Moderator Steffen Hallaschka im Gespräch:"Außer Spinnen könnt Ihr alles auf mich loslassen"

Ein großes Erbe: Steffen Hallaschka übernimmt "Stern TV". Vor seiner Premiere sinniert er über Vorgänger Günther Jauch, seinen Einsatz als Weihnachtsmann und Spinnen im Studio.

Antje Hildebrandt

Steffen Hallaschka, 39, beerbt Günther Jauch als Moderator von Stern TV - eine Herausforderung, die er gelassen angeht.

steffen hallaschka

Steffen Hallaschka übernimmt am 5. Januar 2011 die Moderation von "Stern TV". Sein Vorgänger heißt Günther Jauch.

(Foto: RTL/Stefan Gregorowius)

sueddeutsche.de: Herr Hallaschka, Sie sind 1,98 Meter groß - zehn Zentimeter größer als Günther Jauch. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Omen?

Steffen Hallaschka: Ich glaube, das ist gar kein Omen. Fernsehstudios sind ja zum Glück nicht maßgefertigt. Die vertragen den Längenunterschied.

sueddeutsche.de: Günther Jauch gilt als Deutschlands beliebtester TV-Moderator. Viele Zuschauer wünschen ihn sich sogar als Bundeskanzler. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie gefragt wurden, ob Sie die Moderation der Sendung nach über zwanzig Jahren übernehmen wollen?

Hallaschka: Mein erster Gedanke war: Jaaa, auf jeden Fall! Unbedingt! Es soll nicht überheblich klingen, aber das hat überhaupt nichts zu tun mit der Popularität von Herrn Jauch oder mit der Option, ob er eines Tages Bundeskanzler werden könnte. Es hat schlicht damit zu tun, dass dieses Format ein Geschenk für einen journalistischen Moderator ist - und ein Traum für mich.

sueddeutsche.de: Was macht die Sendung so attraktiv?

Hallaschka: Ich habe mich als Journalist immer um den Spagat zwischen Information und Unterhaltung bemüht. Das ist bei Stern TV par excellence gegeben. Es gibt weder thematisch eine Begrenzung noch bei den Gestaltungsformen der Sendung. Es gibt eigentlich kein Tabu in dieser Sendung. Alles ist möglich.

sueddeutsche.de: Die Quote ist relativ stabil. Funktioniert die Sendung deswegen so gut, weil RTL-Zuschauer anspruchslos sind - oder weil sie dem potenziellen Bundeskanzler Jauch blind vertrauen?

Hallaschka: Ich glaube, es funktioniert deshalb so gut, weil die Sendung so überraschend und vielfältig ist. Das hat mit mangelndem Anspruch nichts zu tun. Ich glaube, da gibt es auch kein hermetisch abzuriegelndes RTL-Publikum. Die meisten Leute zappen wie ich quer durch die Kanäle und bleiben da hängen, wo es spannend und bewegend wird.

sueddeutsche.de: Die Themen der letzten Ausgabe gingen durcheinander wie Kraut und Rüben. Es ging um die Suche nach der besten Weihnachtsgans, das Leben mit HIV und die Frage: Wie wird man Profi-Fußballer.

Hallaschka: Ihr Einwand entspringt dem journalistischen Bedürfnis, zu ordnen und zu strukturieren. Wenn man sich aber mal den Blick aus dem Fenster gestattet, dann ist das Leben nun mal so bunt wie bei Stern TV. Nach diesem Gesetz funktioniert auch eine gute Dramaturgie. Es ist ein Wechselbad der Farben, Formen und Stimmungen.

"Ich wäre schlecht beraten, die Rezeptur zu ändern"

sueddeutsche.de: Fällt es Ihnen schwer, auf Knopfdruck von einem Thema zum anderen umzuschalten?

Hallaschka: Nein, auch das gehört zum Fernsehen dazu. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es keine Scheu geben darf, die Farben und Stimmungen zu wechseln. Die Zuschauer können, wenn ein Thema gut abgeschlossen ist, sehr gut damit leben, dass man sie behutsam von einer Stimmung in die nächste begleitet.

sueddeutsche.de: Keine Angst, dass Sie sich mit der Sendung verheben?

