Männer-TV versus Frauen-TV:"Um 20:15 Uhr hat der Mann keine Chance"

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Dmax-Senderchef Magnus Kastner und Sixx-Senderchefin Katja Hofem-Best im Gespräch.

Christina Maria Berr und Ruth Klaus

sueddeutsche.de: Herr Kastner, Sie haben Dmax mit Katja Hofem-Best zusammen geleitet. Nun hat sie in der Pro-Sieben-Sat-1-Gruppe den Frauen-Sender Sixx gestartet. Was ist besser: Wenn eine Frau einen Männersender leitet - oder wenn sie einen Frauenkanal führt?

Magnus Kastner: Ich glaube, es hat Dmax sehr gut getan, dass eine Frau beim Aufbau des Senders dabei war. Damit hat uns Katja vor vielen klischeehafen Fallen bewahrt.

Katja Hofem-Best: Die Erfahrung, einen kleinen Sender aufgebaut zu haben, hat mir sehr viel gebracht. Und daher konnte ich auch innerhalb von sechs Monaten einen Sender wie Sixx starten. Grundsätzlich glaube ich: Frauen haben eine bisschen emotionalere Gabe, sich in Menschen hineinzuversetzen. Daher fällt es ihnen vielleicht leichter, einen Männersender zu starten und sich in Männer hineinzuversetzen.

Kastner: Da möchte ich dir doch gerne widersprechen ...

sueddeutsche.de: Also müssen Sie nun auch einen Frauensender leiten.

Kastner: Das würde mir Spaß machen und ist nicht ganz realitätsfern: Im Pay-TV bereitet Discovery Networks den internationalen Rollout eines Frauensenders namens TLC vor. Dieser könnte 2011 auch in Deutschland starten. Dann habe ich auch einen Frauensender.

sueddeutsche.de: Wie ist der Start von Sixx gelaufen?

Hofem-Best: Der Start ist wahrlich geglückt. Wir sind sehr zufrieden mit der Zuschauerresonanz auf allen Ebenen.

sueddeutsche.de: Wie haben Sie denn den Start des weiblichen Senderpendants verfolgt?

Kastner: Ich wollte hin und 71 Rosen - für Seven One - von Dmax an Sixx übergeben: das hat leider nicht geklappt, das hätte zu viel Aufmerksamkeit auf Dmax gelenkt. Ich kann Sixx zu Hause leider nicht empfangen.

Hofem-Best: Das wundert mich aber, das du als Mann den Sender nicht einstellen kannst.

sueddeutsche.de: Beim Männersender Dmax sollen Frauen höchstens 30 Prozent im Publikum ausmachen. Könnten Sie sich beim Frauensender eine Maximalquote für männliche Zuschauer vorstellen?

Hofem-Best: Ja, 30 Prozent ist eine gute Quote. So ungefähr darf es bei uns auch sein. Aber am Ende ist nur wichtig ist, dass die weibliche Zielgruppe die dominante ist.

Kastner: Die weibliche Zielgruppe ist bei uns gerne die dominante - egal, wie viele Frauen zusehen. Selbst bei zwei Prozent hätten die Frauen das Sagen, zumindest was die Fernbedienung betrifft.

Dmax in Bildern
:Sender für Männer

Dmax ist der Männersender von Discovery Networks. Seine wichtigsten Sendungen: "Die Ludolfs", "Fang des Lebens" und "Der Checker".

Christina Maria Berr

sueddeutsche.de: Ein Paar sitzt abends vor dem Fernseher - was sollen die nun gucken? Dmax oder Sixx?

Dmax-Senderchef Magnus Kastner und Sixx-Chefin Katja Hofem-Best. (Foto: Alexander von Spreti / Holger Rauner / Sixx)

Kastner: Um 20:15 Uhr hat der Mann noch keine Chance. Danach sieht die Sache anders aus. Da geht die Frau gerne ins Bett. Ab 22 Uhr ist unsere Primetime, da darf der Mann an die Macht.

Hofem-Best: Kann schon sein, dass die berufstätige Karrierefrau oder Mutter dann ins Bett geht. Kann schon sein, dass die dann müde ist. Aber wenn nicht, freuen wir uns auch, wenn die Männer dazukommen und mit Sixx gucken.

sueddeutsche.de: Lassen sich Männer und Frauen gerne in Schubladen stecken?

