Lucas Gregorowicz im "Polizeiruf 110":"Wenn man über sich selbst lacht, kann das zur Verständigung beitragen"

Polizeiruf 110: Grenzgänger Lucas Gregorowicz rbb

Lucas Gregorowicz als Kriminalhauptkommissar Adam Raczek im Polizeiruf

(Foto: rbb/Conny Klein)

Lucas Gregorowicz, der Neue im "Polizeiruf", über seine polnischen Wurzeln, nationale Klischees - und das Sequel zum Kultfilm "Lammbock".

Interview von Carolin Gasteiger

Lucas Gregorowicz wurde in London geboren, kam im Alter von zehn Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland und lebt inzwischen in Österreich. Bekannt wurde er neben Moritz Bleibtreu in der Kiffer-Komödie "Lammbock". Außerdem spielte er in Fatih Akins "Soul Kitchen", in "Chiko", und als polnischer Partisanenführer im ZDF-Dreiteiler Unsere Mütter, unsere Väter. Mit seiner Rolle als Polizeiruf-Kommissar Adam Raczek knüpft Gregorowicz an seine polnischen Wurzeln an.

SZ.de: Herr Gregorowicz, war Ihr Engagement beim Polizeiruf ein lang gehegter Wunsch oder Zufall?

Lucas Gregorowicz: Tatsächlich stand der Polizeiruf nie auf meiner persönlichen Agenda. Aber dann wurde ein deutsch-polnischer Kommissar gesucht und Maria Simon (sie spielt Kommissarin Olga Lenski, Anm. d. Red.) hat mich vorgeschlagen. Ich habe den Job wohl ihr zu verdanken.

Ist der Polizeiruf denn etwas Besonderes oder ein Engagement wie viele andere auch?

Man muss sich schon verpflichten. Schließlich ist der Anfang mit einem neuen Team immer holprig und wir müssen abwarten, ob es funktioniert. Vier Fälle sind erst mal die Marge - danach wird man sehen.

Sie spielen Adam Raczek, der zusammen mit Olga Lenski in einem deutsch-polnischen Ermittlerteam arbeitet. Was ist Raczek für ein Typ?

Das muss ich selbst erst noch herausfinden. Mir war wichtig, dass man sich bei ihm viel vorstellen kann. Wie das eben so ist, wenn man auf einen unbekannten Menschen trifft. Olga Lenski lernt ihn neu kennen, die Zuschauer und ich selbst auch. Der erste Eindruck kann täuschen und richtig lernt man jemanden erst über längere Zeit kennen. Raczek macht Fehler, schießt auch mal übers Ziel hinaus. Er ist keiner, der alles sofort kann. Andererseits wollten wir ihn nicht mit zu vielen Eigenschaften und Hintergrunddramen überladen, damit es noch Luft gibt für spätere Folgen.

Ohne zu viel zu verraten, aber Raczek hat auch einen merkwürdigen Spleen.

(Lacht.) Spleen trifft es ganz gut. Es ist doch gut, wenn Olga Lenski sich immer wieder fragt, was ihr neuer Kollege für ein Typ ist. Menschen machen nun mal Quatsch, der nicht immer rational zu erklären ist. Aber ich will tatsächlich noch nicht zu viel verraten.

Muss er unbedingt auch Motorrad fahren, wie sein Vorgänger Horst Krause?

Er muss natürlich nicht. Aber ich fand es als eine Art Hommage charmant und sehe es als eine Verneigung vor Horst und seinem Dreirad.

In ihrem ersten gemeinsamen Fall "Grenzgänger" fragt Olga Lenski ihren neuen Kollegen: "Sind Sie Deutscher oder Pole?" Was würden Sie persönlich antworten?

Vor ein paar Jahren habe ich eine Zeit in Warschau gelebt, da war ich der Deutsche. In Deutschland bin ich der Pole. In Wien habe ich dann gelernt, mir meine Identität auszusuchen wie es mir gerade passt. Meine Muttersprache ist Polnisch, mein Pass deutsch. Fertig.

Sind Sie im Drehbuch zum Polizeiruf auf deutsch-polnische Vorurteile gestoßen?

Man kann Klischees ja nicht verleugnen. Es kommt darauf an, wie sie verpackt sind. Als Pole darf ich im Film Polenwitze machen. Wenn man über sich selbst lacht, kann das Kanäle öffnen und letztendlich zur Verständigung beitragen. Das ist bei den Kommissaren so - und auch im wahren Leben, oder?

In der aktuellen Flüchtlingsdebatte hinterfragen viele Deutsche ihre Herkunft und sehen ihre Identität vielleicht anders. Geht es Ihnen auch so?

Überall wo Menschen zusammenleben, gibt es Berührungsängste Fremden gegenüber. Das geht erst weg, wenn man sich kennenlernt. Ich will mir nicht anmaßen, etwas zur aktuellen Debatte zu sagen. Allenfalls können sich meine Eltern noch vorstellen, wie das ist, die Heimat zu verlassen und nie wieder zurückkehren zu können. Ansonsten ist unsere Situation mit der aktuellen kaum vergleichbar.

Trotzdem antwortet der Polizeiruf auf die interkulturelle Problematik, das Anderssein, und wird zeitgleich im Ersten und im polnischen Fernsehen ausgestrahlt. War ein grenzübergreifendes Polizeiruf-Team überfällig?

Man sollte die Ansprüche nicht zu hoch schrauben. Kulturelle Zusammenarbeit ist bei Nachbarländern immer überfällig, und das nicht nur in kleinen Theatergruppen. Aber wir reden über einen Abendfilm, kein Politikum.

Aber den sehen im besten Fall mehr als zehn Millionen Zuschauer.

Das wäre natürlich schön. Aber was will man da groß transportieren? Man kann zeigen, wie etwas zusammengeht. Aber man sollte bei den Dreharbeiten nicht daran denken, dass man einen politischen Auftrag hat. Meine Rolle für möglichst viele Menschen nachvollziehbar zu spielen, damit habe ich genug zu tun.

Apropos Publikumserwartungen: Im August und September werden Sie die Fortsetzung zum Kifferfilm "Lammbock" drehen, für den Sie 2001 mit Moritz Bleibtreu vor der Kamera standen. Ist es nicht ein Risiko, an so einen Erfolg anknüpfen zu wollen?

Wir haben alle, inklusive dem Autoren Christian Zübert, lange gezögert. Aber dann gab es auf einmal ein Drehbuch - und das hat Moritz und mir so gut gefallen, dass wir ohne mit der Wimper zu zucken zugesagt haben.

Polizeiruf 110: Grenzgänger, ARD, Sonntag, 20.15 Uhr

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