Hallaschka: Nein, die Angst schwingt seltsamerweise überhaupt nicht mit. Warum soll ich darüber grübeln, ob mich die Zuschauer genauso in ihr Herz schließen, wie sie es mit Günther Jauch getan haben? Das würde mir nicht helfen. Hätte ich diese Herausforderung nicht angenommen, hätte ich mir wahrscheinlich noch lange Zeit Vorwürfe gemacht.

sueddeutsche.de: Können Sie so selbstbewusst auftreten, weil Sie Ihre Schäfchen vorher schon mit einer eigenen Produktionsfirma ins Trockene gebracht haben?

Hallaschka: Die Firma ist für mich eher eine Werkbank, auf der ich senderunabhängig neue Ideen austesten kann. Nein, ich bin Optimist, weil ich weiß, dass das Format so beliebt ist. Und dass der Erfolg von Stern TV nicht nur allein der Erfolg von Günther Jauch war, sondern auch der Erfolg einer ganzen, erfahrenen Mannschaft ist, die ja weiterhin an Bord bleibt.

sueddeutsche.de: Bleibt in der Sendung alles beim Alten, oder müssen Sie neue Akzente setzen, um sich nicht ständig dem Vergleich mit Ihrem Vorgänger aussetzen zu müssen?

Hallaschka: Für die Zuschauer wird es ungewöhnlich genug sein, dass sie am Mittwochabend ein neues Gesicht zu sich nach Hause einladen. Insofern wäre ich schlecht beraten, wenn ich auch noch mit der Ambition antreten würde, eine erfolgreiche Sendung von links auf rechts zu krempeln und die Rezeptur zu ändern.

sueddeutsche.de: Günther Jauch produziert die Sendung auch weiterhin. Werden Sie ihn um seinen Rat fragen?

Hallaschka: Auf jeden Fall. Ich bin natürlich auch neugierig auf das Feedback. Aber Günther Jauch macht auf mich nicht den Eindruck eines Produzenten, der in Bezug auf die Moderation von Stern TV nicht loslassen kann.

"Ganz ohne brodelnde Galle"

sueddeutsche.de: Sie haben schon viele verschiedene Sendungen moderiert. Wo liegt Ihre Stärke?

Hallaschka: Was mir Kollegen häufig sagen, ist, dass sie es klasse finden, wie ich mit Menschen umgehen kann. Dass ich im Fernsehen auf Menschen zugehe, wie ich es vielleicht auch ohne Kamera tun würde.

sueddeutsche.de: Ihr schlimmstes Interview-Erlebnis?

Hallaschka: Oh, da gibt es mehrere. Was mir sofort einfällt, ist die Begegnung mit dem SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel . Der war in der WDR-Sendung Kanzlerbungalow mal sehr sperrig, weil er nicht eingesehen hat, warum man ihn zusammen mit Angela Marquardt in eine Sendung gesteckt hat - einer Politikerin, die er, glaube ich, damals noch dem Kommunismus zuordnete, obwohl sie zu zum Zeitpunkt der Sendung schon parteilos war.

sueddeutsche.de: Wie retten Sie so eine vermurkste Situation?

Hallaschka: Ich habe über die Jahre gelernt, dass die Momente, in denen einem instinktiv das Herz in die Hose rutscht, für den Zuschauer eigentlich die wertvollsten sind. Da kommt Musik hinein. In solchen Situationen hilft eine große Gelassenheit. Wenn es sich bei dem Gast um einen Medienprofi handelt, kann man ihn auch mal konfrontativ angehen.

sueddeutsche.de: Bevor RTL Sie anwarb, durften Sie auf dem NDR-Talk-Karussell immer wieder als Aushilfe einspringen. Haben die Gremlins in der ARD Ihr Talent nicht erkannt, waren Sie zu gut - oder gab es etwa sogar Zoff hinter den Kulissen?

Hallaschka: Ihrer Frage entnehme ich den Hunger nach einer provokanten Antwort. Doch da muss ich Sie leider total enttäuschen: Ich habe mich einfach für dieses Once-In-A-Lifetime-Angebot entschieden, das mir Günther Jauchs Produktionsfirma i+u TV gemacht hat - ganz ohne brodelnde Galle. Das bedingt, dass ich mit meinem NDR-Engagement aufhöre. Es war aber keine Entscheidung gegen die ARD oder die Leute, mit denen ich gearbeitet habe.

sueddeutsche.de: Man hätte es Ihnen nicht verübeln können, wenn Sie wütend geworden wären - nachdem Sie schon einen Aushilfsjob nach dem anderen angenommen hatten.