Hofem-Best: Auf keinen Fall. Bei Frauen funktioniert das nicht. Ein "Wenn du das siehst, dann lernst du, wie du leben musst", mögen Frauen gar nicht. Deswegen war uns eine ironisch-leichte Ansprache sehr wichtig. Wir wollen zeigen: Hier kannst du Spaß haben und dich erholen. Deswegen haben wir den Sender auch von Fem TV in Sixx umbenannt. Fem kann man leicht mit Feminismus assoziieren - und den haben wir doch längst hinter uns gelassen ... Außerdem hätten wir die Männer kategorisch ausgeschlossen. Wenn ein Mann am Stammtisch sagt: Ich habe gestern Fem geguckt, das klingt nicht wirklich megacool.

sueddeutsche.de: Bei Sixx werden nicht Frauen, sondern "Mädels" angesprochen - und bei Dmax sind es dann die "Jungs"?

Kastner: Ja, quasi den Spieljungen. Frauen sind im deutschen Fernsehen eine stark umworbene Zielgruppe. Sie sind in der Regel länger vor dem Fernseher und treffen fast alle Kaufentscheidungen. Männer sind bislang immer mit Themen wie Fußball, Erotik und Action abgestempelt worden. Dem wollen wir neue Facetten hinzufügen. Dmax spricht das "Kind im Mann" an.

sueddeutsche.de: Ist es so, dass Frauen die Kaufentscheidungen treffen?

Hofem-Best: Sie haben meistens die Hoheit über den Geldbeutel - also, warum sollte man Männer bewerben?

Kastner: Genau deswegen sind Männer im Fernsehen aber völlig benachteiligt. Dabei sind sie die viel dankbarere Zielgruppe.

sueddeutsche.de: Inwiefern?

Kastner: Männer sagen, was sie denken und handeln auch danach.

sueddeutsche.de: Wenn Dmax den Spieljungen zeigt, worum geht es bei Sixx?

Hofem-Best: Es geht um Frauenfreundschaften - und die sind mit 19 genauso wie mit 90 Jahren. Wir wollen daher auch einen Freundinnentag ausrufen. Frauen tauschen sich aus, reden über alles. Männer erleben lieber gemeinsam. Hauptsache, sie müssen sich nicht über Gefühle unterhalten.

Kastner: Doch, die tauschen sich genauso aus. Da sind wir wieder bei diesem Klischee. Den Mann, den wir mit Dmax ansprechen, ist immer auch ein wenig Kind geblieben, das irgendwelchen Kram kaputtmacht und gerne Sachen ausprobiert. Das verbindet die Männer, egal ob Macho oder Softie, ob Vorstandssprecher oder Hartz-IV-Empfänger.

Sixx in Bildern
:Sender für Frauen

Sixx ist der neue Frauensender von Pro Sieben Sat 1. Seine wichtigsten Sendungen: "Oprah Winfrey", "Sex in the City" und "Windeln und Wellness".

sueddeutsche.de: Aber so ganz können Sie sich gegen Klischees nicht wehren. Die Dame, die bei Dmax Autos tunt, sieht aus wie dem Pirelli-Katalog entsprungen.

Hofem-Best: Och, aber es gibt durchaus heißere Frauen.

Kastner: Du hast sie ja damals gecastet. Das ist genau ein Beispiel, dass wir nicht jedes Klischee ausreizen.

sueddeutsche.de: Sixx arbeitet auch mit Klischees und wirbt mit einem gackernden Huhn.

Hofem-Best: Ein kleiner Sender muss auffallen. Die Kampagne muss höher angesetzt sein als die Realität. Es gab intern heftige Diskussionen über das Huhn, aber interessant war: Allen Frauen gefiel das Huhn, viele Männer fanden das doof. Das ist eben die Männer- und Frauendenke. Ich sag auch zu meinen Mädels: Lass uns einen Hühnerabend machen. Diese Selbstironie verstehen die Männer eben nicht. Sie nehmen das dann wieder viel zu persönlich und direkt. Wir Frauen denken ja auch gerne mal um die Ecke ...

sueddeutsche.de: Der Dmax-Spruch "Fernsehen für die tollsten Menschen: Männer" war einst auch reichlich provokativ. Legen Sie nun mit einer Männer-Kampagne nach? Mit einem eingebildeten Gockel als Leitmotiv vielleicht?

Kastner: In der Tat denken wir über einen neuen Werbespruch/Claim nach. Kleine Sender müssen auffallen.

sueddeutsche.de: Ihre Zuschauer sind jetzt nicht mehr die tollsten Menschen der Welt?

