Magazin "Dummy" und die FSK:Der Penis hat hier nichts zu suchen

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Das beanstandete Bild aus dem Magazin "Dummy" (Foto: Dummy)

Das Bild eines nackten Mannes und Fotos einiger anzüglicher Tätowierungen im Magazin "Dummy" haben ausgereicht, um die Freiwillige Selbstkontrolle im Pressevertrieb auf den Plan zu rufen. Wie es dazu kam, wirft Fragen auf.

Von Katharina Riehl

Es waren etwa zehn Studenten, die an diesem Dienstag mehrere Tausend Ausgaben des Berliner Gesellschaftsmagazins Dummy zerrissen und mehrere Tausend männliche Geschlechtsteile übermalten. Aus dem aktuellen Heft mussten die Seiten 93 und 95 entfernt und auf Seite 83 ein Penis geschwärzt werden. Exemplare, die eigentlich längst am Kiosk liegen sollten, wurden eingesammelt. Mit zwei Seiten weniger soll das Heft nun schnell in den Verkauf.

Das ist das vorläufige Ende einer Geschichte, die in der vergangenen Woche begann, und die zumindest Fragen aufwirft. Oliver Gehrs, Herausgeber des 2003 gegründeten Dummy, bekam folgendes mitgeteilt: Die Freiwillige Selbstkontrolle im Pressevertrieb habe empfohlen, das Heft Nummer 41 nicht zu vertreiben. Es sei jugendgefährdend. Beanstandet wurde das Foto eines Mannes, dessen Penis zu sehen ist, und Bilder von Tätowierungen, die nackte Frauen mit gespreizten Beinen zeigen. Würden diese Bilder entfernt, hieß es später, könne das Heft verkauft werden.

Ein paar süddeutsche Anwälte

Ein Magazin auf den Index setzen, also tatsächlich verbieten, dass es an Jugendliche verkauft wird, kann nur die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Wer also wissen will, was es mit der Freiwilligen Selbstkontrolle im Pressevertrieb auf sich hat, gerät auf eine Internetseite mit dem Namen DT-Control, die aussieht, als sei sie seit den 80er Jahren nicht mehr angefasst worden. Als Kontaktadresse findet man eine Münchner Anwaltskanzlei. Warum aber dürfen ein paar süddeutsche Anwälte entscheiden, welche Titel an deutschen Bahnhofskiosken verkauft werden?

Der Pressevertrieb ist über das sogenannte Grosso-System organisiert. Der Grossist steht zwischen den Verlagen und Einzelhändlern und soll sicherstellen, dass auch kleine Titel kleiner Verlage Chancen haben, am Kiosk gefunden zu werden. Kai-Christian Albrecht, Geschäftsführer beim Bundesverband Presse-Grosso, erklärt, DT-Control werde "von einer unabhängigen Fachkanzlei in München geführt". Die prüfe im Auftrag der deutschen Grossisten einschlägige Magazine auf jugendgefährdende Inhalte. "Die DT-Control spricht dann Empfehlungen aus, ob ein Magazin gegebenenfalls nur eingeschränkt vertrieben werden sollte." Rechtlich bindend seien die Empfehlungen nicht. Nach einer ziemlich mächtigen Kanzlei klingt es allerdings schon. Zensur sei das keine, sagt Albrecht, man wolle, "das Risiko für den Handel in geordnete Bahnen zu lenken". Nicht alle Händler sind im Fall Dummy der Empfehlung wohl gefolgt; aber viele eben doch.

Man hätte die Anwälte gerne gefragt, warum gemalte Nackte jugendgefährdender sind als eine Ausgabe der Praline oder des Spiegel, in dem aktuell eine nackte und ganz echte Frau zu sehen ist. Der zuständige Jurist war nicht zu erreichen. Das Heft ohne schwarzen Balken gibt es übrigens auch: im Internet.

© SZ vom 18.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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