Hallaschka: Ich bin erstmal ein geduldiger Mensch. Insofern bin ich froh, wenn ich tolle Sendungen machen kann - und sei es als Vertretung. Die Zufriedenheit über meine Angebote hat sich nie davon abgeleitet, ob drei, fünf oder acht Millionen Menschen zuschauen, sondern mehr davon, ob ich happy mit dem bin, was ich präsentieren kann.

"Alles außer Spinnen"

sueddeutsche.de: Gibt es für Ihre Art zu moderieren ein Vorbild?

Hallaschka: Es gibt ein paar Kollegen, die ich mir aufmerksamer angeschaut habe. Da gehört Günther Jauch dazu mit der Art und Weise, wie er unaufgeregt und auf Augenhöhe mit den Leuten spricht, egal, ob es Prominente oder weniger bekannte Leute sind. Ich finde es vorbildlich, wie er die Gratwanderung hinbekommt zwischen Information, Unterhaltung und Selbstironie. Ich fand aber auch Friedrich Küppersbusch brillant, weil er gezeigt hat, wie virtuos Moderation sein kann. Dass sie den Zuschauer auch fordern kann, mitzudenken.

sueddeutsche.de: Wer Sie als TV-Moderator des NDR-Verbrauchermagazins Markt kennt, erlebt einen Mann, der so nett ist, dass man ihn, wäre es der eigene Nachbar, fragen würde, ob er die Reptilien füttert, während man im Urlaub ist. Deckt sich das mit Ihrem Selbstbild?

Hallaschka: Also ich finde, netten Menschen per se eine Bitte auszuschlagen, ist immer eine Charakterprüfung. Ich bin tatsächlich auch schon bei meinen Nachbarn als Weihnachtsmann aufgetreten, was fast noch eine Klasse über Reptilien füttern rangiert.

sueddeutsche.de: Kommt das davon, wenn man in einem Lehrerhaushalt groß geworden ist?

Hallaschka: Kann sein, in solchen Haushalten gibt es eine ausgeprägte Diskussionskultur. Ständige Ermahnungen, auf andere zu achten und fair zu sein und ein gesundes Wertesystem auszubilden.

sueddeutsche.de: Nur nett sind andere Moderatoren auch. Was hebt Sie aus dieser Masse hervor?

Hallaschka: Ich finde, dieser Vorwurf ist albern. Einerseits wollen wir alle sympathische Moderatoren im Fernsehen erleben. Doch wenn sie wirklich sympathisch sind, wirft man ihnen vor, sie seien zu nett. Und wenn man wie Michel Friedman die Ellenbogen ausfährt und sich als sperriger Vertreter seiner Zunft aufführt, ist es vielen auch wieder nicht recht.

sueddeutsche.de: Wann haben Sie denn zuletzt Ihre Ellenbogen ausgefahren?

Hallaschka: Ich habe es zum Beispiel in der NDR-Talkshow mit Michael Graeter zu tun gehabt, einem Klatschreporter aus München. Bei ihm hatte ich den Eindruck, dass er dachte: Ach, das ist auch so ein Netter. Er war dann in der Sendung ein bisschen verdutzt, dass ich Barbara Schöneberger fragte, ob ich ihn gleich hinauswerfen soll, weil er sich despektierlich über sie geäußert hatte.

sueddeutsche.de: Günther Jauch hat sich mal für Stern TV von der Weltmeisterin im Sumoringen vermöbeln lassen. Wo liegt Ihre Schmerzgrenze?

sueddeutsche.de: Das wurde ich in der Redaktion von Stern TV auch schon gefragt. Ich habe ganz leichtsinnig gesagt: Außer Spinnen könnt Ihr, glaube ich, alles auf mich loslassen. Ob ich das einhalten kann, wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen.

Stern-TV am 5. Januar um 22.05 Uhr auf RTL (und eine Nachtkritik auf sueddeutsche.de/medien)

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