"Maischberger" zum Islam:Alice Schwarzer bittet Murat Kayman in die Rededuell-Arena

MAISCHBERGER

"Mann, Muslim, Macho: Was hat das mit dem Islam zu tun?" Das war das Thema der gestrigen Maischberger-Sendung. Links im Bild Alice Schwarzer, rechts Murat Kayman

(Foto: WDR/Max Kohr)

Der Maischberger-Talk sollte sich mit dem Frauenbild im Islam auseinandersetzen. Doch die Feministin und ihr muslimischer Kontrahent keifen sich nur an.

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Allein das Thema ist heikel genug: Wie steht es um den Islam in Deutschland, wenn seit den Geschehnissen in der Silvesternacht von Köln junge, männliche Asylbewerber unter Generalverdacht stehen? Hat der Islam etwas mit Frauenverachtung zu tun? Und wie lässt sich die Radikalisierung von Muslimen verhindern?

In jeder Talkrunde, sie braucht noch nicht einmal besonders prominente Gäste, würden diese Fragen im besten Falle hitzige Debatten auslösen. Am Wochenende tauchte ein Video der Ereignisse auf der Kölner Domplatte auf, Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger wies vor dem Untersuchungsausschuss jeden Vorwurf der Vertuschung von sich.

Grund genug also für Sandra Maischberger, daraus eine Sendung zu stricken und mit einem gewohnt plakativen Titel zu versehen: Dieses Mal lautet er: "Mann, Muslim, Macho: Was hat das mit dem Islam zu tun?"

Aber das Thema ist an diesem Abend nicht die größte Herausforderung für Maischberger. Eher die Gäste, die bald so emotional diskutieren, dass sie jede sachliche Diskussion aus den Angeln heben. Namentlich Publizistin und Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer sowie Murat Kayman, Vertreter des türkisch-islamischen Dachverbandes Ditib. Die beiden verwandelten die Sendung bald zu ihrer persönlichen Rededuell-Arena. Jegliche Versuche von Grünen-Chefin Simone Peter oder dem ehemaligen ARD-Korrespondenten Samuel Schirmbeck, ihren Standpunkt klarzumachen, waren zum Scheitern verurteilt. Widerspruch zwecklos.

Weder Schwarzer, die soeben ein Buch über die Silvesternacht in Köln verfasst hat, noch Kayman hätte es an zumindest diskutierbaren Argumenten gefehlt. Allein, die Keiferei war zu verlockend.

Maischberger musste die beiden mühsam einbremsen, sonst wäre Dominic Musa Schmitz womöglich gar nicht zu Wort gekommen. Schmitz konvertierte mit 17 Jahren zum Islam und wurde bald radikaler Salafist. Eindrücklich schilderte Schmitz die Motive, die ihn in die Radikalität und später in die absolute Weltfremdheit getrieben haben: Orientierungslosigkeit, die Sehnsucht nach sexueller Erfüllung, aber auch nach einer Familie.

Ein ehemaliger Salafist bereichert die Runde

Wo Schwarzer, Kayman und die Grüne Peter leere Phrasen in die Runde warfen, wurde Schmitz konkret. Etwa, als er zugab, was der Koran für ihn zeitweise war: "Die extreme Ideologie wurde für mich zum Vaterersatz." Aber irgendwann habe er realisiert, dass er nur noch nach einem Dogma lebe und wandte sich vom Salafismus ab. Mit seiner unverstellten Art und seiner bewegenden Geschichte bereicherte Schmitz die Runde entscheidend, die ansonsten nicht auf weltbewegende Lösungsansätze im Umgang mit dem Islam kam.

Allerdings war Schmitz (abgesehen von Kayman, aber der widmete sich ja vorwiegend dem Ringkampf mit Schwarzer) der einzige Muslim unter den Gästen. Ein paar mehr wären gut gewesen, hätten sie doch aus ihrem Alltag berichten können. Und vielleicht auch davon, wie unkompliziert dieser sein kann. Dann hätten die Anwesenden vielleicht nicht so demonstrativ betonen müssen, dass sie in Nordafrika "so viele nette Muslime getroffen" (Schirmbeck) haben oder "die Mehrheit der Muslime in Deutschland liberal und aufgeschlossen" ist. Ach wirklich, Frau Schwarzer? Aber in einer Talkshow mit nur fünf Stühlen bleiben die lebensnahen Erfahrungen zugunsten von Experten-Fachsimpeleien oft auf der Strecke.

Was Mann, Muslim und Macho nun mit dem Islam zu tun haben? Die Sendung gibt darauf keine Antworten. Aber bei der Frage, wie die Radikalisierung des Islam verhindert werden könne, hat Schirmbeck eine überraschende Antwort. Statt eines Kopftuchverbots und deutscher Sprache in den Moscheen, wie von der CSU gefordert, wünscht sich der ARD-Journalist: "Islamkritik nicht mehr als islamophob zu bezeichnen." Auf diese Weise würde man nur Gruppierungen wie der AfD in die Karten spielen, nicht aber die Debatte voranbringen. Allerdings ist die an diesem Abend eh schon perdu.

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