Murdoch gegen "New York Times":Der größte Zeitungskrieg der Welt

Medientycoon Murdoch setzt der ehrwürdigen New York Times zu - mit einem neuen Lokalteil des Wall Street Journal.

Hans-Jürgen Jakobs

Zeitungskriege sind die Spezialität des Mister Rupert Murdoch, 79. So, wie er es der Welt vor 16 Jahren vorgeführt hat, als seine Times in London die Rivalen mit Niedrigpreisen angriff. So, wie es in Australien zur unbestrittenen Nummer eins der Presse gebracht hat. Nun hat sich der internationale Medientycoon eine noch größere Metropole für das nächste Scharmützel ausgesucht.

Rupert Murdoch, Foto: Reuters

Presse-Tycoon Murdoch: Attacke in New York.

(Foto: Foto: Reuters)

In seiner Heimatstadt New York, in die der gebürtige Australier vor einigen Jahren umzog, will er es dem verhassten liberalen Platzhirsch zeigen. Jenem Blatt, das überall in den Burroughs gelesen wird, in Manhattan, Queens, Brooklyn und der Bronx. Murdoch hat es auf die wirtschaftlich schwächelnde New York Times abgesehen.

Welcher Typ Mann hat Erfolg?

Von diesem Montag an bringt der knorrig konservative Verleger, der mit seinem Fox-Netzwerk auch im US-Fernsehen eine Größe ist, sein Wall Street Journal mit einer eigenen Lokalausgabe für New York unter die Leute. Das Monats-Abo kostet für New Yorker nur zehn Dollar (statt üblicherweise 30 Dollar), das ist weitaus weniger als die Times mit 40 Dollar verlangt.

Robert Thomson ist Australier, was ihm bei seinem Arbeitgeber Murdoch besonderen Kredit gibt. Der Wirtschaftsjournalist, der einst bei der Financial Times arbeitete, führt gewissermaßen als Erster Offizier die Attacke auf den liberalen Gegner von der New York Times. Schon vor einigen Monaten gab er zum Besten, die große Metropolen-Zeitung sei angreifbar, weil sie Arthur Ochs Sulzberger jr., 58, als Verleger habe. Der muss sich mit gierigen Investoren und Finanziers von der Wall Street auseinandersetzen, denen die kargen Geschäftszahlen nicht genügen.

Neulich ließ der Chefredakteur des Wall Street Journal in seinem Blatt im Wochenend-Teil groß fragen, welcher Typ Mann Erfolg habe, und es kam heraus: der weiblich aussehende. Das Ganze wurde illustriert mit einem Gesicht, dessen untere Partie stark an Sulzberger jr. erinnerte, den Eigner der New York Times.

"Evolution" im Journal

Da rätselte die Medienwelt von New York, ob Murdoch damit sagen wolle, der Presse-Dynast (The Pinch) sei zu soft, zu weiblich für den anstehenden Zeitungskrieg. Sulzberger verlangte eine Klarstellung, doch dazu kam es nicht.

Vor kurzem dann begegneten sich Thomson und Sulzberger bei einem Dinner, das der Werbemagnat Martin Sorrell (WPP-Gruppe) gab. Die Kontrahenten brachten es in diesem privaten Kreis immerhin zu einigen Minuten höflichen Small Talk. Thomson soll dabei gesagt haben, mit der Illustration sei nicht der New-York-Times-Verleger gemeint gewesen.

Für Murdoch-Mann Thomson ist die neue Medienwelt klar: Die New Yorker sollen doch bitteschön ihr Abo der Times kündigen, deren Texte dann - kostenlos - online konsumieren und gegen ein kleines Entgelt das Wall Street Journal in der erweiterten Lokalausgabe lesen. Auch online sind die Texte in Murdochs Welt nur gegen Bezahlung zu lesen. Dann hätten die New Yorker, so Thomson, das beste aus allen Welten.

Verluste sind wahrscheinlich

Die freche Attacke lässt sich Kriegsherr Murdoch einiges kosten. Vor 28 Monaten hat er der Bancroft-Familie das Wall Street Journal für mehr als fünf Milliarden Dollar abgekauft, nun soll es der New York Times endlich tiefe Wunden zufügen. Etliche Redakteure wurden für den neuen Lokalteil eingestellt, allein in der Sportredaktion sitzen fünf neue Lokaljournalisten. Es habe schon seit Längerem eine "Evolution" im Journal gegeben, sie sei längst nicht mehr eine hochspezialisierte Finanzzeitung, sagt Thomson - nur hätten die New Yorker davon eben wenig mitbekommen.

Mit dem neuen New-York-Teil soll sich das ändern. Dafür wird in der kommenden Woche kräftig geworben. Verluste sind erst einmal wahrscheinlich. Aber solche Situationen kennt Murdoch ja. In Deutschland beispielsweise machte sein Pay-TV-Unternehmen Sky im Jahr 2009 ein ungeheures Minus von weit über 600 Millionen Euro, aber die Idee, als König des Abo-TV den anderen den eigenen Willen aufzudrängen, wirkt weiter. In New York ist Murdoch schon mit der New York Post vertreten, die auch kräftig Verluste macht.

Aber, who cares? Es geht ja um Mehr, um Märkte, um Monopole. Und auch ein wenig um Politik. Schließlich ist Rupert Murdoch stolz darauf, im Fernsehen den Liberalen von CNN und MSNBC mit dem eigenen Fox News einen eigenen, rechtsorientierten Nachrichtensender entgegenzusetzen. Die Republikanerin Sarah Palin tritt hier auf.

Wer weiß, vielleicht erklärt sie bald den New Yorkern die rechte Politik.

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