Medienpolitik:Privatsender gewinnen Machtpoker

WDR-Gesetz im Düsseldorfer Landtag verabschiedet: Der Sender muss seine Radio-Werbezeiten reduzieren. Erlaubt sind dagegen ausdrücklich Kooperationen mit Dritten.

Von Hans Hoff

Für die 45 Lokalradios in Nordrhein-Westfalen brechen nun goldene Zeiten an. Zu dem Schluss kann man zumindest kommen, wenn man den Worten glaubt, mit denen die Chefredakteure und Betreiber der 45 NRW-Lokalradios sowie die Verlage dahinter in den vergangenen Wochen für eine Beschränkung der Werbung im WDR-Hörfunk getrommelt haben. Sehr erfolgreich, denn ihr Klagen wurde erhört. Am Mittwoch hat der Landtag in Düsseldorf das neue WDR-Gesetz verabschiedet. Darin steht, dass Reklame im WDR-Radio von 2017 an nicht mehr auf drei Wellen und 90 Minuten pro Tag erlaubt ist, sondern nur noch 75 Minuten auf zwei Wellen. Von 2019 an darf dann nur noch auf einer Welle geworben werden und nur noch 60 Minuten.

Stets hatten die Lokalfunker betont, dass ihnen der WDR mit seiner Senderübermacht den finanziellen Saft abdrehe, dass ihre Stationen vor allem darben, weil der WDR alle Werbekunden zu sich locke. Das kann man glauben, muss man aber nicht. Sicherlich war der Werbestreit von NRW auch ein Machtkampf zwischen WDR und den privaten Verlagen.

Größter Verlierer in dem Machtpoker ist nun der WDR. Dessen Intendant Tom Buhrow hat den Abgeordneten vorher ebenfalls geschrieben, hat mit allen Fraktionen telefoniert, und lange sah es danach aus, als könne er sich durchsetzen. Bis zum Dienstag. Da tagten die Fraktionen der Mehrheitsparteien SPD und Grüne und schrieben kurzerhand ins Gesetz, was Buhrow nun Anlass zum Protest ist.

Intendant Tom Buhrow spricht von "schmerzhaften Einschnitten"

Prompt kündigte er Kürzungen im Hause an, wo das Sparen inzwischen ohnehin zu den Grundtugenden gehört. "Diese Einschnitte werden schmerzhaft sein. Deshalb werden wir sie auch sorgfältig und vertrauensvoll mit unseren Aufsichtsgremien beraten", so Buhrow. Wie hoch die Kürzungen ausfallen werden, um die anstehenden Verluste des WDR wettzumachen, ist weitgehend unklar. Das liegt vor allem daran, dass verschiedene Zahlen darüber kursieren, wie groß das Haushaltsloch am Ende sein wird. Von Millionenbeträgen im niedrigen zweistelligen Bereich ist die Rede.

Andere sagen, dass der Verlust keinesfalls so hoch ausfallen werde. Schließlich kann der WDR die Ausfälle noch bei den Gebührenrechnern von der Kommission KEF nachmelden, die das bei ihren Empfehlungen für Gebührensenkungen oder -erhöhungen berücksichtigen werden. Auch der ARD-Finanzausgleich und die gemeinsame Werbevermarktung mit Partnern spielen eine Rolle. Hochkomplizierte ARD-Arithmetik, schwer zu durchschauen.

Fast in den Hintergrund geraten ist, dass das neue WDR-Gesetz auch andere Neuerungen mit sich bringt. So wird der Rundfunkrat um neue gesellschaftliche Gruppenvertreter von 47 auf 60 Mitglieder vergrößert, um mehr Parteiferne zu praktizieren; an Verwaltungsratsmitglieder sollen künftig hohe Anforderungen gestellt werden, was die berufliche Qualifikation angeht. So soll verhindert werden, dass der Verwaltungsrat zur Versorgungsstation für ehemalige Rundfunkratsmitglieder wird, die sich zwar über die Jahre verdient gemacht haben, inhaltlich für das Gremium aber eigentlich ungeeignet sind.

Geregelt wird auch die Frage, mit welchen privaten Partnern der WDR künftig kooperieren darf. So erlaubt das Gesetz ausdrücklich die Zusammenarbeit mit Dritten, also Kooperationsmodelle wie sie etwa NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung praktizieren. Zudem wird die Zugriffsschwelle gesenkt, ab der Verträge der Zustimmung des Rundfunkrats bedürfen. Das soll verhindern, dass die Tochterfirma WDRmediagroup erneut an dem Gremien vorbei mit Stars wie Thomas Gottschalk Millionenverträge abschließt.

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