Linda Zervakis im Interview:"Mein Spitzname war Zaziki"

Auftaktpressekonferenz zum 12. SemperOpernball

Früher habe sie sich für ihre Vergangenheit geschämt, heute sagt Zervakis souverän: "Die gehört zu meinem Leben."

(Foto: Arno Burgi/dpa)

"Tagesschau"-Moderatorin Linda Zervakis erinnert sich im Interview an ihre Kindheit in Hamburg als Tochter griechischer Einwanderer.

Von Claudia Fromme

Linda Zervakis gehört ins deutsche Wohnzimmer wie der Eichenfurnierschrank und das bestickte Sofakissen. Seit 2013 verliest die 41-Jährige um 20 Uhr vor fast zehn Millionen Zuschauern die Nachrichten in der Tagesschau, dem Hochamt im deutschen Fernsehen.

Als sie vor vier Jahren als erste Sprecherin mit ausländischen Wurzeln in der Tagesschau startete, war das eine kleine Sensation für die eher behäbige Nachrichtensendung, heute spielt ihre Herkunft kaum noch eine Rolle. "Mittlerweile ist es doch selbstverständlich, dass nicht nur Busfahrer und Fußballer einen ausländischen Hintergrund haben, sondern auch Nachrichtensprecher. Hat ja lang genug gedauert", sagt Linda Zervakis im großen Interview.

Obwohl sie zum Höhepunkt der Krise in Griechenland ihren vielbeachteten Job bei der Tagesschau startete, und sie mit negativen Reaktionen von Zuschauern wegen ihrer Herkunft rechnete, wie sie sagt, habe sie "bis heute keine einzige negative Mail" deswegen bekommen. Im Gegenteil. Eher sagten Zuschauer, wenn sie Hiobsbotschaften aus Athen verliest: "Das muss ja hart für Sie sein." Zervakis besitzt die griechische und die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie kam 1975 im Hamburger Stadtteil Harburg als Eltern griechischer Einwanderer zu Welt.

Ganz so nett ging es in ihrem Leben nicht immer zu. In der Schule musste die Journalistin viel erdulden. In der griechischen Schule in Hamburg, in die sie zusätzlich ging, gab es noch die Prügelstrafe, und die kleine Linda musste in ihrem Ranzen immer das Lineal für den Lehrer mitbringen. "Alle waren sauer, weil sie fanden, dass es meine Schuld ist, dass sie die Hände ausstrecken müssen, dabei traf es mich auch." In der Regelschule ging es nicht viel netter zu. "Mein Spitzname war Zaziki. Ich bin oft verprügelt worden. Da war ich neun oder zehn und hatte eine Klasse übersprungen. Ich hatte ein wenig Beef mit meiner Nachbarin, da hat sie andere aufgestachelt, und die haben dann auf mich gewartet in der Pause", erinnert sich die Nachrichtensprecherin. "Ich hatte immer Mohrrüben dabei, die ich mit dem Pausenzeichen klein gebissen habe. Damit habe ich sei bespuckt. Das war natürlich wahnsinnig eklig, aber ich war spindeldürr und hatte überhaupt keine Kraft, irgendwie musste ich mich wehren."

Als Kind und Jugendliche habe sie sich früher geschämt: "Ich bin mit dem Bewusstsein durch die Schulzeit gegangen, dass ich nicht mithalten kann. Wir lebten in einem Hochhaus, das Zimmer habe ich mir mit meinen älteren Brüdern geteilt, bis ich 18 war. Ich musste auch deren Kleidung auftragen. Wir wussten oft nicht, ob das Geld bis zum Monatsende reicht."

Manchmal wird Linda Zervakis heute noch gefragt, warum sie so gut deutsch spricht, was lustig anmutet, wenn man seit Jahren die Nachrichten in der Tagesschau verliest und vor der Tätigkeit als Journalistin schon Werbetexterin in diesem Land war. "Das sind noch so Klischees, an denen man sich abarbeiten muss", sagt Zervakis. "Aber vielleicht ist das auch das Griechische in mir: Pff, egal. Ich bin da nicht beleidigt."

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