Michelle Hunziker im ZDF:Bestes Beiwerk

Die große Überraschungsshow; Michelle Hunziker

Michelle Hunziker moderiert im ZDF Die große Überraschungsshow.

(Foto: Frank W. Hempel / ZDF)

Bisher war sie im deutschen Fernsehen nur professioneller Sidekick, nun darf Michelle Hunziker im ZDF "Die große Überraschungsshow" solo moderieren. Warum dieses Engagement für die gebürtige Schweizerin längst überfällig war.

Von Matthias Kohlmaier

Was haben Carsten Spengemann, Thomas Gottschalk, Dieter Bohlen und Hape Kerkeling gemeinsam? (Hinweis: "Sie haben ihre beste Zeit hinter sich" ist nicht die korrekte Antwort.) Richtig, alle vier haben sich bereits mit Michelle Hunziker geschmückt. Von Deutschland sucht den Superstar über Wetten, dass..? und Das Supertalent bis zur Verleihung der Goldenen Kamera - überall durfte die 37-Jährige als Co-Moderatorin auftreten. Betonung auf "Co", denn in vorderster Moderationsfront standen bisher immer die Männer. Nun darf Hunziker erstmals eine Show im deutschen Fernsehen allein moderieren.

Die große Überraschungsshow heißt das Format, das am Mittwochabend im ZDF Premiere feiert, eine zweite Ausgabe ist bereits in Planung. Was den Inhalt betrifft, dürfte mit dem Titel alles gesagt sein. Menschen, die irgendetwas Besonderes geleistet haben, werden von anderen Menschen dafür belohnt - emotionale und tränenreiche Überraschungen inklusive. Oder anders: ein Mash-up aus Rudi Carrells Lass dich überraschen und Kai Pflaumes Nur die Liebe zählt.

Klingt nach wenig innovativem Wohlfühlfernsehen für die Wochenmitte, obschon die Moderatorin das qua Amtes anders sehen muss. "Die Sendung wird sehr emotional und hoffentlich auch für die Zuschauer unterhaltsam", sagt Hunziker. Wobei die Qualität des Formats ohnehin zweitrangig ist. Viel spannender ist der Auftritt Hunzikers, die sich in Deutschland bisher nur Meriten als professioneller Sidekick erworben hat. Dabei hat die gebürtige Schweizerin mit italienischem Pass alles, was ein öffentlich-rechtlicher Show-Moderator braucht - und mehr.

"Der schönste Po Italiens"

Angefangen hat alles mit einem Modeljob für die Dessousfirma Roberta Intimo, der Hunziker in der italienischen Presse Mitte der Neunzigerjahre das Prädikat "Der schönste Po Italiens" einbrachte. Diesem Karrieresprungbrett kann man gewiss kritisch gegenüberstehen, geholfen hat es auf jeden Fall. Es folgten Moderationen diverser italienischer TV-Shows, der Verleihung der Goldenen Kamera 1998 gemeinsam mit Thomas Gottschalk und die Auszeichnung mit dem italienischen Fernsehpreis sowie der Job beim RTL-Casting Deutschland sucht den Superstar im Jahr 2002.

In den letzten beiden Jahren der Gottschalk-Ära bei Wetten, dass..? hatte Hunziker von Oktober 2009 an schließlich die Gelegenheit, sich im Schatten des Show-Zampanos Bühnenpräsenz und Schlagfertigkeit anzueignen, beides Eigenschaften, die sich bei ihren diversen Jury-Engagements auf dem Platz neben Großmaul Bohlen ausgezeichnet nutzen ließen. Vor allen Dingen aber hat sie zweierlei, was sie von den vielen Kerners und Pilawas dieser ARD-und-ZDF-Welt abhebt: Humor und Glamour.

In der italienischen Satire-Show Striscia la Notizia parodierte sie im Jackett und den zur berühmten Raute geformten Fingern Bundeskanzlerin Angela Merkel und ließ sich von Komiker Ezio Greggio (als Ex-Ministerpräsident Enrico Letta) um Geld anschnorren. Und dann war da natürlich die wunderbar-kitschige Eröffnung der Verleihung der Goldenen Kamera im vergangenen Jahr, als Hunziker gemeinsam mit Hape Kerkeling "You're the first, the last, my everything" zum Besten gab.

Witz, Charme, Souveränität - gepaart mit der Fähigkeit, sich ordentlich zum Affen zu machen: Das waren die klassischen Fähigkeiten, die ein Show-Moderator und Entertainer irgendwann mal mitbringen musste (man denke zum Beispiel an Harald Juhnke oder besagten Rudi Carell). Und nun stellen Sie sich doch mal kurz Johannes B. Kerner vor, wie er eine Nummer von ABBA schmettert ... Nun gut, das mag wirklich etwas übertrieben sein, an der Grundthese ändert es indes nichts. Michelle Hunziker kann eine ganze Menge Dinge, die ihre etablierten Kollegen nie konnten oder gar nicht können wollen. Umso erstaunlicher, dass bei der Neubesetzung von Wetten, dass..? niemand ernsthaft erwogen hat, ihr den Laden zu überlassen. Aber was nicht wurde, könnte ja noch werden - falls ZDF-Intendant Thomas Bellut die Samstagabendshow zum Ende der laufenden Staffel nicht gänzlich einmotten sollte.

Hunziker wird es egal sein, sie hat auch so genug zu tun. Sie sei jederzeit offen für neue Ideen, sagt sie, Striscia la Notizia werde es aber in jedem Fall weiterhin geben. "Die Sendung mache ich jedes Jahr drei Monate lang täglich und wir sind gerade dabei, das Timing festzulegen. Außerdem entwickeln wir für Italien gerade neue Konzepte." Es wäre zu hoffen, dass Michelle Hunziker künftig auch im deutschen TV mehr Präsenz bekommt.

Dafür muss jedoch bei den Senderverantwortlichen erst ein Umdenken stattfinden - weg von den vielgesendeten (männlichen) Moderatoren à la Lanz, Pilawa und Kerner. Wobei, einen kleinen emanzipatorischen Schritt geht das ZDF mit Die große Überraschungsshow immerhin. Denn auch Hunziker bekommt einen Sidekick: Horst Lichter, bekannt als kochender Zwirbelbart, wird ihr assistieren.

Die große Überraschungsshow, ZDF, 20.15 Uhr

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