständlich) und Joachim Lottmann erfahren. Es war eine verwunschene Seite - Reiner Zufall (wie ein Autor hieß), harte Arbeit, also reines Feuilleton. Vorigen Sonntag ist die Genie-Mutter Jutta Stössinger mit 73 Jahren gestorben.

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