MDR-Affäre weitet sich aus:"Höchst ungut"

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Im Skandal um den suspendierten MDR-Unterhaltungschef Udo Foht kommen täglich neue Verfehlungen ans Licht. Der Rundfunkrat schlägt Alarm und fordert eine Stellungnahme.

Christiane Kohl

Im Zusammenhang mit dem Skandal um den langjährigen MDR-Unterhaltungschef Udo Foht macht sich in den Aufsichtsgremien des Senders Unmut breit über die Informationspolitik von Intendant Udo Reiter. So würden praktisch täglich neue Einzelheiten über mögliche Verfehlungen des suspendierten Unterhaltungschefs bekannt, klagt etwa Grünen-Politiker Carsten Meyer, der Mitglied des Rundfunkrates ist. Indes sei das Gremium bisher mit keinem Wort über diesen "sehr gravierenden Fall" informiert worden. Foht soll in Briefen auf MDR-Papier Firmen und Privatpersonen gebeten haben, ihm Vorschüsse für Produktionen zu gewähren oder persönlich Geld zu leihen.

Unter Beschuss: MDR-Unterhaltungschef Udo Foth soll momentan abgetaucht sein. Warum er derart in Geldnot geriet, ist unklar. (Foto: dpa)

Intendant Reiter muss uns endlich informieren, und zwar schriftlich und zeitnah", verlangt Meyer. Der Linken-Abgeordnete Falk Neubert erklärt, es sei "höchst ungut, dass wir uns die Details Stück für Stück aus den Zeitungen zusammenreimen müssen". Reiter müsse aktiv werden und einen umfassenden Bericht abgeben, ähnlich wie bei der Kika-Affäre, die den MDR seit Ende 2010 beschäftigt. Bei hausinternen Untersuchungen, die im Zusammenhang mit dem Millionenbetrug bei dem Kindersender angestellt wurden, war auch Udo Foht ins Visier der Ermittler geraten. Eine Reihe von dubios wirkenden Briefen hatte auf Unregelmäßigkeiten hingedeutet.

Die Zeitung Die Welt berichtet von einem regelrechten "Schneeball-System", mit dem Foht sich jeweils an einer Stelle Geld geliehen habe, um es an anderer Stelle auszugeben oder zurückzuerstatten. Zu den Geldgebern sollen der Burda-Vorstand Philipp Welte und der Volksmusikproduzent Hans R. Beierlein gehören. Laut Welt wurden über die Berliner Firma Just for Fun einige Geldgeschäfte abgewickelt. Hinter der Adresse sollen sich der einstige MDR-Moderator Carsten Weidling sowie ein Immobilien-Manager verbergen. Weidling gilt als eine Art Ziehkind von Foht: Der Sohn der DDR-Fernsehgröße O. F. Weidling moderierte etwa die MDR-Unterhaltungsshow Riverboat. Weder von Weidling noch von Foht war eine Stellungnahme zu bekommen.

Aus dem Sender ist derweil Kurioses zu erfahren: Foht soll abgetaucht sein, offenbar ist er nicht mehr erreichbar. Seinen Termin für eine interne Anhörung, die für diesen Donnerstag angesetzt war, hat er bereits abgesagt. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen Foht. Unterdessen bestätigte der MDR, dass das Gehaltskonto des Unterhaltungschefs gepfändet war. Auch wurde Foht von der Creditreform als wenig kreditwürdig eingestuft - in die Risikoklasse fünf. Foht hatte offenbar finanzielle Probleme, dennoch ist beim MDR zu hören, dass dem Sender aus Fohts etwaigen Machenschaften womöglich gar kein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Warum der MDR-Unterhaltungschef, der sicher kein schlechtes Gehalt bezog, derart in Geldnöte geriet, ist noch völlig unklar.

© SZ vom 02.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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