Magazin: Nude Paper:Die nackte Nische

Mit einem Nacktmagazin der anderen Art wollen drei Hamburger eine Marktlücke füllen, ambitionierten Fotografen eine Bühne bieten - und sich selbst einen Gefallen tun.

Lena Jakat

Ein handschriftlich nummerierter Aufkleber hält das Magazin in der transparenten Plastikfolie. "Undress me!", steht drauf. Es gibt unangenehmere Aufgaben, als das 36 ungebundene Seiten starke Nude Paper zu entblättern.

Magazin: Nude Paper: Das "Nude Paper" will im umkäpften Nacktheftchen-Markt eine Nische besetzen - und gibt sich dafür ganz reduziert.

Das "Nude Paper" will im umkäpften Nacktheftchen-Markt eine Nische besetzen - und gibt sich dafür ganz reduziert.

Mit der üblichen UT-Ware - als Heftchen, die im Kiosk unter der Ladentheke vorgehalten werden - hat das Magazin nichts zu tun: Matt bedrucktes Papier statt Hochglanz, die Farben reduziert auf schwarzweiß, Nude Paper versteht sich als "fashion magazine for the underdressed and oversexed", und man kann als Käufer nicht sagen: Wow, da gibt's mal tolle Texte. Denn Text sucht man abseits der spärlichen Titel und auf den Tattoos eines Models fast vergeblich.

In der zweiten Ausgabe sind viele weichgezeichnete Frauenkörper zu finden. Manche Aufnahmen erinnern zwar sehr an Calvin-Klein-Kampagnen. Doch insgesamt bleibt das Heft angenehm undogmatisch. So fällt auch eine Fotostrecke unter der Regie von Christophe Brunquelle auf. Der langjährige Art Director des Modemagazins Purple zeigt krude Malerei auf hingeworfenen Leibern. Für viele ist das exzentrisch. Auf dem beigelegten Hochglanzposter ist die Collage von fotojournalistischen Recherchen in Tokios Sadomaso-Szene abgedruckt. Investigative Nacktheit vielleicht - kein schlechter Zug.

Liebhaber für Liebhaber

Nude Paper verzichtet auf Werbung und ist ein Liebhaberprodukt aus dem Eigenverlag der Macher: Das sind Hannes Deter (Herausgeber), Uwe Jens Bermeitinger (Art Director) und Hans-Christian Bussert (Editor). Die Auflage liegt bei etwa 1000 bis 2500 Stück, der Preis bei acht Euro. Das ist angesichts des Aufwandes, mit dem produziert wird, moderat. "Es soll kein Kommerzprodukt werden", sagt Herausgeber Deter.

Fotografen verzichten wohl auch deshalb auf Honorar. "Hier können sich alle ausleben und profilieren", sagt Art Director Bermeitinger. Ende Mai fand an der Bauhaus-Universität Weimar ein Workshop statt, dessen Ziel die Entwicklung einer Sonderausgabe von Nude Paper war. Nude-Redakteur Bussert stieß am letzten Workshop-Tag dazu.

Nude Paper besetzt jenseits vom Playboy-Genre eine neue ästhetische Nische. Verleger und Redaktion wählen dabei aber einen radikal anderen Ansatz als beispielsweise das auf Frauen ausgerichtete Erotikmagazin Alley Cat, das auch nicht wie Playgirl wirken und sein möchte. Das im Burda-Verlag bisher einmal erschienene Heft rührt altbackene Frauenthemen mit Hochglanzbildchen zusammen. Für die Frau, die das mag, ganz sicher das Größte.

Am ehesten würde sich Nude Paper zu den Jungs- und Giddyheften in eine Ecke stellen. Diese Magazine richten sich in gleichfalls geringer Auflage an den jeweils weiblichen und männlichen Teil des urbanen Indie-Publikums. Zum einjährigen Nude-Bestehen wurde angemessen in der Berliner Szenebar Tausend gefeiert, vis-à-vis fast vom Grill Royal, wo sich in Berlins Mitte wichtige Menschen zum Essen treffen und man sehr selten auch eine normale sehr schöne Frau unter 30 trifft. So eine Frau wäre dann Nude Paper.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: