Krimireihe "Dengler" im ZDF:Raus aus der Zwangsjacke

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Polizist in Zwangsjacke: Georg Dengler (Ronald Zehrfeld) verlässt das Bundeskriminalamt und ermittelt in der neuen ZDF-Reihe auf eigene Faust. (Foto: Julia von Vietinghoff/ZDF)

Seinen Job beim Bundeskriminalamt hat er geschmissen, sein Haus ist leergeräumt: Georg Dengler, Protagonist der gleichnamigen ZDF-Krimiserie, hat Ungerechtigkeit erfahren. Nun will er als Privatermittler das Richtige tun.

Von Julia Weigl

Der moderne Fernsehermittler trägt Dreitagebart und Bomberjacke. Er ist ein Aussteigertyp und ignoriert das Gesetz, wenn es ihn beim Ermitteln stört. Zumindest trifft all das auf Georg Dengler zu, den Protagonisten der neuen ZDF-Krimireihe Dengler, die auf den gleichnamigen Romanen von Wolfgang Schorlau basiert. Aus der Auftaktfolge Die letzte Flucht macht Grimme-Preisträger Lars Kraume einen beklemmenden Großstadtthriller: U-Bahn-Schächte, die Katakomben der Berliner Charité, ein gekachelter Kellerraum, in dem ein Pharmalobbyist (Stefan Kurt) in die Mangel genommen wird.

Beide wollen das Gleiche: Für mehr Gerechtigkeit kämpfen

Es dreht sich also um den Polizeiaussteiger Georg Dengler, den Ronald Zehrfeld großartig als wortkargen und skeptischen Kerl mit Helfersyndrom spielt, und die altbekannte Verschwörungstheorie, dass die Pharmaindustrie ein geldgeiler Pfuschbetrieb ist: Ein Krebsforscher wird verhaftet, weil er eine Krankenschwester vergewaltigt haben soll. Nur eine Inszenierung, um ihn loszuwerden? Das soll Dengler herausfinden. Da er aber gegen ein mächtiges System antritt, braucht er Hilfe - von Olga, die ihm als Hackerkönigin vom Kottbusser Tor den Coolness-Thron streitig macht.

Die erste halbe Stunde von Die letzte Flucht ist etwas zäh, bis endlich alle Verwicklungen und Hintergründe eingeführt sind. Aber mit der nachnamenlosen Olga (Birgit Minichmayr) ändert sich das sofort: Sie ist rabiat, aber auch liebenswert und hilfsbereit. Vor allem ist sie supercool. In einen lässigen olivfarbenen Parka gehüllt, die roten Wuschelhaare ungepflegt herunterhängend, dreht sie stoisch ihre Zigaretten. Zwischendurch hackt sie die Rechner des Finanzamtes, um Dengler zu helfen. Warum sie das macht? Weil beide das Gleiche wollen: das Richtige tun und für mehr Gerechtigkeit kämpfen.

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Psychedelisch anmutende Traumsequenzen

Dengler hat offenbar selbst Ungerechtigkeit erlebt, das suggerieren psychedelisch anmutende Traumsequenzen. In einer sieht man Dengler, wie er selbst verhört wird; in einer anderen liegt er eingeschnürt in eine Zwangsjacke im Krankenbett. Vor ihm steht sein Vorgesetzter, der zu ihm sagt: "Niemand kann sich gegen das System stellen."

Die Erinnerung an die Dinge, die er in seinem alten Leben nicht tun konnte, weil er im strikten Korsett des Polizeiapparats gefangen war - sie reißt Dengler auch jetzt noch aus dem Schlaf, obwohl diese Zeit hinter ihm liegt: Seinen Job beim Bundeskriminalamt hat er geschmissen, sein Haus ist leergeräumt. Das zeigen bereits die ersten Einstellungen: Auf dem Parkett liegt nur noch eine dünne Matratze, auf der Dengler in einen Schlafsack gehüllt die letzte Nacht in seinem alten Leben verbringt. Vom nächsten Tag an steht er auf der anderen Seite - als Privatermittler, unabhängig und auf sich gestellt.

Dengler - Die letzte Flucht . ZDF, 20.15 Uhr

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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