Kastner: Wir sind auf den Weg vom Ironischen und von diesem Spieljungen-Image weg mehr hin zum Helden, der jeder Mann ein wenig ist oder sein möchte. Wir haben immer größeren Erfolg mit internationalen Programmen unseres Mutterkonzerns Discovery. Und bei einer Dokumentation über Krabbenfischer und ihren lebensgefährlichen Job hat das weniger mit dem Spielkind zu tun, als vielmehr mit Heldentum oder Goldgräberrealität der Neuzeit. Ich bin der Meinung, Männer sind viel zu weichgespült. Ich würde eigentlich gerne zurück zu dem Mann, der die Tür aufhält und Frauen in den Mantel hilft, der trotzdem kein kompletter Idiot ist und sich die Brust nicht rasiert.

sueddeutsche.de: Und der nicht Sex in the City guckt.

Kastner: Ach, doch der Film ist grandios. Aber wer den Film braucht, um Frauen zu verstehen, der soll es lieber gleich lassen.

Hofem-Best: Oder Sixx gucken.

Kastner: Gilt umgekehrt übrigens auch.

sueddeutsche.de: Was würden Sie denn auf keinen Fall senden?

Kastner: Männerfernsehen auf Kosten von Frauen.

Hofem-Best: Bei uns sind es lediglich die klassische Motorsendungen und Sendungen, bei dem sich die Männer die Hände schmutzig machen.

sueddeutsche.de: Sixx ist momentan nur digital empfangbar - wollen Sie ins analoge Fernsehen kommen und Neun live ersetzen? Immerhin senden Sie ja schon vormittags das identische Programm.

Hofem-Best: Neun live werden wir nicht ersetzen. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass wir bis zum analogen Switch-off vielleicht doch noch im analogen Kanal verbreitet werden. Das hat den Vorteil, dass man sich in den vorderen Reihen positionieren kann.

sueddeutsche.de: Und wie ist das mit Dmax - sie sind ja vom reinen Pay-TV ins Pay- und Free-TV-Angebot umgeschwenkt. Können Sie sich analog überhaupt vorstellen?

Kastner: Analog ist kein Thema mehr. Alle Sender schalten im April 2012 ab. Dann muss man sich spätestens vom Denken "Internet und TV" verabschieden. Ich werde mir zwar den dusseligen Stefan Raab nicht anschauen ...

Hofem-Best: ... das dusselig verbitte ich mir!

Kastner: Er ist aber dusselig. Aber ich werde anfangen, mir mein Programm auszusuchen und darauf zugeschnittene Werbung bekommen. Es wird mehr targeted advertising geben als heute. Wir werden Werbung intelligenter machen müssen - und zielgruppengerichtet.

sueddeutsche.de: Der Konzern Pro Sieben Sat 1 ist ganz vorne dran, wenn es darum geht, Produktplatzierung zu testen. Wie sind die Pläne bei der Konzerntochter Sixx?

Hofem-Best: Genauso. Man muss heutzutage sehr intelligent mit Werbung umgehen. Sixx ist ein großer Spielplatz dafür.

sueddeutsche.de: Das heißt, Sie suchen demnächst Deutschlands bestes Strumpfmodel?

Hofem-Best: Wir arbeiten mit Hochdruck an neuen Formaten. Näheres kann ich aber zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht verraten.

Kastner: So etwas rentiert sich meiner Meinung nach für einen kleinen Sender wie Dmax nicht. Und wir sind ja ohnehin spezialisiert auf Dokumentationen. Wir werden auch künftig auf unsere starken Marken setzen. Produkte jenseits des Fernsehens sind sehr interessant für uns.

Hofem-Best: Man muss erst mal die Marke aufbauen. Das dauert mindestens ein Jahr. Danach greift das Marketing. Es soll Produkte geben - ich könnte mir zum Beispiel eine Kosmetiklinie vorstellen.

sueddeutsche.de: Wo soll Dmax in fünf Jahren stehen?

Kastner: Discovery hat über die vergangenen 15 Jahre einen intensiven Lernprozess durchgemacht, besonders was den deutschen Markt angeht. Nur, weil Deutschland den zweitgrößten Werbemarkt der Welt hat, tut man sich noch lange nicht leichter, gerade mit einem schwierigen Pay-TV-Umfeld. Aber mittlerweile sind wir sehr zufrieden und hervorragend auf allen Plattformen aufgestellt. Wir wollen weiter wachsen - und uns dabei auf die Sendergruppe Discovery als Ganzes konzentrieren.

sueddeutsche.de: Wo soll Sixx in fünf Jahren stehen?

Hofem-Best: Sixx soll einfach ein stabiles Business sein, das sich selbst tragen kann und die Must-have-Marke für Frauen ist. Und Sixx soll Spaß machen.

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