Medienkritik:Um den Mittelfinger gewickelt

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Schön, aber auch wahr? Die US-Sängerin Taylor Swift und der britische Schauspieler Tom Hiddleston lassen sich gerade überall beim Turteln fotografieren. (Foto: dpa)

Wird die Klatschpresse unfreiwilliger Hauptdarsteller im neuen Video von US-Star Taylor Swift?

Von Karoline Meta Beisel

Die Klatschpresse nährt sich vom Liebesleben der Stars, aber die Stars hängen auch am Tropf der Presse, weil sie umso mehr Konzertkarten verkaufen und - heute offenbar fast wichtiger - Instagram-Follower gewinnen, je mehr über sie berichtet wird. Eines der beliebtesten Objekte der Betrachtung ist derzeit die US-Popsängerin Taylor Swift. Zum einen, weil die 26-Jährige gerade irre erfolgreich ist - am Dienstag kürte sie das Forbes-Magazin zum bestverdienenden Promi der Welt. Zum anderen, weil sie sich wie andere 26-Jährige gelegentlich ver- oder entliebt. Seit Kurzem zeigt sie sich mit einem neuen Mann, nur wenige Tage nach dem Ende ihrer vorherigen Beziehung. "Ganz schön respektlos, sich so schnell so öffentlich zu einem anderen zu bekennen", schimpft eine anonyme Quelle in der Sun. Das britische Boulevardblatt machte die "geheime Romanze" mit "sensationellen Fotos" bekannt.

Der Verdacht, dass die Liebe zu dem britischen Schauspieler Tom Hiddleston ( The Avengers) vor allem geschäftlich motiviert sein könnte, stand schnell im Raum: Zu perfekt sahen schon diese ersten Fotos aus: Swift und Hiddleston, der als nächster James Bond gehandelt wird, kuschelnd auf einem Stein am Strand von Rhode Island, sie den Kopf an seiner Schulter, Hand in Hand am Strand spazierend, er leiht ihr seine Jacke. Taylor Swift, so die einhellige Meinung, würde sich sonst nicht so "abschießen" lassen - weiß sie doch, dass Paparazzi überall auf sie lauern.

Es gibt viele Indizien, die einen medienkritischen Stunt nahelegen

Dass eine Liebe nur gespielt sein könnte, auch darüber berichten die Klaschblogs gern, irgendwas muss ja drauf stehen auf all diesen Seiten. Jetzt aber sorgt eine Theorie unter dem hübschen Namen "die Hiddleswift-Verschwörung" im Netz für Aufregung - und die bunten Blätter werden leiser. Sind all die Gelegenheiten, bei denen sich Swift mit Hiddleston bereitwillig ablichten lässt, inszeniert, um aus den Bildern und Filmchen über diese Liebschaft ein Musikvideo zusammenzuschneiden - mit der geifernden Presse als Hauptdarsteller? Also nicht nur: Ich schmuse, damit ihr schreibt. Sondern: Ich schmuse, damit ihr schreibt, damit ich über euch singen kann?

Im Netz kursieren diverse Listen mit Indizien, die so einen medienkritischen Stunt nahelegen. Seit gut vier Wochen reist das Paar nun um die Welt - Städtetrip in Rom, ein Treffen mit ihren Eltern in Nashville und mit seinen in England, eine Party am vierten Juli in ihrem Strandhaus in Rhode Island, eine gemeinsame Reise nach Australien - stets hat dieselbe Bildagentur die besten Fotos zu verkaufen, als sitze deren Fotograf mit in Swifts Privatjet. Auf vielen der Bilder ist Swift ganz ähnlich gekleidet wie auf Bildern, die mit früheren Lebensgefährten aufgenommen wurden - als würde sie diese Szenen nachspielen. Auf einem der Strandfotos tollt Hiddleswift im Wasser herum, Hiddleston trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck "I love T.S." - ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen, nach so kurzer Zeit? Welcher James-Bond-Anwärter trägt ein T-Shirt, wenn er mit seiner Freundin baden geht? Und: Sind die zusammengetackerten Zettel, die ein Swift-Leibwächter in Rom in der Hand hält, ein Drehbuch? Auch das Timing könnte stimmen: Swift veröffentlicht alle zwei Jahre ein neues Album, demnach wäre im Herbst das nächste fällig.

Wenn an der Hiddleswift-Verschwörung etwas dran ist und in den kommenden Wochen also tatsächlich ein Musikvideo erscheint, in dem die Boulevardpresse der unfreiwillige Hauptdarsteller ist, wäre das eine Art medienkritischer Mittelfinger an all jene, die damit Geld verdienen, wenn anderswo eine Liebe zerbricht oder neu entflammt. Wenn nicht: Möge den beiden eine lange Liebe beschieden sein! Hiddleston und Swift schweigen übrigens zu dem Thema. Die Boulevardpresse stört das nicht - die Blätter können ja, wie das Heat-Magazin, anonyme Quellen zitieren: "Tom freut sich, wenn er auf ihren Instagram-Bildern zu sehen ist, und das findet Taylor erfrischend."

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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