Nachlese zum Hannover-"Tatort":Völlig losgelöst

Tatort: Spielverderber; Tatort Spielverderber Hannover NDR Furtwängler Lindholm

Und dann knistert es in "Spielverderber" auch noch zwischen Kommissarin Lindholm und Oberst Andreas Friedrichs.

(Foto: NDR/Frederic Batier)

Langweilige Handlung, eine verzweifelte Kommissarin und Special Effects zum Davonlaufen: Der Hannover-Tatort "Spielverderber" verdirbt tatsächlich jegliches Spiel.

Von Carolin Gasteiger

Darum geht es:

Eifersucht und Dreiecksbeziehungen im Fliegerhorst. Die Ehefrau eines Piloten der Luftwaffe wird in einem verlassenen Haus erschlagen aufgefunden. Lore Körner hatte seit der Trennung von ihrem Mann gleich mehrere Affären - und Jan Körner damit augenscheinlich das beste Motiv. Aber Kommissarin Lindholm tut sich mit den Ermittlungen schwer, da sie an allen Fronten gegen machthungrige Männer ankämpfen muss - was sie fast verzweifeln lässt.

Lesen Sie hier die Rezension von SZ-Tatort-Kritiker Holger Gertz:

Bezeichnender Dialog:

Über lange Zeit keifen sich Charlotte Lindholm und Oberst Andreas Friedrichs an. Sie muss im Fliegerhorst versuchen, einen Mord aufzuklären; er will sein Territorium verteidigen. Plötzlich legt sich aber bei beiden ein Schalter um - und sie hören nicht mehr auf zu strahlen. Anschließend werden, wie so oft in diesem Tatort, so wenig Worte wie möglich gewechselt.

Friedrichs: Küssen?

Lindholm: Ich wusste, dass das kommt.

Die besten Zuschauerkommentare:

Schlimmste Szene:

Nochmal Lindholm und der Oberst. Als es zwischen den beiden im Flugsimulator zu knistern beginnt (und sie nicht aufhören kann, wie ein verschämtes Mädchen zu kichern), möchte man vor Fremdschämen am liebsten die Augen schließen. Mal wieder ein Fall von "Verzweifelte Kommissarin sucht verzweifelt nach einem Fünkchen Geborgenheit".

Top:

Wenn Ihnen der Tatort bis hierhin nicht schon konstruiert genug wirkt - warten Sie das Ende ab. Als Jasmin Gerat alias Kristin Goebel aus der fliegenden Transportmaschine springt und von der Kommissarin (mit einer Hand!) an der Jacke (Hallo Fliehkraft?!) festgehalten wird, um dann doch, ähnlich einem toten Pharao, kerzengerade in die Tiefe zu stürzen. Mit diesen schrägen Computereffekten wirkt die Szenerie fast wie "Hotshots 2". Es hätte nur noch gefehlt, dass nicht "Somewhere Over the Rainbow", sondern "Völlig losgelöst ..." im Hintergrund läuft.

Flop:

Der Lindholm-Fall wurde kurzfristig für Til Schweigers Terror-Tatort eingewechselt. Würde man es nicht besser wissen, könnte man meinen, er wäre auch als Notlösung in aller Eile gedreht worden. Und warum dient eigentlich der Fliegerhorst als Schauplatz? Als würden die Macher mit großen Flugzeugen die belanglose Story vertuschen wollen.

Bester Auftritt:

Wenn schon eine Leiche, dann blutig. So dürfte sich Kai Diekmann seinen Tatort-Gastauftritt vorgestellt haben. Und so liegt der Noch-Bild-Chefredakteur mit offenen Gedärmen in der Gerichtsmedizin. Schön ironisch der Kommentar des Pathologen: "Bei dem ist richtig was schiefgelaufen."

Die Erkenntnis:

"Warum sieht eigentlich keiner, dass ich mir hier den Arsch aufreiße, dass ich mein Bestes gebe?", fleht Lindholm mit Tränen in den Augen. Gute Frage. Fast möchte man den Machern selbst den Titel des Falles zurufen: "Spielverderber"! Den Sonntagabend hätte man anders sinnvoller verbringen können.

Die Schlusspointe:

Als Kristin Goebel im Transportflieger aufsteht, um sich scheinbar zu verabschieden und beim Zuschauer innerlich schon alle Alarmglocken läuten, hängt die Kommissarin im Anschnallgurt fest. So viel Versagen hat Charlotte Lindholm nicht verdient.

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