Nachlese zum Münchner "Polizeiruf 110":Großartig farblos

Münchner Polizeiruf 110 "Morgengrauen"

Matthias Brandt (l.) und Axel Milberg im Polizeiruf 110 "Morgengrauen"

(Foto: BR/Erika Hauri)

Sie wollen mitreden über den "Polizeiruf 110"? Hier erfahren Sie, warum Kommissar von Meuffels Romantisches stammelt, und wie sich Gaststar Axel Milberg als Gefängnispsychologe macht. Die Nachlese zu "Morgengrauen" - mit den besten Zuschauerkommentaren.

Von Matthias Kohlmaier

Darum geht's:

Matthias Brandt ist in seiner Rolle als Hauptkommissar Hanns von Meuffels in "Morgengrauen" in teils verhörender, teils romantischer Mission unterwegs. Im Gefängnis soll er einen vermeintlichen Mörder dazu bringen, die Wahrheit zu sagen. Dabei begegnet er der Abteilungsleiterin Karen Wagner (Sandra Hüller), mit der er eine nicht eben unkomplizierte Romanze beginnt. Aber warum ist die Suizidrate in dem Gefängnis, für das von Meuffels' Geliebte verantwortlich ist, so hoch? Und was haben der gewalttätige Polizist Marcel Oberpriller und der Gefängsnispsychologe Max Steiner mit den Geschehnissen zu tun?

Lesen Sie hier ein Porträt der Hauptdarstellerin Sandra Hüller von SZ-Autorin Katharina Riehl:

Bezeichnender Dialog:

Von Meuffels hat gerade einen jugendlichen Mörder verhört. Mit Oberpriller, der bei der Festnahme dabei war (und österreichischen Dialekt spricht), versucht er im Nachhinein eine Frage zu klären.

Von Meuffels: "Herr Oberpriller, wer hat denn dem Scharl nach der Verhaftung ins Gesicht geschlagen?"

Oberpriller: " Ja, wer wohl?"

Von Meuffels: "Der hat Blut an der Nase. Deswegen wollten Sie mir vorhin sein Gesicht nicht vergrößern, weil ihm vor der Verhaftung noch nichts gefehlt hat. Haben Sie gedacht, er gesteht?"

Oberpriller: "Der war in seiner Area. Und ich würd was drum geben, wenn ich nochmal reinhauen könnt, in dieses Watschngsicht. Dieses Stück Scheiße."

Von Meuffels: "Wenn Sie zuschlagen, dann spielen Sie nach seinen Regeln, nicht nach unseren."

Oberpriller: "Ja, is ja gut. (packt von Meuffels am Arm) Ich geb einen aus."

Von Meuffels (reißt sich los): "Ich bin besonders humorlos, was Gewalt betrifft. Wollen Sie wissen, was das heißt? Dann machen Sie das nochmal."

Oberpriller (zum weggehenden von Meuffels): "Was is denn los?"

Die beste Szene:

Matthias Brandt spielt Hanns von Meuffels für gewöhnlich auch in leisen Momenten mit viel Wucht und Eindringlichkeit, in "Morgengrauen" aber kommt der Hauptkommissar doch extrem ruhig daher. Selten hebt er die Stimme, stammelt besonders im Zusammenspiel mit Sandra Hüller halbfertig Romantisches. Umso spektakulärer, wenn von Meuffels im Verhör mehrerer junger Strafgefangener plötzlich den Tisch beiseite fegt - und nur Sekunden später fast desinteressiert flüstert: "Ich kann Sie jetzt besser sehen."

Die besten Zuschauerkommentare:

Top:

Dass bekannte deutsche Schauspieler Gastauftritte in Tatort und Polizeiruf 110 absolvieren, ist nichts Neues: Til Schweiger war x-mal im Tatort zu sehen, bevor er Kommissar wurde, vor der Sommerpause durften die Kölner Kommissare Ballauf und Schenk Co-Star Ben Becker begrüßen. Insofern ist die Verpflichtung von Axel Milberg für den Münchner Polizeiruf nicht herausragend - wenn er den Gefängnispsychologen Max Steiner nicht mit so einer großartigen Farblosigkeit spielen würde. Wie vielschichtig Milberg ist, zeigt er am Ende des Films, wenn sein zuvor naiv-trotteliger Steiner voller Zynismus sagt: "Ein Hoch auf unsere Vergewaltiger und Mörder, stecken wir ihnen Bildung und Freizeit in den Arsch, freuen wir uns, dass sie schöne Jobs kriegen."

Flop:

Die harten Schnitte, mit akustischem Paukenschlag unterlegt, mit denen Regisseur und Autor Alexander Adolph "Morgengrauen" in szenische Häppchen aufteilt, sind ein feines Stilmittel. Jedoch sind sie auch ein Stilmittel, das nach dem gefühlt zwanzigsten Einsatz massiv an Reiz und Aussagekraft verliert.

Die Schlusspointe:

Am Ende dieser Geschichte bleiben von den vier Hauptpersonen drei genau das, was sie auch zu Beginn waren - eine allein, ein anderer ebenso, und der Dritte ein selbstgerechtes Arschloch. Einzig derjenige, der Schuld auf sich geladen hat, zieht in einem vorhersehbaren Finale sehr persönliche Konsequenzen. Eines überrascht in der Schlusseinstellung dennoch: mit wem Hauptkommissar von Meuffels auf der Couch landet.

Die Erkenntnis:

Auch ein mittelmäßiger Münchner Polizeiruf ist besser als das Gros der restlichen ARD-Sonntagabend-Krimis.

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