Männersender Dmax:Konkurrenz für Superchecker

Kein Sport, keine Erotik, und das bei einem Männerkanal? Der Sender Dmax hat trotzdem ein gutes Jahr hinter sich, sagt seine Chefin. Doch jetzt sind neue Themen gefragt.

Simon Feldmer

Säße Susanne Aigner-Drews in diesem kleinen Büro, zweiter Stock, im Münchner Stadtteil Lehel, wenn man ihr nicht anhören würde, dass sie im Bayerischen Wald geboren wurde? Journalistin wollte sie einmal werden, schreiben bei einer Zeitung, Sportjournalistin im Fernsehen - was eben so klappt. Nach dem Studium bewarb sie sich bei der Sportredaktion eines jungen Münchner TV-Kanals. Mit ihrem Dialekt, sagte dann bald ihr Boss, werde sie kaum bei einem nationalen Fernsehsender arbeiten können.

Männersender Dmax: Die Autoschrauber-Sage Der Checker bei Dmax mittlerweile in der zehnten Staffel.

Die Autoschrauber-Sage Der Checker bei Dmax mittlerweile in der zehnten Staffel.

(Foto: Dmax)

Nun steht sie trotzdem bei einer nationalen Digitalstation an der Spitze, wenn auch hinter der Kamera. Zunächst ging sie zu einer Media-Agentur, kümmerte sich um die Verteilung von Werbebudgets von Unternehmen. Doch seit einem Jahr ist sie Chefin des Discovery Networks Deutschland. Als Geschäftsführerin der deutschen Ausgabe des amerikanischen Medienkonzerns Discovery Communications managt sie den Männerkanal Dmax sowie die Bezahlsender Discovery Channel und Animal Planet. Das "r" rollt sie noch immer auf niederbayrische Art, wenn sie über das Geschäft spricht, über Zielgruppen, Marktanteile, Programm - und ihre Wachstumspläne.

Natürlich ist es Aigner-Drews und den Discovery-Chefstrategen nicht verborgen geblieben, dass auf dem dicht gedrängten deutschen Fernsehmarkt einiges in Bewegung ist: Gerade ging die RTL-Gruppe mit dem Spartenprogramm Nitro auf Sendung. Besonders aufmerksam dürfte Aigner-Drews beobachten, dass die Time-Warner-Tochter Turner Anfang Mai den Frauensender Glitz startet, der als Bezahlangebot vor allem mit Film- und Serienware punkten soll. Auch Aigner-Drews - sie ist mit dem RTL-Boxmoderator Tobias Drews verheiratet - denkt über neue Zielgruppen nach, über einen Sender für Frauen.

"Wir konzentrieren uns allerdings auf die Factual-Entertainment-Schiene", sagt sie. Das bedeutet, es werden grundsätzlich keine Serien und Filme zu sehen sein, dafür Dokus und Reportagen zu "klassischen Frauenthemen" (Aigner-Drews): also Kochen, Wellness, Beauty, Mode, Familie, Erziehung.

Da es mit dem Bezahlsender TLC ein Angebot von Discovery gibt, das genau als ein solcher Frauen-Lifestyle-Sender konzipiert ist, könnte TLC im nächsten Jahr in Deutschland starten. In 75 Ländern gibt es ihn bereits, so in Norwegen, Dänemark, Polen. Discovery will weiter wachsen. Auch das damals weltweit erste Free-TV-Experiment der Gruppe, der 2006 in Deutschland gestartete Männersender Dmax, scheint die Investitionsbereitschaft zu fördern.

Gerade war Aigner-Drews eine Woche in Indien, um sich mit allen, fast 50 Discovery-Länderchefs auszutauschen. Angeblich wurde sie oft nach dem Dmax-Konzept gefragt: Wie das gehen solle, mit erotikfreiem Abenteuer- und Auto-TV halbwegs relevante Marktanteile zu erzielen? Bei Dmax ging's bis jetzt offenbar ganz gut: "Wir sind definitiv auf dem richtigen Weg", sagte Aigner-Drews, und "das Jahr 2011 war für uns richtig gut".

Zwei Prozent, das wäre viel

Seit dem Senderstart hat es der Kanal auf 1,3 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen Zuschauer gebracht. Klingt nach wenig, ist aber ordentlich. Verdient der Sender Geld? Aigner-Drews vermitteln den Eindruck, als sei das der Fall, ohne etwas dazu zu sagen. Als Vermarktungschefin war sie einst vom DSF (heute Sport1) zu Discovery gestoßen, betreute die Werbekunden. "Vor fünf Jahren schalteten Reifenhersteller und Automarken bei uns. Heute buchen auch Hersteller von Waschmitteln, Suppen und Tiefkühlpizza. Aus ökonomischer Sicht ist das ein Riesenerfolg", sagt sie.

Es gab auch andere Zeiten beim deutschen Discovery-Ableger. 2008 kam es infolge des weltweiten Werbemarkteinbruchs zu Entlassungen. Dmax wurde auf Rendite getrimmt, die Senderspitze musste Budgets neu justieren. Fortan wurde weniger in Eigenproduktionen und mehr in Einkäufe aus dem Konzernfundus wie Krabbenfischer-Dokus (Fang des Lebens) oder Survival-Trainer (Bear Grylls) investiert. Früher originelle Sendungen wie die Schrottplatz-Doku Ludolfs laufen mittlerweile nur noch in der Wiederholungsschleife, die Autoschrauber-Saga Der Checker wenigstens in neuer Besetzung in der zehnten Staffel. 76 Dmax-Mitarbeiter sind am Standort München tätig, es wird wieder eingestellt. Und nun will sich DMax weiter strecken, braucht dafür neue Themen. Das Ziel: zwei Prozent Marktanteil. Hält Aigner-Drews das mit der Positionierung als Männersender für realistisch? "Klar, warum nicht?", sagt sie

Warum nicht? Vielleicht, weil es mittlerweile zu viel glatte und klassische amerikanische Discovery-Ware und zu wenig Eigenes im Dmax-Programm gibt? "Nein, absolut nicht", sagt sie. Das Konzept gehe auf. Aber schon für das Zwei-Prozent-Ziel scheint es nicht zu reichen.

Die Senderchefin spricht gerne von "Dmax 2.0", wenn sie der Themensuche für ihr Männerfernsehen eine griffige Überschrift geben will. Ob sie es nicht doch einmal mit Sport im Dmax-Programm versuchen will? Oder neuerlich mit Fiction? "Vielleicht", sagt Aigner-Drews, "ausschließen würde ich nichts." Was immer das nun konkret heißt.

Erstmal raucht und staubt es weiter im Programm. Eine neue Heimwerker-Doku, in der ein Baumarkt für sich Werbung machen darf, ist angelaufen. Auf einem Autohof an der A 9 haben die Dreharbeiten für eine Trucker-Serie (Asphalt Cowboys) begonnen. Sie soll im Herbst starten. Und weil es alle machen, nur Dmax bisher selten ausprobierte, könnte es bald mehr deutsche Promis im Programm geben mit eigenen Shows. Drei, vier bekannte Persönlichkeiten seien im Gespräch, sagt Aigner-Drews. Bekannte Persönlichkeiten und DMax? Das immerhin könnte ja interessant werden für alle Superchecker.

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